SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

03APR2023
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„Manchmal bin ich so erschöpft, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als zu glauben.“ Diesen Satz habe ich diese Tage irgendwo aufgeschnappt. Und er ist hängen geblieben in meinem Kopf. Vielleicht, weil er mir als so wahr eingeleuchtet hat.

Gestern hat mit dem Palmsonntag die Karwoche begonnen – die Zeit, in der Christinnen und Christen an die letzten Tage im Leben von Jesus erinnern. Gestern war im Gottesdienst zu hören, wie Jesus der biblischen Erzählung nach, in Jerusalem eingezogen ist. In einem Triumphzug. Die Menschen standen am Straßenrand und haben ihm zugejubelt. Ihre Kleider haben sie wie einen roten Teppich auf den Weg gelegt. Und ihm mit Palmblättern zu gewedelt. Deshalb „Palm“-Sonntag. Welch eine Hoffnung zeigt sich in diesen Gesten! Hoffnung darauf, dass dieser Mann ihr Leben ändert: als König der Juden vielleicht, der der römischen Fremdherrschaft ein Ende setzt. Der ihr Leben etwas erträglicher macht. Der endlich einen Aufstand anzettelt. Oder vielleicht war es auch nur die Hoffnung darauf, gesehen zu werden, ernst genommen zu werden, Wärme und Barmherzigkeit zu erfahren in einer Welt, in der die Schwachen und Armen nichts zu melden hatten.

Aber trotz allem Jubel: am Ende der Karwoche wird Jesus sterben. Die Stimmung kippt. Von Freude zu Verzweiflung. Von Hoffnung zu Hass. Bis Ostern ist es noch weit.

Genau so erlebe ich unsere Welt zur Zeit: Die Stimmung kippt. Von Freude zu Verzweiflung. Von Hoffnung zu Hass. Krieg bestimmt die Nachrichten. Und wenn der nicht in den Schlagzeilen ist, dann schießen Meldungen von Erdbeben, Schneestürmen oder Vulkanausbrüchen auf mich ein wie Kanonenkugeln.

„Manchmal bin ich so erschöpft, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als zu glauben.“ Wie wahr! Ich bin so müde von all dem. Ich mag die Welt um mich herum nicht mehr.

Und dann stelle ich fest: Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als zu glauben. Zu glauben, dass es irgendwann, irgendwie besser werden wird. Das da irgendwo einer ist, der die Welt zärtlich und liebevoll in den Händen hält. Der das Schicksal wenden kann. Der mir wieder leuchtende Farben zeigt. Der Lachen und Leichtigkeit zurückbringt. Wie gern würde ich ihm vom Straßenrand aus zujubeln.

Noch ist es nicht so weit. Noch liegt die Karwoche vor uns. Und auch mit Ostern wird dieses Jahr nicht alles gut sein. Aber: „Manchmal bin ich so erschöpft, dass mir gar nichts anderes übrig bleibt, als zu glauben.“ Jesus wird auferstehen. Es wird Ostern werden. Auch in diesem Jahr.

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