SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

16NOV2023
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„Ich schalte lieber schnell um …“ bei dem Gedanken erwische ich mich gerade ziemlich oft – wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin oder Fern sehe. Und Nachrichten kommen. Es sind mir zu viele Tote. Zu viele Opfer. Zu viele Kriege und Konflikte. Und zu viel Gewalt.

Ich weiß, dass ich meine Kinder davor nicht ganz schützen kann. Aber das würde ich so gerne. Alles von ihnen fernhalten, was mir selbst so weh tut.  Weil ich es einfach nicht verstehe. Und weil es mich so hilflos macht. Ich verstehe nicht, warum man Kriege führen muss. Und das dann auch noch mit dem Glauben rechtfertigen will. Ich verstehe nicht, warum manche immer noch mehr haben müssen. Immer Recht haben müssen. Und sich nicht einfach daran freuen können, was sie haben. Zumindest ein Stück weit. Am Ende leiden immer die am meisten, die eigentlich am wenigsten dafür können.

Unterm Strich bin ich mir sicher, dass die meisten Menschen doch eigentlich in Frieden leben wollen. Für ihre Kinder ein Leben in Frieden wollen – so wie ich auch. Und trotzdem geht unsere Welt in Gewalt geradezu unter. Und das macht mich so hilflos.

Ich bete. Ja. Aber selbst das erscheint mir im Moment zu wenig.

Vielleicht ist das aber auch etwas, das es so schon immer gegeben hat. In einem alten Gebet in der Bibel lese ich: „Rette mich, Gott! Das Wasser steht mir bis zum Hals. Ich bin versunken in tiefem Schlamm und finde keinen festen Grund. In tiefes Wasser bin ich geraten. Eine Flutwelle spülte mich fort. Erschöpft bin ich von meinem Schreien. Meine Kehle ist schon heiser.“

Ich habe keine Ahnung, was dieser Mensch erlebt hat. Aber scheinbar hat er sich auch so hilflos gefühlt. Ohne Halt. Vielleicht auch ohne Hoffnung. Und – Er betet trotzdem. Das scheint für ihn absolut klar und logisch zu sein. Egal, was passiert ist. Und egal, wie weit weg Gott in dem Moment zu sein scheint. Er ist und bleibt ansprechbar.

Ja, ich kann im Moment vielleicht wenig tun. Und Ja, das macht mich ein Stück weit hilflos. Und trotzdem will ich nicht damit aufhören. Für Frieden zu beten. Über Frieden zu sprechen. Frieden zu wollen und an ihn zu glauben.

Wir leben in keiner perfekten Welt. Das erleben wir jeden Tag. Das muss ich auch meinen Kindern zumuten. Ich kann nicht immer die Nachrichten wegschalten. Und trotzdem will ich für mich und für sie weiter beten, glauben und hoffen.

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