Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15NOV2023
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Im Sommer sind meine Frau, meine Tochter und ich zum Urlaub an die Ostsee gefahren. Aber wir sind erst viel später losgekommen, weil noch so viele kleine Dinge erledigt werden mussten.

Als wir dann fast da waren, ist die Autobahn durch einen schweren Unfall voll gesperrt worden.

Ohne die Verzögerung ganz am Anfang der Reise wären wir vielleicht selbst in den Unfall verwickelt worden.

"Da haben wir aber einen Schutzengel gehabt", haben wir uns gesagt.

Aber stimmt das? Was ist mit den Menschen, die das Unglück getroffen hat?

Darf ich behaupten, ich sei beschützt worden, während andere vor den Trümmern des Unfalls stehen und vielleicht hilflos zusehen müssen, wie jemand stirbt? Zufälle können wir uns oft nicht erklären. Deshalb glaubt man auch, den Hauch des Schicksals zu spüren, und möchte wissen: Ist Gott für mich oder gegen mich?

Ich muss an die Geschichte von Mose denken, der Gott unbedingt sehen will. (Ex 33,18-23) Aber Gott verwehrt es ihm. Du würdest vergehen, sagt er: Kein Mensch wird leben, wenn er mich sieht. Dann stellt er Mose in eine Felsspalte, und Mose darf hinter ihm hersehen. So geht es mir auch. Gottes Spuren kann ich erst im Rückblick lesen. Im Hier und Jetzt kann ich ihn nicht sehen.

Und bei dem schweren Unfall auf der Autobahn fällt es auch mir als Pfarrer schwer, in all den Trümmern noch Spuren Gottes zu finden. Das warum bleibt einfach im Dunkeln. Da bleibt der Zufall ein Zufall.

Wenn ich aber auf mein Leben zurückschaue, darüber nachdenke und dabei Ereignisse verbinde, versuche, mir einen Reim auf die Zufälle zu machen: Dann sehe ich: Es gibt eine Spur des Guten. Es ist mir so vieles geschenkt worden, immer wieder. Und dann kann ich etwas von Gottes Wesen und von seinem Wirken in meinem Leben erkennen.

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