SWR3 Gedanken

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01NOV2023
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„Gibt’s den auch in Pink?“, flüstert mir die 6-Jährige zu, die meine Hand genommen hat. Das Mädchen und ich, die Pfarrerin - stehen vor dem Sarg Ihrer Oma auf dem Friedhof. Hinter uns eine Menge Leute – Familie und Freunde, die zum Abschiednehmen da sind, und vor uns der helle Kiefern-Sarg, geschmückt mit Sonnenblumen. Das Kind schaut mich fragend an, sie erwartet eine Antwort. Ich lächle sie an und sage: „Weißt Du was, das fragen wir nachher den Bestatter!“

Nach der Beerdigung gehen wir also zu ihm und das Mädchen stellt ihm ihre Frage. „Gibt es auch schöne Särge? Also, z. B. einen in Pink?“ Sie grinst. Der Bestatter lacht und nickt. Er erklärt uns, dass das zwar eine selten gewünschte Farbe ist, aber dass es durchaus pinke Särge gibt. Die Kleine lächelt zufrieden.

In der Zwischenzeit sind auch ihre Eltern zu uns gestoßen und das Kind verkündet stolz, dass sie einen genauen Plan davon hat, wie ihre Beerdigung einmal sein wird. Ein pinker Sarg mit ein bisschen Glitzer am Rand, ganz bunte Blumen, Musik von Elsa und Anna und die Pfarrerin soll ein schönes Kleid anhaben – meinen schwarzen Talar findet sie nicht so schön.

Ich merke: Den Eltern des Kindes ist das etwas unangenehm. Aber ich nutze die Gelegenheit, noch einmal mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ich erkläre ihnen, wie wichtig und gut ich es finde, dass ihre Tochter sich mit sowas auseinandersetzt. Denn den meisten Menschen fällt das unheimlich schwer. Alte Menschen haben zwar im Normalfall ein Testament gemacht und ihre Wünsche zur Bestattung aufgeschrieben. Sehr oft aber haben sie gar nicht mit den Angehörigen darüber gesprochen und diese sind dann erstmal überrascht: Ach so, es soll eine Urne werden? Und der Opa will in den Wald?

Wenn wir aber – wie die 6-Jährige - anfangen würden, offen darüber zu sprechen, wie wir uns unseren Abschied vorstellen, nähme es dem Ganzen ein wenig den Schrecken und bei aller Trauer, hätten sie eine Gewissheit: Wir machen es so, wie Opa es immer gesagt hat! Das beruhigt. Es macht handlungsfähig und es tröstet auch!

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