SWR4 Abendgedanken

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06JUN2023
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Schon wieder Regen, schon wieder Überschwemmungen. In diesen Wochen trifft es Italien und Kroatien, auch Somalia. Wenn ich Bilder von diesen gewaltigen Wassermassen sehe, wenn Menschen auf ihren Hausdächern, Balkonen oder Autos auf Rettung warten, dann muss ich unweigerlich an die große Flut denken, von der die Bibel erzählt, an die Sintflut und die Geschichte mit der Arche Noah. Das große Schiff, mit dem Noah seine Familie gerettet hat und in dem Platz war für jeweils ein Paar von jeder Tierart.

Die Bibel begründet die Sintflut: „Alle Lebewesen auf der Erde hatten den rechten Weg verlassen und sich dem Bösen zugewandt.“ (Genesis 6, 12). Ich verstehe das so: Unser Fehlverhalten der Natur gegenüber hat Konsequenzen. Das erleben wir eindrücklich und dramatisch bei jeder neuen Naturkatastrophe; denn dass wir die Erde ausbeuten und sie mit unserem Verhalten zerstören, das ist eine Tatsache.

Die Erzählung von Noah und der Arche macht uns auf einen zweiten, wichtigen Punkt aufmerksam: Noah hat damals mehr Tiere als Menschen gerettet. Denn jede andere Konstellation hätte seine Mission vom Neuanfang scheitern lassen. Weshalb? Ohne Tiere könnten wir Menschen wohl kein einziges Jahr überleben. Zwei einfache Beispiele: Ohne Bienen gäbe es keine Bestäubung der Pflanzen, und somit keine Frucht. Ohne Regenwürmer keinen guten Boden und damit eine schlechte Ernte. Alles hängt miteinander zusammen und voneinander ab. Noahs Tiere stehen für eine überlebenswichtige Artenvielfalt.

Und genau das macht die aktuelle Situation auf der Erde so dramatisch: Ein Viertel aller Tier- und Pflanzenarten ist gefährdet, eine Million Arten ist kurz vor dem Aussterben[1]. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, der vollkommen neu ist: Bisher hat die Natur sich immer wieder selbst regenerieren können. Dieser Punkt ist überschritten. Die Natur braucht jetzt unsere Hilfe! Wir bräuchten, im übertragenen Sinn, viele kleine solcher Archen wie die von Noah, in denen die Artenvielfalt überleben kann.

Es gibt auch eine gute Nachricht: Es sind bislang nur wenige, aber es gibt diese Archen. Das sind zum Beispiel Biotope, ich denke an einen kleinen Weiher[2] in der Nähe des Bodensees. Aus einem ehemaligen Maisacker ist in zehn Jahren eine Oase geworden! Da wachsen heute wieder seltene Pflanzen, Krebse und Amphibien, Graugänse und Milane sind dort zuhause. Die Natur kann sich also regenerieren, wenn wir ihr helfen und wenn wir uns für sie entscheiden; wenn wir also die Schöpfung als echten Wert schätzen. Vielleicht kann die Erzählung von der Arche Noah beim nächsten Starkregen dazu Ansporn sein. Und Platz für eine kleine Arche, ein kleines Biotop, den gibt es ganz sicher in jeder Gemeinde und in jedem Garten.

 

[1]https://www.ardalpha.de/wissen/natur/tiere/artenschutz/biodiversitaet-artenschutz-artensterben-klimawandel-tiere-natur-100.html

[2]https://www.sielmann-stiftung.de/natur-schuetzen/grundsaetze/biotope-verbinden

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37782
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