SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

31DEZ2023
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Fanny Hensel: „Dezember“ aus „Das Jahr. 12 Charakterstücke für Klavier“ mit Els Biesemans (Ausschnitt)

Diese Musik sagt uns: Vorhang auf! Für das Lied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Die Komponistin Fanny Hensel schreibt über die Noten auch noch „Allegro molto“: Sehr rasch soll gespielt werden bei dieser weihnachtlichen Hausmusik. Fanny Hensel ist die ältere Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy. Beim Komponieren hat sie sich hier vielleicht eine theatralische Szene vorgestellt: Ein himmlischer Engel nähert sich mit wehendem Gewand und mit rauschenden Flügelschlägen. In den Noten ist dieses weihnachtliche Bild sogar zu sehen. Denn Fanny Hensels Mann Wilhelm, der für seine Porträtzeichnungen berühmt war, hat einen solchen Engel ganz oben auf das Notenblatt gemalt, mit den Gesichtszügen seiner Frau. Und bald ist auch eine engelsgleiche Melodie zu hören: in sphärischen Höhen.

 

Fanny Hensel: „Dezember“ mit Liedzitat „Vom Himmel hoch, da komm ich her“

Diese ganz schlichten Klavierklänge passen gut zur Überschrift unseres Liedes. Sie heißt „Ein Kinderlied auf die heilige Weihnacht Christi von Martin Luther“. Luther hat nicht nur den Text verfasst, sondern auch die Melodie komponiert! Und vielleicht hat er dieses Lied ja sogar mit der ganzen Familie bei einem Krippenspiel gesungen. Mit etwas Phantasie stelle ich mir vor, wie die Kinder den Engel bestaunen, der in einem kostbaren Gewand auftritt und dann zu singen beginnt:

„Vom Himmel hoch, da komm ich her“ (Strophen 1 und 2) mit Axel Köhler (Gesang) und der Lautten Compagnei

Vom Himmel hoch, da komm ich her.

Ich bring’ euch gute neue Mär,

der guten Mär bring ich so viel,

davon ich singen und sagen will.

 

Euch ist ein Kindlein heut’ geborn

von einer Jungfrau auserkorn;

ein Kindelein, so zart und fein,

das soll euer Freud und Wonne sein.

Als Kind habe ich noch den Brauch kennengelernt, dass man um die Jahreswende zu Verwandten geht, um ihnen ein gutes Neues Jahr zu wünschen, was meistens mit einer Neujahrsbrezel belohnt wurde. Und genau so, nur ohne Brezel, schließt unser Lied, wenn Martin Luther in der letzten Strophe eine Brücke von Weihnachten zum neuen Jahr schlägt. „Lob und Ehr sei Gott im höchsten Thron, der uns schenkt seinen eingen, seinen einzigartigen Sohn“, so danken wir für Weihnachten. Aber dann wird aus dem einen Engel, den wir schon gehört haben, eine ganze vielstimmige Engelschar: „Des freuet sich der Engel Schar“, so heißt es. Und vor lauter Freude wünschen uns diese Himmelsboten singend ein gutes neues Jahr. Ich bin gespannt, wie es wird, das neue Jahr – mit seinen hellen und dunklen Tagen. Aber hoffentlich mit viel Musik und mit manchem Engel, in welcher Gestalt auch immer. Den Neujahrsgruß des Liedes „Vom Himmel hoch“ will ich noch möglichst lange im Ohr behalten und ihn heute schon auch an Sie weitergeben mit den Klängen des Barockkomponisten Michael Praetorius, dem dazu eine besonders festliche Musik eingefallen ist.

„Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron“ aus Michael Praetorius: „Christmette“ mit Gabrieli Consort und Gabrieli Players (Leitung: Paul Mc Creesh)

 

Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,

der uns schenkt seinen eingen Sohn.

Des freuet sich der Engel Schar

und singet uns solch Neues Jahr!

 

T + M des Liedes: Martin Luther

Klavierstück „Dezember“ aus dem Klavierzyklus „Das Jahr“: Fanny Hensel

Choralbearbeitung für Chor und Orchester: Michael Praetorius

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