SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

18APR2023
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„Zähl nicht die Schafe, sondern sprich mit dem Hirten.“ Das sage ich mir manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen kann. Wenn ich Schäfchen zähle. Wenn ich mich unruhig im Bett hin und her drehe, wenn ich die Probleme des Tages auch nachts nicht loslassen kann. Oder wenn ich mir darüber Gedanken mache, ob ich alles richtiggemacht habe, ob ich die rechten Worte gewählt habe, ob ich auch nichts vergessen habe.

Dann liege ich wach im Bett und zähle Schafe: „Eins, zwei, drei, vier, fünf…. Aber ganz ehrlich: Das bringt nichts. Ganz im Gegenteil. Beim Zählen werde ich richtig wach.

„Zähl nicht die Schafe, sondern sprich mit dem Hirten.“ Warum soll ich denn Schafe zählen, wenn ich mit dem Hirten selbst reden kann. Warum versuche ich, mich von meinen Problemen abzulenken, anstatt sie Gott anzuvertrauen, meinem Hirten?

Denn er kennt mich. Er kennt mich so wie ein Hirte seine Schafe kennt und sich um sie sorgt. Er kennt mich von Mutterleibe an, weiß genau, wie ich ticke, denke, handle.

Und das allein hilf mir schon. Einfach vor Gott meine Probleme aussprechen. In einem gut formulierten Gebet, in einem kurzen Stoßseufzer, unsortiert durcheinander, so wie meine Gedanken chaotisch sind, so kann ich mit Gott reden. Einfach rauslassen, was mir auf dem Herzen liegt, was mich am Schlafen hindert. Das befreit. Mich befreit es, denn ich habe es dann mal ausgesprochen. Es ist nicht mehr nur mein Problem, meine Sorge, meine Schlaflosigkeit. Und manchmal werden aus großen Problemen plötzlich Kleinigkeiten, weil ich mir beim Reden selbst aufzeige, dass ich mich in etwas hineinsteigere, es aufblähe.

„Zähl nicht die Schafe, sondern sprich mit dem Hirten.“ Daran werde ich mich zukünftig häufiger halten. Dann bin ich zum einen ausgeschlafener, zum anderen bin ich auch befreiter. Und so fällt es mir dann auch leichter, mich nicht einfach nur abzulenken und meine Probleme mit Schäfchen-Zählen beiseitezuschieben. Ich höre mir selber zu. Und einmal ausgesprochen, weiß ich um meine Probleme. Beten löst nicht meine Probleme, reden mit Gott zeigt mir aber auf, dass Reden wichtig ist. Mit jedem Abendgebet führe ich ein Gespräch mit Gott. Weil es wichtig ist, zu reden, Probleme nicht in sich reinzufressen. Ich bin froh, dass ich meinen Hirten habe. Gerade dann, wenn mir meine Probleme unlösbar vorkommen. Mein Hirte versteht das. Er versteht mich. Reden hilft.

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