Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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26APR2023
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Irgendetwas habe ich fast immer auszusetzen an mir selbst. Ich glaube, so geht es vielen – Ihnen vielleicht auch. Irgendetwas könnte immer besser sein: mal hadere ich mit meinem Äußeren, mal finde ich, dass andere immer mehr Energie haben als ich. Oder ich ärgere mich, weil ich Leute oft so schlecht wiedererkenne.

Mit sich selbst unzufrieden sein – das kennt wohl jeder. Naja, außer vielleicht Karlsson vom Dach. Karlsson ist der Titelheld aus einem Kinderbuch von Astrid Lindgren – ein kleiner, rundlicher Geselle in Latzhose, der einen Propeller auf dem Rücken trägt und deshalb fliegen kann. Vor allem aber ist Karlsson grundsätzlich zufrieden mit sich selbst: Ich bin ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren, lässt er die anderen gerne wissen.

Manchmal muss ich an Karlsson denken, wenn ich mich selbst im Spiegel betrachte – und dann lachen: Schön, grundgescheit und gerade richtig dick – ja, warum denn eigentlich nicht! Ich finde, von Karlssons rundherum positiven Blick auf sich selbst könnten wir uns eine Scheibe abschneiden.

In der Bibel gibt es übrigens ein Psalmgebet, in dem jemand ähnlich zufrieden auf sich selbst blickt – und Gott dafür dankbar ist. Ich danke dir und staune, dass ich so wunderbar geschaffen bin, heißt es da.

Ich gebe zu: Insgesamt taugt Karlsson vom Dach nicht wirklich als Vorbild. Er ist nämlich nicht nur von sich überzeugt, sondern darüber hinaus auch ziemlich egoistisch und rechthaberisch. Das stört keinen großen Geist, ist sein Kommentar, wenn er wieder mal Mist gebaut hat.

Trotzdem: Dem schüchternen kleinen Jungen Lillebror, mit dem Karlsson sich im Buch anfreundet, tut die Freundschaft richtig gut. Karlsson hilft Lillebror, mutiger und selbstsicherer zu werden.

Lernen kann man von Karlsson vom Dach auf jeden Fall, das Gute an sich selbst zu sehen. Und die eigenen Defizite nicht zu schwer zu nehmen, egal, ob es ums Aussehen, die Fitness oder die schlechte Gedächtnisleistung geht. Das stört keinen großen Geist, würde Karlsson dazu sagen. Und meistens hat er ja recht.

Ich bin ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren. Wer findet, dass Karlsson übertreibt, kann es ja mit der Bibel sagen: Ich danke dir, Gott, und staune, dass ich so wunderbar geschaffen bin.

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