Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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11NOV2023
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Heute ist Martinstag. An vielen Orten bestaunen Kinder Sankt Martin, wie er vom Pferd steigt, sein Schwert zieht, seinen schönen, roten Mantel in zwei Teile teilt und die Hälfte einem frierenden Bettler schenkt. Der „echte“ heilige Martin hat im 4. Jahrhundert nach Christus gelebt. Und über ihn gibt es noch mehr Geschichten. Martin war Soldat, aber auch Christ. Und von ihm wird berichtet, dass er als römischer Soldat den Kriegsdienst verweigert haben soll – und er hat sich dabei auf christlichen Glauben berufen. Eine ganz andere Martinsgeschichte, die zu denken gibt:

Als die Germanen in römisches Gebiet vordringen, so erzählt es sein Biograf, soll Martin unter dem Befehl von Kaiser Julian in die Schlacht ziehen. Der Kaiser versammelt seine Truppen bei Worms, um den Soldaten vor dem Kampf persönlich die übliche Geldzahlung zu überreichen.

Als Martin an der Reihe ist, lehnt er ab: Ich bin Soldat Christi, es ist mir nicht erlaubt zu kämpfen. Ein kühner Schritt für einen, dem das Soldatsein quasi in die Wiege gelegt war. Schon sein Vater ist Berufsoffizier im römischen Heer. Den Namen für seinen Sohn wählt er zu Ehren des Kriegsgott Mars. Mit nur 15 Jahren beginnt auch Martin die militärische Laufbahn. Mit 18 lässt er sich taufen.

Nun also, kurz vor der Schlacht, verweigert er sich: Ich bin Soldat Christi, es ist mir nicht erlaubt zu kämpfen. Der Kaiser wird wütend: Aus Angst …, nicht um der Religion willen verweigerst du den Kriegsdienst, hält er ihm vor. Doch Martin bleibt dabei: Wenn du glaubst, dass es mir nicht um meinen Glauben geht und ich nur feige bin, erklärte er dem Kaiser, werde ich mich morgen unbewaffnet vor die Schlachtreihe stellen. Der Kaiser lässt ihn daraufhin gefangen nehmen und befiehlt, ihn ohne Waffen in die Schlacht zu schicken.

Die Geschichte, die uns überliefert ist, geht für Martin auf wundersame Weise gut aus. Die Germanen bitten um Friedensverhandlungen. Die Schlacht fällt aus, Martin kommt frei.

Ende gut, alles gut? Für andere Kriegsdienstverweigerer vor und nach Martin ging es weit weniger glimpflich aus. Deshalb finde ich es gut, sich auch an diese Martinsgeschichte zu erinnern. Wie Christinnen und Christen zu Krieg und Militärdienst stehen – das ist ja leider auch heute eine sehr aktuelle Frage. Wann und wofür ist es aus christlicher Sicht erlaubt, mit der Waffe in der Hand zu kämpfen? Und wann muss ein Befehl verweigert werden? Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es nicht. Aber es wichtig, sie zu stellen. Gerade heute. Die unbekannte Geschichte von Sankt Martin ruft mir das ins Gedächtnis.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38748
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