SWR3 Gedanken

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05JUL2023
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kleiner Gott

Lichtgeschwindigkeiten, Galaxien, kosmisches Gas. Mit all dem kenne ich mich null aus.

Und jetzt stehe ich in einer Ausstellung über das Universum. Über mir ein riesiger Sternenhimmel und auf einer Schautafel lese ich, dass ich Sterne sehen kann, die es gar nicht mehr gibt. Aber ihr Licht ist noch sichtbar, weil es Millionen von Lichtjahren entfernt ist. Es ist noch unterwegs zu uns, obwohl der Stern schon längst verloschen ist. Verrückt.

Und jetzt denke ich daran, wie ich mir als Kind immer vorgestellt habe, dass Gott so groß ist wie der ganze Himmel. Und dass Verstorbene oben bei Gott im Himmel wohnen. Aber jetzt passt dieses Bild nicht mehr. Wie verloren wäre da meine Oma, die irgendwo in einer Galaxie herumschwirren würde.

Heute ist mir schon klar, dass Gott und die Verstorbenen im Himmel nur als Bild gedacht sind. Mich packt noch ein anderes Bild, das mir eine Kollegin erzählt hat. Sie hat mich gefragt: „Ruth, wie wäre es, wenn Gott nicht der Größte und der Mächtigste ist, so groß wie der ganze Himmel? Was, wenn er eher so klein ist, dass er überall dazwischen passt?“

Ich weiß nicht, wie Gott ist. Aber die Idee, dass er ganz klein und flexibel ist, die spricht mich inzwischen mehr an. Vielleicht ist Gott so winzig, dass er zum Beispiel zwischen zwei zündende Ideen passt, die ich gerade habe. Oder er ist so klein, dass er sich verstecken kann in der Sehnsucht, die mich plötzlich packt. Diese Vorstellung gefällt mir: Gott ist wie jemand, der in mir drin immer wieder anklopft und mir Kraft, Mut und Geistesblitze schenkt.

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