Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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14AUG2023
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Was mich an kleinen Kindern so fasziniert ist ihr grenzenloses Vertrauen. Ich kann das gerade so schön an meinem kleinen Enkelsohn beobachten:
Er hat vor ein paar Monaten laufen gelernt; jetzt läuft er schon ganz sicher. Und dennoch hat er sich eine Angewohnheit aus seinen ersten Gehversuchen bewahrt: Wann immer er unsicher ist, streckt er seine kleine Hand nach oben. Denn als er noch wackelig auf den Beinen war, hat dann jemand seine Hand gefasst und ihn gehalten. Mein Enkel dreht sich nicht einmal um, so sicher ist er, dass da immer noch jemand ist und seine Hand ergreift.

Wir Erwachsenen wissen längst, dass man schon mal ordentlich auf die Nase fällt, wenn man zu sehr vertraut. Oder wenn man den falschen Menschen vertraut; oder Menschen, die mit unserem Vertrauen überfordert sind... Wir entwickeln mit der Zeit ein „gesundes Misstrauen“, wie man so schön sagt. Und das ist vermutlich auch gut so, weil uns das schützt.

Aber bei kleinen Kindern ist das Vertrauen noch ungebrochen. Und das berührt mich so. Mein kleiner Enkel - wie er so dasteht mit seinem hochgereckten Ärmchen - ist für mich ein Sinnbild für Gottvertrauen. Und bei diesem Anblick ist mir klargeworden: Genauer betrachtet unterscheiden wir Erwachsenen uns eigentlich gar nicht so sehr von einem Kind. Denn ganz gleich, wie vernünftig, vorsichtig und misstrauisch wir auch geworden sind - ohne dieses Gottvertrauen wären wir verloren:

Denn tagtäglich müssen wir darauf vertrauen, dass die Gebäude, die wir betreten, so konstruiert sind, dass sie nicht über uns einstürzen. Wir müssen darauf vertrauen, dass wir bei Grün die Straße überqueren können und dass nicht sämtliche Lebensmittel vergiftet sind...

So gesehen ist das ganze Leben ein einziger Vertrauensbeweis. Wir bilden uns zwar oft ein, wir hätten alles im Griff. Aber die Wirklichkeit sieht doch ganz anders aus: In Wirklichkeit stehen wir allesamt genauso da, wie mein kleiner Enkel mit seiner ausgestreckten Hand; und können immer nur hoffen, dass es gut ausgeht. Und eben: vertrauen.

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