SWR1 Begegnungen

SWR1 Begegnungen

03DEZ2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in
Konrad Stockmeier Foto: privat

Pfarrer Felix Weise von der evangelischen Kirche trifft Konrad Stockmeier, Pfarrersohn und Bundestagsabgeordneter für die FDP.

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als Konrad Stockmeier, der einige Zeit zuvor noch neben mir im Chor gesessen hatte, 2021 auf einmal Bundestagsabgeordneter war. Auf einmal kannte ich einen Bundestagabgeordneten. Jetzt wollte ich einiges genauer wissen. Zuerst, woher sein Interesse für die Politik kam. Er erzählt mir, dass das aus seiner Schulzeit in Konstanz herrührt. Da hat er mit dem Zeitunglesen angefangen. Dort wurden ihm komplexe Zusammenhänge verständlich erklärt.

Und so habe ich mich recht früh für politische und auch wirtschaftliche Zusammenhänge interessiert und bin ziemlich schnell mit dem Virus der Freiheitsliebe infiziert worden. Weil. Dieses, dieses Menschenbild, das Menschen befähigen will, dass Menschen zutraut, ihr Leben in die Hand zu nehmen, in Verantwortung für andere und für sich zu gestalten und so zur Gemeinschaft was beizutragen. Dieses liberale Menschenbild, das hat mich sehr früh überzeugt. Und da bin ich dabeigeblieben.

Für die FDP ist er 2021 in den Bundestag eingezogen. Als Neuling im Bundestagsbetrieb fällt ihm auf, wie schnell der Politikbetrieb eine Eigendynamik entwickelt. Und manchmal auch in Gefahr steht, wie ein Raumschiff weit entfernt von den Bürgerinnen und Bürgern zu schweben. Er findet es darum gut, dass ihn sein Arbeitsweg durch den Berliner Hauptbahnhof erdet. Und ihm zeigt, für wen er da ist: Für den Rentner, die Mutter oder Vater mit Kind, die Geschäftsfrau, die Geflüchteten, den Bettler. Er möchte...

…das Leben für all diejenigen, denen man im Bahnhof begegnet, besser machen, einen Tacken einfacher machen, neue Dinge ermöglichen. Und ich sage immer Gnade Gott diesem Raumschiff, wenn es diesen Zweck seiner Existenz je vergisst. Und ich glaube, da muss man daran arbeiten, dass dieses Raumschiff nicht so sehr um sich selber kreist, sondern, dass die Mannschaft dieses Raumschiffes sich absolut dessen bewusst ist: Hey, es geht ums Land, Es geht um die Menschen.

Bei diesem Ringen um Kompromisse ist Konrad Stockmeier die Freiheit ein großes Anliegen. Aber um was für eine Freiheit geht es ihm?

Freiheit ist für mich mein Leben mit anderen so zu gestalten, wie ich es für richtig halte. Ich denke Freiheit gelungene Freiheit immer in Kombination mit Verantwortung. Freiheit. Ja, die mit so einer gewissen Rücksichtslosigkeit um die Ecke biegt. Das ist keine Freiheit, die mich besonders interessiert.

Freiheit, die auch dem anderen Freiräume lässt. So versteht Konrad Stockmeier die Freiheit, die sein Menschen- und Weltbild bestimmt. Das ist gleichzeitig auch von seinem Glauben geprägt. Er ist als Sohn eines Pfarrers im Pfarrhaus aufgewachsen. Die Auseinandersetzung mit Glauben und Kirche begleitet ihn von Kindesbeinen an. Was bedeutet der Glaube ihm heute?

Der Glaube ist für mich ein Raum in dem ich oft weniger Antworten erwarte. Als wirklich Zeit und Raum haben Fragen zu stellen. Ich muss auch sagen, ich bin jetzt 46, im Älterwerden, wenn ich das so sagen darf, fasziniert es mich immer mehr, welche Verbindlichkeit und gleichzeitig ganz große Weite biblische Texte ja immer wieder haben. Die sind so gar nicht beliebig, aber man kann sie auf sehr unterschiedliche Arten oder auf sehr vielfältige Arten deuten. Das finde ich immer wieder als inspirierend. Manchmal sogar auch ein bisschen als Kraftquelle.

Ihm persönlich ist der Glaube wichtig. Und er erzählt, dass er in seinem Stadtviertel die Kirchengemeinde als positiv erlebt. Er erzählt begeistert vom von der Predigt zum Reformationstag in Mannheim, in der der Pfarrer eine…

… eine tolle Aussage formuliert hat. Vielleicht kämen wir manchmal weiter, wenn wir nicht so sehr darüber nachdenken würden, dass wir Menschen gemeinsame Vorfahren mit dem Affen haben. Sondern wenn wir jetzt auf die Schöpfungsgeschichte gucken, wenn wir uns in unserer Geschwisterlichkeit erkennen und dann vielleicht auch anders miteinander umgehen.

Ein guter Ansatz und das beeindruckt mich insgesamt am Gespräch: Wie er auf den Menschen und die Welt sieht, obwohl er ja als Politiker täglich mit den großen Problemen konfrontiert ist. Was lässt ihn positiv bleiben?

Ich versuche, mir Hoffnung und Zuversicht dadurch zu bewahren, indem ich mir folgendes klarmache, dass das, was es in die Medien schafft nicht. die Realität in ihrer Gesamtheit abbildet. Das heißt, ich halte es für ganz, ganz wichtig wach zu bleiben., Ohren, Augen und Herz in unserem Alltagsleben für das zu öffnen, was in diesem Lande auch alles gelingt, was an Miteinander gelingt.

Hoffnung mitten in einer Welt, die etwas ganz anderes sagt. Das ist für mich im Kern auch die Weihnachtsbotschaft, der wir uns jetzt im Advent langsam nähern. Eine Hoffnung, die eigentlich die Realität gegen sich hat. Für Konrad Stockmeier ist die christliche Hoffnung darum auch eine Zumutung. Weder harmlos, noch billig, findet er.

Weil wir doch in einer Welt leben. In der man ja durchaus auch verzagen könnte. Da hast du auf der Welt so und so viel Leid und Tod. Ja und auch Hölle. Und dann biegt da einer um die Ecke und will dir Hoffnung machen. Hui, hat der eigentlich alle Tassen im Schrank? Wie sieht er denn die Welt? Sieht er nicht, was da alles passiert? Und er bleibt aber bei dieser Botschaft der Hoffnung. Und darüber nachzudenken. Das lohnt sich.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38866
weiterlesen...