Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Ich stehe mitten in Frankfurt, zwischen Wolkenkratzern, tausende Menschen um mich. Es ist der Tag meines ersten Marathons. An meiner Seite steht mein Freund Alex. Ich weiß, er könnte viel schneller laufen als ich. Macht er aber nicht, weil er mir zu einem erfolgreichen Marathon verhelfen möchte. Cooler Typ, der Alex!
Ich warte ungeduldig auf den Startschuss, bald darauf rollt die Masse los. Wir halten uns an unseren Pacemaker, der dafür sorgt, dass wir das richtige Tempo treffen. Auf den ersten Kilometern klappt das noch ganz gut. Doch schon bald spüre ich, dass mein Ziel zu ambitioniert ist. Zuerst verlangsame ich ein wenig, dann etwas mehr. Alex schicke ich weg, weil ich ihm nicht den Spaß verderben möchte.
So kämpfe ich mich weiter. Mal läuft es ganz gut, mal habe ich richtig zu beißen. Irgendwann motiviert mich hauptsächlich, dass ich meinen Kindern eine Medaille mit nach Hause bringen möchte. Doch bei km 32 fährt mir urplötzlich ein Krampf in den linken Oberschenkel. Ich kralle mich an einem Fahrrad am Streckenrand fest. Gequält versuche ich den Besitzer des Fahrrads anzulächeln. Er nickt nur freundlich. Ich hänge fest am Fahrrad eines Fremden irgendwo kurz vor Frankfurt.
Doch dann traue ich meinen Augen nicht. Ist das Alex? Eigentlich dachte ich, der ist schon längst im Ziel. Egal. Wie auch immer er dort hinkommt, er ist meine Rettung in der Not.
Ich rufe laut nach ihm. Als erfahrener Läufer weiß er, was zu tun ist. Er hilft mir den Krampf aus dem Muskel zu arbeiten. Und tatsächlich geht es weiter. Für mich ist das wie ein kleines Wunder. Innerlich war ich schon dabei, den Marathon abzubrechen. Doch gerade dann kommt Alex um die Ecke und hilft mir, dass es weitergeht. Letztlich bis ins Ziel. Zwar deutlich über der Zeit, die ich mir vorgenommen hatte. Aber das ist mir völlig egal. Ich bin meinen ersten Marathon gelaufen.
Das Leben ist oft genau wie so ein Marathon. Mal geht es gut voran, mal muss man sich durchbeißen. Und gerade in den Herausforderungen und wirklich kritischen Phasen, tut es so gut zu erleben, dass ich nicht alleine bin.
Als Josua, einer der großen Namen im Alten Testament, vor einer riesigen Herausforderung steht, sagt Gott zu ihm: „Ich lasse dich nicht fallen und lasse dich nicht im Stich.“ (Josua 1,5). Gott verspricht Josua nicht, dass alles glatt laufen wird und keine Probleme kommen. Josua wird an seine Grenzen kommen – wie ich bei meinem Marathon. Aber dieser Gott, mit dem er unterwegs ist, wird mit ihm sein und ihn nicht alleine lassen.
Ich durfte das durch meinen Freund Alex erleben. Als ich dachte, jetzt ist es vorbei, war er da. Freunde wie Alex sind für mich ein Geschenk Gottes, weil Gott mir durch sie zeigt: Ich bin für dich da, gerade wenn´s eng wird.
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