SWR3 Gedanken
Ich habe eine Oase mitten in Stuttgart entdeckt. Mitten in der Großstadt in einem Hinterhof. Keine Oase mit sprudelndem Wasser und grünen Palmen, wo einem die Kokosnuss in die Hand fällt. Nein, eher so ein Ort, an dem es ein bisschen schmutzig ist und es nach Öl riecht.
Diese kleine Oase ist eine Fahrradselbsthilfewerkstatt. Hinter diesem langen Wort verbirgt sich ein Ort, an dem Menschen sich gegenseitig helfen ihre Fahrräder zu reparieren. Alle können dort hinkommen – ob man selbst helfen kann oder Hilfe benötigt. Und so treffen auch ganz unterschiedliche Menschen aufeinander. Und damit auch ganz verschiedene Fähigkeiten: Der eine kann gut Reifen wechseln, eine andere ist ein Expertin fürs Licht. Einer kann gut Schaltungen einstellen, wieder eine andere schaut, dass die Ordnung bei allem Arbeiten nicht verloren geht und das Werkzeug am richtigen Ort ist. E-Bike trifft Kinder-Fahrrad und Maschinenbauer trifft Heilerziehungspflegerin. Eine Polizistin bringt das Fahrrad ihrer Oma und ein Opa das seiner Enkelin. Irgendwo gibt es für jeden und jede einen Platz. Da dauert die Fahrradreparatur vielleicht mal etwas länger, aber am Ende hat man selbst was gelernt und nette Menschen getroffen. Und zumindest ich komme dabei nach einem stressigen Arbeitstag auch gut zur Ruhe.
Ich finde: Ein Ort, an dem sich Menschen kennenlernen und mit einem Lächeln wieder nach Hause gehen, weil ihr Fahrrad wieder funktioniert. Das ist ein Oase, auch wenn es keine Palmen gibt.
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