SWR Kultur Wort zum Tag

SWR Kultur Wort zum Tag

22JUL2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Vor einem halben Jahr hat mich eine schwere Herzkrankheit getroffen. Am Anfang war alles unsicher, wie es mit mir weitergeht, ob ich weiter meinen Beruf ausüben kann und generell, wie lange und wie gut ich überhaupt noch leben kann. Inzwischen bin ich mit Medikamenten so versorgt worden, dass ich auf einem guten Weg bin. Mir ging es schneller besser, als die Ärzte geglaubt haben.

Ich war am Anfang aber noch in einem Schockzustand. In diesen Tagen habe ich mit einer Freundin telefoniert und über meine Situation gesprochen. Diese Freundin ist überzeugte Christin. Und weil sie etwas älter ist als ich, hat sie deutlich mehr Lebenserfahrung. Am Telefon hat sie mich sehr fürsorglich angehört, nachgefragt und mich getröstet. Dann hat sie mich auf einmal gefragt: „Aber Stefan, Du hast doch Gottvertrauen, oder?“.

Diese Frage hat mir einen großen Anschub gegeben. Ich weiß noch, dass ich damals nur zögerlich gemeint habe „Ja, eigentlich schon“. In dem Moment habe ich wie in einem Film blitzschnell Situationen aus meinem Leben gesehen. Situationen, in denen ich verzweifelt war, in denen es am Ende aber gut geworden ist. Ich habe mich erinnert, wie dankbar ich Gott war, dass ich so getragen bin.

Als diese Freundin nach meinem Gottvertrauen gefragt hat, hat mich das ermutigt. Ihre Frage war nämlich keine Frage. Sie hat mich daran erinnert, was mich ausmacht. Es war wie eine Feststellung, dass ich bisher mein ganzes Leben auf Gott vertraut habe und dass das auch jetzt noch gilt. Ihre Frage hat mich wirklich zurückgeholt. 

Krisen gehören zum Leben. Wer an Gott glaubt, wird gerade dann in seinem Vertrauen auf Gott infrage gestellt. Manchmal ist es eine Krankheit, manchmal sind es andere Erfahrungen, auch Erlebnisse, in denen ich von anderen Menschen enttäuscht werde. Dass in Krisen eine Chance liegt, reicht mir da als Argument nicht aus. Ich kann das nicht mit Argumenten entscheiden, es geht ja darum, dass ich zu meiner Grundeinstellung zum Leben zurückfinde. Denn ich bin im Grunde überzeugt, dass die Welt gut ist und dass sie es dort noch wird, wo nicht alles glücklich verläuft. Diese Grundeinstellung habe ich mir ja nicht nur mit logischen Argumenten erarbeitet, sondern dabei habe ich schon oft die Erfahrung gemacht, dass es auch in schwierigen Zeiten trägt, wenn ich auf Gott vertraue.

Meine Freundin hat mich mit ihrer Frage daran erinnert, was mich an Überzeugungen mein ganzes Leben lang ausgemacht hat und was ich erlebt und erfahren habe. Ich habe es immer wieder erlebt, dass ich gestärkt aus einer Krise gekommen bin. Wenn die Zweifel wieder kommen, will ich mich daran erinnern, dass ich auf diese Erfahrungen bauen kann. Ich muss mich nicht davon leiten lassen, was im Augenblick widrig und unlösbar oder schwierig erscheint. Ich will zu dem stehen, womit ich gute Erfahrungen gemacht habe. Und jetzt, wo es mir viel besser geht, ist das wie eine Bestätigung: Es lohnt sich, auf Gott zu vertrauen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38058
weiterlesen...