SWR2 Wort zum Tag

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21JUN2023
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Es macht schon einen großen Unterschied, ob ich einen Menschen streichle oder schlage. Daher ist es interessant, dass das englische Wort „stroke“ sowohl „Schlag“ als auch „Streicheln“ bedeuten kann. Ein strokekann für den, der ihn erhält, also positiv wie negativ sein.

Diese Ambivalenz des Wortes hat sich Eric Berne zu Nutzen gemacht. Er verwendet ihn als einen zentralen Begriff, in der von ihm entwickelten Transaktionsanalyse. Eric Berne hat beobachtet und analysiert, was sich in der Psyche eines Menschen abspielt, und wie er mit anderen Menschen interagiert. Sogenannte strokesspielen dabei eine wichtige Rolle. Jede Form von Zuwendung und Aufmerksamkeit, die ich einem Menschen schenke, ist ein stroke.

Wir Menschen brauchen strokes, davon war Eric Berne, der als Psychiater gearbeitet hat, überzeugt. Wir brauchen sie so sehr, dass wir sie immer wieder suchen. Wenn wir keine positive Zuwendung erhalten, dann geben wir uns auch mit negativer zufrieden. Ein Kind, das nicht beachtet wird, beginnt zu quengeln, auch wenn daraus folgt, dass es von den Eltern angeraunzt wird. Das ist sicher nicht das, was es sich gewünscht hat, aber wenn es keinen anderen Weg findet, dass die Eltern sich ihm zuwenden, wird das Kind es beim nächsten Mal wieder auf diese Weise versuchen. Jeder stroke ist besser als gar keiner. Das ist eine bittere Wahrheit.

Wir Menschen brauchen strokes und gleichzeitig haben wir sie auch im Überfluss zur Verfügung. Positive wie negative. Wir können anderen Streicheleinheiten geben oder Schläge. Nicht nur körperlich, sondern auch dadurch, was wir zu ihnen sagen und wie wir es sagen, wie wir sie anschauen und uns ihnen gegenüber verhalten.

Wir sind verantwortlich, wie wir mit dieser Macht umgehen. Auch ob wir positive strokes, die wir mühelos geben könnten, zurückhalten oder nicht. Ein „Hast du super gemacht“ an der richtigen Stelle, ein kurzes „Dankeschön“ auch wenn’s nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Ein aufrichtiges Lächeln, ein aufmerksamer Blick, eine ehrlich gemeinte Frage, „wie geht’s“ – verbunden mit der Zeit und dem Interesse, dann auch wirklich zuzuhören.

Seit ich das Konzept kenne, bemühe ich mich immer wieder bewusst, ehrlich und positiv zu „stroken“. Mehr als ich es aus Gewohnheit oder Faulheit ansonsten tun würde. Warum? Weil’s gut tut… und weil’s mir manchmal auch quengelnde Kinder erspart.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37850
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