Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

05APR2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Jesus sitzt zusammen mit seinen Jüngern am Abendmahlstisch – und da liegt, neben Wein und Fisch, eine Brezel. Das Bild ist kein Fake. Die Zeichnung ist echt und rund 1000 Jahre alt. Es ist das älteste Bild, das es von einer Brezel gibt. Ich habe es in einem Buch über die Geschichte der Brezel entdeckt. Und bin ziemlich baff gewesen. Hat Jesus tatsächlich schon unsere Brezel gekannt?

Woher die Brezel stammt oder wer sie zuerst erfunden hat, das lässt sich nicht mehr eindeutig nachweisen. Da gibt es zahlreiche Legenden. Am besten gefällt mir die vom Bäcker Frieder aus Bad Urach. Er war um das Jahr 1500 Hofbäcker beim Grafen Eberhard. Weil Frieder sich etwas zu Schulden kommen ließ, sollte er gehängt werden. Doch er nutzte seine letzte Chance und backte ein Brot, wie es der Graf gewünscht hatte: Eines, durch das drei Mal die Sonne durchscheinen kann. Inspiriert hat ihn dazu anscheinend seine Frau: die hatte vor lauter Sorge um den Mann ihre Arme vor der Brust verschränkt.

Vermutlich hat die Brezel ihren Ursprung aber nicht in Schwaben. Die Form der Brezel soll sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. Und zwar aus einem Ringbrot. Und das hat es bereits im römischen Reich gegeben.

Was auf jeden Fall sicher ist: das Wort Brezel stammt vom lateinischen Wort „brachium“, also Arm. Das hat mit den dünnen Ärmchen, den geschlungenen Enden der Brezel, zu tun. Später wurde daraus Brezila und schließlich Brezel.

Was hat die Brezel nun mit der Kirche und der Karwoche zu tun? Eine ganze Menge: Denn im Mittelalter war die Brezel eine typische Fastenspeise, zunächst in den Klöstern, dann auch außerhalb in den Städten. Weil man sie ohne Fett backen konnte. Denn Butter und andere tierische Produkte waren früher in der katholischen Fastenzeit verboten. In die Form der Brezel wurde im Laufe der Jahrhunderte so manches hineininterpretiert: Zum Beispiel galt sie als Symbol für das Ewige – weil sie keinen Anfang und kein Ende hat. Dieser Gedanke findet sich auch bei der Palmbrezel, die noch immer in einigen Regionen traditionell zu Palmsonntag gebacken wird – sie soll gleichzeitig das Ende der Fastenzeit und den Neuanfang verkünden.

Haben Jesus und seine Jünger nun Brezeln gekannt und gegessen? Die Antwort habe ich bei der Historikerin Irene Krauß gefunden. „Nein“, sagt sie. „Brezeln sind die Vorgänger der heutigen Hostien. Sie wurden in der Kirche zum Abendmahl gereicht.“ Und weil Maler eben nur das darstellen konnten, was sie gekannt haben, gab es eben Brezeln beim Abendmahl von Jesus und seinen Jüngern.“

 

Das große Buch der Brezel, Irene Krauß, Silberburg-Verlag

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37394
weiterlesen...