SWR1 Begegnungen

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09APR2023
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Peter Tauber (c) Foto: Tobias Koch

… und mit Dr. Peter Tauber. Auf eine steile politische Karriere kann der heute 48-Jährige zurückblicken. 2009 zog er als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag ein. Gut vier Jahre später wurde er Generalsekretär der CDU. Schließlich Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. Inzwischen hat sich Peter Tauber aus der großen Politik zurückgezogen. Nach seiner überraschenden Ernennung zum Generalsekretär hatten sich viele gefragt, wer dieser kaum bekannte Politiker aus Hessen eigentlich ist. Er hat sich selbst damals mit drei Begriffen beschrieben: Historiker, Reserveoffizier, Christ.

Ich bin Historiker, das ist mein Beruf. Ich glaube, dass es zum Verstehen der Weltgeschichte ein wichtiger Zugang ist. Ich bin Reserveoffizier. Das ist die Verbindung zu meinem Land. Und das Wesentliche, das ist, dass ich ein gläubiger evangelischer Christ bin. Und daraus mache ich keinen Hehl, sondern ich finde, Christsein bedeutet, dass man darüber auch spricht.

Was wir gemacht haben. Nicht zuletzt, weil die Jahre in der Spitze der Bundespolitik eine Zeit waren, die ihn persönlich an Grenzen gebracht haben. Durch eine schwere Erkrankung sogar an die Grenze des Todes. Peter Tauber hat diese Erfahrung des Nicht-mehr-Könnens in einem sehr persönlichen Buch offen geschildert.

Dieses Buch, was ich geschrieben habe, „Du musst kein Held sein“, habe ich auch deswegen geschrieben, weil ich niemandem wünsche, dass er solche Brüche braucht. Ich glaube, es ist gut, wenn man nicht die Erfahrung von zwei Wochen Intensivstation mit Notoperation und all dem Drumherum machen muss im Leben. Aber wenn ich dann überlege, was kann ich daraus Gutes machen für mich, dann ist es eben genau das: Sich zu fragen, wie gehe ich eigentlich mit mir selber um?

Und trotzdem ist das Ideal ja immer noch der toughe Kerl, der alles wegsteckt und Grenzen nicht akzeptiert.

Wenn sie sich die Helden von Kindern und Jugendlichen anschauen, dann gilt für die modernen Helden von heute, von Harry Potter bis Frodo aus dem Herrn der Ringe: Sie haben zwar immer Freunde und Weggefährten, aber die sind im entscheidenden Moment nicht da, und sie müssen leiden, um zum Erfolg zu kommen. Und dann ist es ja vielleicht gar nicht verwunderlich, wenn man selber sagt: okay, ich muss jetzt leiden, nur dann werde ich erfolgreich sein.

Nun kennen wir Leiden ja auch im Christentum. Mit Blick auf Jesus sogar den steilen Gedanken von einer Nachfolge Jesu bis ins Leiden hinein. Das Wort dafür heißt sogar Kreuzesnachfolge.

Also gehört es dazu zum guten Christsein, dass man leidet? ich glaube, das meint er gerade nicht. Weil, am Ende steht die frohe Botschaft. Und vielleicht meint es, dass wir in dem Leid diese Hoffnung haben dürfen. Und dann kann es sein, dass sich ein Kreuz leichter tragen lässt.

Seine körperlichen und seelischen Grenzen habe er damals ignoriert, sagt er heute, bis zum Zusammenbruch. Man könnte auch sagen: Ein persönlicher Karfreitagsmoment. Wie wichtig war ihm da sein Glaube? 

Manche hadern ja dann mit ihrem Glauben oder verlieren ihn gar und andere finden ihn dort. Und ich habe das Glück, er war einfach da. Ich habe vorher aber, wenn ich gebetet habe, nie um was bitten müssen. Und da war eben zum ersten Mal die Situation, dass ich gesagt habe: Okay, das kann ich nicht alleine. Und dann war auch die Frage: Ist ER jetzt da? Und ich hatte dann das Gefühl, dass ich getragen bin. 

Im Buch schildert Peter Tauber jene Nacht im Krankenhaus, in der sein Leben auf der Kippe stand.

Ich hatte in der Tat so einen Moment der totalen Schwäche. Und dann habe ich schon über mein Leben nachgedacht und hab gedacht: ich habe so viel erlebt, es war so aufregend und toll. Ich habe auch noch so ein paar Dinge, die ich gern machen möchte. Aber diesen Gedanken: „Aber dein Wille geschehe“, den hatte ich dann, und habe auch ein bisschen Zwiesprache gehalten und habe gesagt: Jesus, okay jetzt, du musst entscheiden. Aber ich hatte da, wenn Sie so wollen, ein Stück weit meinen Frieden gemacht.

Was hat ihm in diesen Wochen Hoffnung gegeben?

Ich habe ja so viele wunderbare Nachrichten bekommen, nicht nur von Kollegen aus meiner Partei, von Menschen aus anderen Parteien, auch von Bürgern, die ich gar nicht kenne. Und auch die Menschen im Krankenhaus waren so wunderbar, dass ich am Ende da getragen war von anderen Menschen.

Sich am Tiefpunkt getragen fühlen dürfen von Menschen und von Gott. Ein hoffnungsvoller, geradezu österlicher Gedanke. Aber was ist mit dem, der das nicht so empfinden kann?

Da würde ich mir kein Urteil erlauben. Aber ich würde ihn ermutigen, sich darauf einzulassen, mit offenen Augen weiter durchs Leben zu gehen. Weil, meistens geschehen diese Begegnungen dann ja unverhofft. Und dann sind sie ja besonders schön.

Sein Zusammenbruch, sagt Peter Tauber heute, sei ein entscheidender Impuls gewesen, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Hat er dadurch auch etwas gewonnen? 

Es gibt ja auch dieses schöne Bibelwort: Alles hat seine Zeit. Also ich habe versucht, aus der Erkrankung etwas für mich Gutes zu machen und nicht einfach danach, als ob nichts gewesen wäre, weiterzugehen. Und man gewinnt Freiheit. Wenn man sich verabschiedet von einer vielleicht auch wirklich liebgewonnenen Sache, und ich habe mit Leidenschaft Politik gemacht, dann gewinnt man auf einmal eine Freiheit.  

Und dennoch bedeutet das ja immer auch einen Schritt ins Ungewisse. 

Das ist auch anstrengend. Das heißt ja nicht, dass man noch mal erfolgreich ist. Aber ich finde diese Freiheit, und der Mensch ist zur Freiheit berufen. Das ist ein so großes Geschenk, dass ich mich darüber jeden Tag freue.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37413
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