Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

16JUN2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Auf der Bundesgartenschau gibt es einen Acker. Dort stehe ich und denke an das Vater Unser. Und zwar an die Zeile: „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Wenn Christen das beten, geht es um zwei Dinge; zum einen: Ich vertraue auf Gott, dass er mir das gibt, was ich jeden Tag zum Leben brauche. Zum anderen ist diese Zeile eine Mahnung, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen; und an die Menschen zu denken, die nicht wissen, wo sie ihr tägliches Brot herbekommen sollen.

Der Acker auf der Bundesgartenschau in Mannheim heißt: Weltacker. 2000 m² groß, also etwa 50 Meter lang und 40 Meter breit. Die Größe ist wichtig, weil darin eine Information steckt: Würden wir die gesamte Ackerfläche unserer Welt gerecht unter allen Menschen aufteilen, dann müssten jedem genau diese 2000 m² zur Verfügung stehen. Und darauf müsste alles wachsen, was wir zum Leben brauchen.

So ist es aber nicht. Die Ackerfläche ist eben nicht gerecht aufgeteilt. Wir in Deutschland verbrauchen durch unseren Lebensstil mehr als doppelt so viel Ackerland, wie jedem von uns zustehen würde. Wir nutzen dazu Ackerland in Afrika und Asien, zum Beispiel für Soja, Kaffee oder Palmöl. Das hat Konsequenzen, weil diese Fläche der lokalen Bevölkerung dann nicht zur Verfügung steht! Wir nehmen ihnen also durch unseren Verbrauch ihr Land weg!

Auf dem Weltacker ist noch etwas sehr anschaulich zu sehen. Die Hälfte der Mannheimer-Acker-Fläche ist mit Getreide bepflanzt, mit Mais, Weizen, Reis und Gerste. Das entspricht genau den Verhältnissen auf der Welt. Jetzt könnte man glauben, dann müssten doch eigentlich alle satt werden. Nein, so ist es eben nicht. Denn abgesehen vom Reis, wird der größere Teil des Getreides an Tiere verfüttert oder man macht Treibstoff oder Energie daraus. Hungrige Menschen, die haben davon nichts.

Als ich auf diesem Weltacker gestanden bin, war mir selten so klar, wie ungerecht Nahrung auf der Welt verteilt ist. Und meine Zweifel sind groß: Wie soll sich das jemals ändern? Gleichzeitig macht mir Hoffnung, was ich dort erlebe: Es sind vor allem junge Leute, die Besucher über den Acker führen; Schüler sehen ganz genau, wieviel Ackerfläche ein Hamburger benötigt. Eine junge Gärtnerin probiert auf dem Acker etwas Neues aus – sie pflanzt Reis an, der wenig Wasser braucht.

Unser tägliches Brot gib uns heute. Keine Frage, dankbar zu sein, für das, was wir haben, ist wichtig. Aber das Vater Unser will mehr: es fordert uns auch dazu auf im Blick zu behalten, wie ungerecht Nahrung verteilt ist.

 

https://www.2000m2.eu/de/
https://www.deab.de/themen-programme/weltacker-und-weltgarten

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37839
weiterlesen...