SWR3 Gedanken

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11DEZ2023
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Das Navi hilft nicht immer. Für manche Wegstrecken lasse ich mir die beste Route von Ortskundigen erklären. Ich höre zu. Ich gehe los. - Und habe die Beschreibung sofort vergessen.

Zu meiner Freude habe ich entdeckt, dass es für diese Unbegabung ein Wort gibt: Akihii. Akihii ist hawaiianisch und bedeutet genau das: Einen Weg erklärt bekommen, losgehen und die Erklärung vergessen.

Vielleicht geht es den Leuten auf Hawaii beim Wegvergessenhaben dann auch so, dass sie meistens viel Interessantes auf ihrem Irrweg erleben. Zumindest erlebe ich jedes Mal kleine Abenteuer. Irgendwann finde ich am Ende dann doch mein Ziel.

Mein Glaube ist auch irgendwie Akihii. Ich nehme mir ja immer mal wieder vor, meinem Glauben klarere Konturen zu geben. Eine Art Landkarte für den Tag. Mit festen Gebetszeiten im Alltag, kleinen Ritualen und so. Aber kaum setze ich mich ganz bewusst im Schneidersitz auf den Boden, klingelt eine Nachbarin an der Tür. Oder der Hund muss dringend raus. Oder ich bekomme eine Handynachricht: Bitte, ruf mich an. Sobald Du kannst.

Und wenn ich dann die Nachbarin hereinlasse, plappern wir uns von Alltäglichkeiten zu den großen Themen und reden über Leben, Tod, Gott und unsere Hoffnung.

Und wenn ich mich vom Hund erweichen lasse und rausgehe, treffe ich den Obdachlosen, der unter der Dreisambrücke haust. Er hat ein freundliches Gesicht so nötig wie ich.

Und wenn ich auf die Handynachricht mit einem Anruf antworte, höre ich, wie diese Person mir ihre Sorgen anvertraut und genau dadurch wieder zuversichtlicher wird.

Auf meinen Umwegen erlebe ich kleine Abenteuer. Und am Ende bin ich jedes Mal doch wieder bei meinem Vertrauen in Gott gelandet. Ganz ohne Schneidersitz und Wegbeschreibung. Ganz Akihii eben.

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