SWR3 Gedanken

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04JAN2024
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Hin und wieder bin ich einfach verdammt müde. Manchmal, weil ich zuviel gearbeitet, zuwenig geschlafen oder mal wieder viel zu lange einen Film angeschaut habe. Aber immer öfter fühle ich mich auch müde, weil das Miteinander anstrengender geworden ist. Weil so vieles heute moralisch aufgeladen ist. Weil etwa die Urlaubsreise oder die Produkte im Einkaufswagen politisch nicht korrekt sind. Weil Fleisch aus Stallhaltung dabei ist. Oder Kaffee, der nicht fair gehandelt wurde. Weil ein falsches Wort oder eine unbedachte Bemerkung jederzeit einen Shitstorm auslösen kann. Viele nervt und stresst das. Die Reaktion darauf ist oft ein trotziges „Jetzt-erst-Recht“. Aber trotziges Verweigern ist auch keine Lösung. Deshalb finde ich so ein Verhalten genauso kindisch wie das Dauer-Empörtsein bei anderen.

Dass ich aber inzwischen zögere, bevor ich einen Flug buche oder ins Regal im Supermarkt greife, zeigt mir, dass sich etwas verändert. Dass ich recht genau weiß, was gut wäre für die Natur, für mich und für meine Mitmenschen. Es mir aber trotzdem oft schwerfällt, so zu handeln. Sicher, es gibt bornierte Ignoranten, denen alles piepegal ist. Aber vielen geht es halt so, dass der Geist schon willig ist, das Fleisch aber oft zu schwach.

Es könnte ja ein Wunsch für dieses neue Jahr. Ein bisschen weniger Dauerempörung und ein bisschen mehr Nachsicht mit denen, die nicht so streng sein können mit sich selbst. Die aber wissen, was Not tut ist und immer öfter versuchen, danach zu leben. Es täte uns allen gut.

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