SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

16SEP2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ich liebe die Comics über den kleinen Jungen Calvin und seinen Stofftiger Hobbes. Ein Thema, das in den kurzen Bildergeschichten immer wieder auftaucht, sind Monster, die abends oder nachts in sein Zimmer kommen. In einer dieser Geschichten sitzt Calvin auf seinem Bett und fragt: „Sind heute Nacht irgendwelche Monster unter meinem Bett?“ Da hört er eine unbekannte Stimme unter dem Bett: „Nein, nö, nein!“. Und Calvin fragt weiter: „Falls irgendwelche Monster unter meinem Bett wären, wie groß wären sie dann?“ Und die Stimme unter dem Bett antwortet: „Sehr klein, geh jetzt schlafen!“. Daraufhin ruft Calvin laut nach seiner Mama.

Calvin ist mir sehr sympathisch, weil auch ich nachts manchmal Besuch von Monstern bekomme, die es eigentlich gar nicht gibt. Oder besser gesagt, die in Wirklichkeit keine Monster sind, aber nachts als solche daherkommen. Es sind Gedanken an Dinge, die mich beschäftigen und am Einschlafen hindern: ein Telefonat, das ich schon längst hätte führen sollen; ein Abgabetermin, der näher rückt, die Steuererklärung, die noch nicht gemacht ist.

Wenn ich mich selbst frage, ob das wirklich Monster sind, dann lautet die Antwort natürlich: Nein. Aber nachts überzeugt mich diese Antwort nicht immer. Wenn ich mich dann frage, wie groß diese „Monster“ sind, dann weiß ich eigentlich: sie sind nicht so groß, dass sie nicht zu bewältigen wären. Aber trotzdem haben sie nachts die Macht und die Größe, mir den Schlaf zu rauben.

Was dann tun? Wie kann ich gegen Monster kämpfen, die gar keine echten Monster sind? Manchmal hilft es mir aufzustehen und mir die Dinge, die mich nicht zur Ruhe kommen lassen, genauer anzuschauen. Sie alle einzeln auf ein Blatt Papier zu schreiben und mir zu überlegen, wie und wann ich sie am Tag angehen werde. Wenn das nicht hilft, dann liege ich gemeinsam mit meinen Monstern wach und versuche zu akzeptieren, dass sie jetzt gerade da sind und mich nicht schlafen lassen. Ich werde morgen früh vermutlich müde und gerädert sein, aber auch die Monster werden sich dann wieder in Herausforderungen verwandelt haben, die ich schon irgendwie bewältigen werde.

Ich habe gelernt, dass ich die Monster der Nacht nur tagsüber besiegen kann. Dadurch sind ihre Besuche deutlich seltener geworden, und ich kann inzwischen gut mit ihnen leben. Wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es noch die Strategie von Calvin: Jemanden zu Hilfe rufen; vielleicht nicht meine Mutter, sondern meine Frau, einen vertrauten Kollegen oder sogar professionelle Hilfe. Menschen, die mich dabei unterstützen, die Dinge anzuschauen und zu verändern, die mir nachts den Schlaf rauben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38280
weiterlesen...