Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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28JUN2023
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Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;  

fremd wie dein Name sind mir deine Wege.  

So beginnt ein Lied des niederländischen Dichters und Schriftstellers Huub Oosterhuis. Im letzten Herbst war ich noch zu Besuch in seiner Amsterdamer Gemeinde. Die hatte Huub Oosterhuis als katholischer Studentenpfarrer in den 60er Jahren gegründet. Er heiratet 1970, muss seinen Orden und die Stelle verlassen.  Seine Gemeinde, die ihn nicht gehen lassen will, existiert seitdem außerhalb der Verantwortung der zuständigen Bischöfe. Vor knapp drei Monaten, am Ostersonntag ist Oosterhuis in seiner Heimatstadt Amsterdam mit 89 Jahren gestorben. Er war nicht nur Theologe, er hatte auch niederländische Sprache und Literatur studiert. Er war Schriftsteller, Dichter und Denker. Er hat viele Texte und Lieder für Gottesdienste in niederländischer Sprache geschrieben. Viele davon sind auch ins Deutsche übersetzt und einige finden sich in den aktuellen Gesangbüchern der evangelischen und katholischen Kirche.  

Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;  

fremd wie dein Name sind mir deine Wege.  

Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?  

Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen. 

Ja, das kenne ich nur zu gut. Das hätten auch meine Worte sein können, wenn ich sie denn formuliert hätte. Huub Oosterhuis konnte das. Und hat dadurch vielen gläubigen und suchenden Menschen aus der Seele gesprochen. Mit leeren Händen da zu stehen, das ist für ihn kein Versagen, sondern einfach nur das ehrliche Bekenntnis eines Menschen, der es schwer hat mit sich selbst und seinem Gott. Für ihn war das Fragen immer wichtiger als das Formulieren von theologischen Gewissheiten. Und bei allem Fragen spüre ich immer den tiefen Glauben dieses Mannes. Den Glauben an einen Gott, dem er seine bohrenden Fragen nicht erspart. Und von dem er trotzdem sagen kann: Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete. 

Ich finde diesen Satz einfach nur schön. So möchte ich auch glauben können, wie der holländische Dichter: Gott ist der Atem in mir, wenn ich bete. Und das heißt für mich: Er ist immer schon da. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37922
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