SWR2 Wort zum Tag

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09AUG2023
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Die Beziehung, die ich zu meinem Smartphone habe, ist zwiespältig. Auf der einen Seite fasziniert mich dieses kleine Gerät durchaus. Unglaublich, denke ich oft, was man alles damit machen kann! Kommunizieren, Fotografieren, Navigieren, Bezahlen, Übersetzen, Musikhören und so weiter.

Aber manches finde ich auch beklemmend. In meinem Ferienhotel habe ich kürzlich morgens beim Frühstück einen Vater mit seinem Sohn beobachtet. Beide haben am Nachbartisch als erstes ihre Smartphones herausgezogen. Und gar nicht erst ein Gespräch begonnen. Und das Morgen für Morgen.

Oft beobachte ich Väter und Mütter, die ihren Kinderwagen vor sich herschieben und häufiger auf ihr Smartphon schauen als auf den kleinen Menschen vor sich im Wagen. Oder Schülerinnen und Schüler, die nur noch gebannt auf ihre Monitore starren. 

Ich merke es auch an mir selber. Früher habe ich, wenn ich unterwegs war, einen Einheimischen nach dem Weg gefragt. Heute erledigt das mein Navi. Selbst auf gesundheitliche Fragen gibt mir die Suchmaschine Auskunft.

Ersetzt das Smartphone mit seinen vielen Funktionen vielleicht auch das Gespräch mit Gott, frage ich mich. Sagt es mir, was und wer mir Orientierung gibt und Lebenshilfe? So dass auch ich den Blick nicht mehr nach oben oder nach draußen hebe, sondern dem Monitor verhaftet bleibe?

Ich vermute: bei allem, was das Smartphon kann, nährt es auch eine gefährliche Illusion. Nämlich: dass ich mein Leben genauso in der Hand habe wie das kleine Gerät. Die Illusion, dass das Leben vorhersehbar ist wie eine Suche auf Google. Dass es auf jede Frage eine Antwort gibt. Und dass es letztlich ausreicht, mit mir selbst zu kommunizieren.

Ist das übertrieben? Vielleicht! Aber nur dann, wenn ich es nicht mehr schaffe, mein Smartphone öfters mal in der Tasche stecken zu lassen. Und stattdessen den Blick wieder nach außen richte .

Denn das Smartphone ist und bleibt ein technisches Gerät. Ein lebendiges Gegenüber ist es nicht. Ihm fehlt die Seele. Und mir die Anrede von einem Du. Also das, was den Menschen zum Menschen macht.

So bleibt meine Beziehung zu dem Gerät zwiespältig. Ich werde es weiterhin als hilfreiches Werkzeug nutzen. Aber mich seiner Allgegenwart widersetzen. Und damit auch seiner Allmacht. Und das Gespräch und die Beziehung zu lebendigen Menschen vorziehen.

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