Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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24AUG2023
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Es gibt Orte, an denen sind ganz besondere Erfahrungen möglich. Für mich ist das Meer so ein Ort, und da vor allem die Insel Wangerooge in der Nordsee. Sie ist mir in den letzten Jahren zu einem echten „Herzensort“ geworden. Deshalb bin ich in diesem Sommer wieder dort. Wangerooge ist klein, es fahren keine Autos, und eigentlich ist die Insel eher unspektakulär: Also keine Touristenattraktionen, keine Sehenswürdigkeiten. Und gerade das macht die Insel für mich so wohltuend – Hier weiß ich, dass es genügt, wenn ich einfach nur da bin. Am liebsten bin ich dann direkt am Meer. Und weil die Insel so klein ist, beginnt das Meer gleich hinter der Haustüre. Womöglich ist das der Grund, dass es mir so leichtfällt, morgens aufzustehen und einfach loszulaufen. Hier gelingt mir das ohne Mühe. Ganz anders als zuhause. Manchmal bin ich schon vor Sonnenaufgang unterwegs. Und wenn ich dann dort bei Ebbe am Strand stehe und aufs Meer schaue, dann kommt mir der Vers eines Psalms in den Sinn. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Ich spüre am ganzen Körper, was damit gemeint ist. Dieses einmalige Gefühl. Ich breite meine Arme im Wind aus und vergesse für einen Augenblick alles um mich herum. Diese Psalm-Worte lassen mich durchatmen. Es ist fast so, als ob Gott mir Luft verschafft.

Der 31. Psalm erzählt aber nicht nur von der Weite und den Möglichkeiten, er beginnt zunächst als Klagelied. Der ihn einst gebetet hat, sagt, dass er Angst hat. Dass seine Kraft zu Ende geht. Er stellt sich dem, was nicht gut ist, und bittet Gott um Hilfe. Weil er auf ihn vertraut, sieht er dann eine andere Lebensperspektive, einen neuen Horizont. Auch das bedeutet die Aussage „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“

Für mich öffnet sich auf Wangerooge ein Raum für spirituelle Erfahrungen, weil es für mich an diesem Ort gut ist. Weil sich da, wie sonst kaum irgendwo, meine Sinne erholen. Kein Verkehrslärm, niemand hupt, keine stickige Stadtluft. Sondern: Ich höre, wenn die Wellen an den Strand rollen, wie die Möwen kreischen. Ich spüre den Boden unter den Füßen, wenn ich barfuß im Sand laufe. Ich rieche das Salz in der Luft, ich sehe im Meer und am Horizont unendlich viel Schattierungen der Farbe Blau. Da draußen kommt mir Gott nahe.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie immer wieder solche Orte finden, die gut sind für Sie. Wo Sie Gott ahnen können. Nicht nur in den Ferien.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38216
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