SWR Kultur Wort zum Tag

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22NOV2023
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Ich mag die Pfarrer-Braun-Krimis. Die Fälle sind oft Nebensache, es geht oft um den Wortwitz und die Tricks, mit denen der Pfarrer den Kommissar hintergeht, hinter seinem Rücken ermittelt und damit am Ende die Polizeiarbeit rettet. In einem der Krimis gibt es einen Dialog zwischen dem Kommissar und dem Pfarrer. Da sagt Pfr. Braun mit seinem typischen schwarzen Hut und dem Schirm in der Hand: „Gott hat die Menschen nach seinem Abbild erschaffen. Und ich bin dazu da, sie daran zu erinnern.“  Darauf fragt der Kommissar: „Auch die Atheisten?“. Pfarrer Braun antwortet ihm mit nüchternem Witz: „Insbesondere die Atheisten.“

Mir gefällt dieses kurze Gespräch. Ich möchte auch gerne daran erinnert werden, dass ich und die anderen alle nach dem Abbild Gottes geschaffen sind. Das heißt für mich nämlich, dass ich jedem Menschen, der mir begegnet, Respekt und Wertschätzung entgegenbringen soll. Gerade bei denen, die in meinen Augen moralisch schlecht leben, fällt mir das manchmal schwer. Wenn ich z.B. sehe, wie Menschen auf dem öffentlichen Platz in der Nachbarschaft ihre Zigarettenkippen und ihre Müll liegen lassen, dann ärgert mich das. Da könnte ich diese Erinnerung gut brauchen, dass ich sie als Abbild Gottes sehe und sie so behandle. Wie das genau aussieht, ist gar nicht so einfach. Aber ich vermute, dass ich mit einer freundlichen Ansprache mehr erreiche als mit  einer Moralpredigt.

Pfarrer Braun meint, dass er besonders die Atheisten daran erinnern will, dass sie ein Abbild Gottes sind. Ob einer glaubt und welche Religion er hat, spielt allerdings heute tatsächlich bei uns keine große Rolle mehr. Deshalb finde ich es wichtig, dass jemand die Menschen daran erinnert, dass sie ein Abbild Gottes sind. Denn dabei geht es nicht nur darum, was einer glaubt, sondern darum, wie er andere behandelt. Das gilt insbesondere für Atheisten, meint Pfarrer Braun. Ich schließe mich ihm gerne an. Ganz unabhängig davon, ob einer an Gott glaubt, die Würde des Menschen kann nicht hoch genug geschätzt werden.

Die Pfarrer-Braun-Krimis spielen in der Nachkriegszeit. Damals gab es noch viele Pfarrer für diese Aufgabe. In fast jedem Dorf gab es einen Pfarrer. Ich frage mich, wer diese Aufgabe heute übernimmt. Die Antwort liegt auf der Hand: Jeder Christ kann es übernehmen und sich sagen: Meine Aufgabe ist es, die Menschen daran zu erinnern, dass sie ein Abbild Gottes sind. Zum Glück geht das nicht nur mit Worten, sondern auch mit Haltungen und praktischen freundlichen Taten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38741
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