Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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24JUL2023
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Am Wochenende war ich auf einem Fest, beim katholischen Frauenbund. Wir haben Maria Magdalena gefeiert, weil sie Namenstag hatte. Wir haben ihren Mut gefeiert: (denn) Sie blieb bei Jesus, als der am Kreuz gestorben ist. Sie hat gewartet, bis er ins Grab gelegt wurde. Und sie ging als Erste zum Grab als die Jünger sich immer noch versteckt haben; weil sie Angst hatten, dass sie selbst getötet werden. Tausende Mitglieder des Frauenbunds in ganz Deutschland haben am Wochenende aber nicht nur gefeiert. Sie haben sich auch, wieder einmal, über die katholische Kirche empört, weil sie die Botschaft dieser Geschichte noch immer ignoriert.

Maria Magdalena war als Frau Zeugin, dass Jesus auferstanden ist. Sie hatte den Auftrag, von diesem Ereignis zu erzählen. Das war etwas Besonderes in ihrer Zeit, weil die von Männern beherrscht war; da hatten Frauen und Kinder nichts zu sagen. Das alles ist für mich kein Zufall. Sondern Jesus hat ganz bewusst vorgelebt, dass es in Gottes Reich auf der Erde gleichberechtigt zugehen muss. Schon jetzt!

Deshalb ist es so unglaublich, was Kirchenmänner in den folgenden Jahrhunderten aus Maria Magdalena gemacht haben: Es hat ihnen nicht gepasst, dass es eine Frau gab, die so direkt an Jesus dran war. Und so kam es, dass man Maria Magdalena ein „Schmuddel-Image“ verpasst hat. Sie wurde zur Prostituierten erklärt, zu einer erotisch angehauchten Sünderin. Heute ist längst nachgewiesen, dass das so nicht stimmt. Papst Franziskus hat anerkannt, wie wichtig die Rolle von Maria Magdalena war und hat sie gestärkt: Er hat ihren Namenstag am 22. Juli vor einigen Jahren zum Festtag in der katholischen Kirche erhoben. Sie ist damit jetzt auf demselben Rang wie andere Apostel. Ein starkes Zeichen.

Doch: was hat’s gebracht? Nichts. Immer noch nichts. Keine Spur von Gleichberechtigung, keine Aussicht darauf, dass Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen geweiht werden. Dass auch sie ihrer Berufung folgen dürfen. Ich gebe zu, die Situation in unserer Kirche lässt mich ratlos zurück. Und wütend. Denn was für eine Chance wäre es für die ganze Gesellschaft, wenn die Kirche vorangehen würde bei diesem Thema. Gleiche Würde, gleiche Rechte. Obwohl das im Grundgesetz steht, in der Realität gibt es dafür noch eine Menge zu tun. Aufgeben also? Nein. Weiter feiern! Und immer wieder auf den Beginn des Christentums schauen. Auf Jesus und seinen Umgang mit Frauen. Ich glaube, dass dass der Mut von Maria Magdalena nicht umsonst war.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38096
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