Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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06APR2023
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Wir stehen an einem kleinen Fischteich am Fuße der Schwäbischen Alb. Die Kinder haben wir in Gummistiefel und Matschhose gesteckt. Mit Angel und Kescher versuchen wir Forellen zu fangen. Viele Jahre war das unsere Tradition an Gründonnerstag. Weil wir an Karfreitag ja Fisch essen wollten. Die Kinder hatten große Freude daran und waren natürlich mächtig stolz auf den selbst gefangenen Fisch. Am nächsten Tag haben wir uns mit Freunden getroffen und unsere Fische über offenem Feuer auf einer Wiese gegrillt. Mahlgemeinschaft unter freiem Himmel. Klingt idyllisch; war es auch.

Dass wir unseren Fisch damals quasi vor der Haustüre gefangen haben, hatte keinen klima-politischen Hintergrund. Vor 20 Jahren hatte ich noch keine Ahnung, was in den Meeren der Welt passiert. Durch die Meeresschutzorganisation Sea sheperd habe ich mittlerweile viel dazugelernt. Sea sheperd bedeutet übersetzt: Hirte der Meere. Die Organisation geht weltweit gegen illegalen Fischfang vor und gegen kriminelle Machenschaften. Ihre Mission ist manchmal lebensgefährlich. Weil teils mafiöse Strukturen hinter dem kommerziellen Fischfang stecken, weil es um viel Geld geht, weil Menschen wie Sklaven auf den großen Fangflotten gehalten werden. Denn das Problem ist: Die Hochsee ist bisher ein weitgehend rechtsfreier Raum, das heißt: die Meere werden ausgebeutet und keiner kontrolliert das.

Mir ist Sea sheperd zuerst wegen ihres eigentümlichen Logos aufgefallen: Ein Totenkopf und darunter der Dreizack vom Meeresgott Neptun gekreuzt mit einem Hirtenstab. Derselbe Hirtenstab, wie ihn jeder katholische Bischof besitzt. Dieser Stab symbolisiert: Der Bischof ist Hirte und damit verantwortlich für die Katholiken in seiner Region.

Sea sheperd ist weltweit unterwegs und besitzt große Schiffe. Alle sea-sheperd-Boote tragen einen Namen. Und jetzt kommt meine Vision: Ich wünsche mir einen Bischof, der einem dieser Schiffe seinen Namen gibt und damit die Patenschaft für so ein Einsatzboot übernimmt. Ein Bischof, der sich ganz konkret dort auf dem Meer verantwortlich zeigt: Für die Artenvielfalt, für unser Ökosystem, für Menschenrechte – für die Schöpfung. Das wäre ein Signal! Ein echter Hirte für die Meere.

Das Ökosystem Meer kann aber weder sea-sheperd noch ein einzelner Bischof retten. Es liegt auch an uns. Die Überfischung der Meere hängt auch mit unserem Fischkonsum zusammen. Auch wenn wir mittlerweile nicht mehr angeln gehen. Wir holen uns immer mal wieder einen Fisch von „unserem“ kleinen Teich, gezüchtet im heimischen Quellwasser. Und das hat für mich heute mehr mit Verantwortung als mit Idylle zu tun.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37395
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