SWR2 Wort zum Tag

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01APR2023
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1893 – heute vor 130 Jahren: da war ein bisschen Schluss mit April April. Und zwar am ersten April. Kein Scherz.

Bis da hin galt in vielen Gegenden von Deutschland die Berliner Zeit – anderswo eine Münchener Zeit; und es gab natürlich regionale Zeiten, einzelne Länder hatten ihre eigenen Uhren. Und die natürliche Zeit, also die Sonnenzeit, wie vom lieben Gott geschaffen: die ist ja sowieso überall anders; solange die Erde sich drehen muss, bis Mittag ist, gehen Uhren eigentlich immer ein bisschen falsch. Gut, dass das dem ewigen Gott vermutlich egal ist. Der schaut – wenn überhaupt – eher darauf, was die Menschen mit und in ihrer Zeit machen.

Aber – von wegen April April: mit der Sonnenzeit gäbe es weder Nachrichten immer zur vollen Stunde im Radio, noch einen Fahrplan für die Eisenbahn. Nach der Sonne und im Schöpfungsplan ist ja in jedem Kaff zwölf Uhr mittags ein bisschen früher oder später als etwa im östlichen Nachbardorf.

Vor 130 Jahren waren es konsequenterweise auch die Eisenbahnen, die die eine verbindliche Zeit eingeführt haben – die Mitteleuropäische Zeit oder jetzt wieder Sommerzeit. Anderthalb Stunden Sonnenzeit-Unterschied von der polnischen Ost-Grenze bis an die französische und portugiesische Atlantik-Küste, politisch von der EU in eine Zeitzone gepackt.

Es macht der biologischen Uhr wohl keine Probleme; nur ein paar Natur-Freaks würden sich lieber genau nach der Sonne richten. Und ganz ganz fromme Leute wohl auch. Bei mir ist es eher ein bisschen Neid: die Leute in der Bretagne haben es abends so viel länger hell als wir hier!

Ungleichzeitig sind die Menschen trotzdem immer noch – obwohl die Uhren überall gleich gehen. Aber junge Menschen ticken eben anders als alte, linke als rechte, Fromme und Atheisten; Menschen sind islamisch christlich jüdisch oder gar nichts. Der liebe Gott hat sie so in die Welt gesetzt: Frei und verschieden – und doch alle nach seinem Bild geschaffen.

Dass Gott seine Sonne aufgehen lässt über Bösen und Guten: und dass es regnet über Gerechte und Ungerechte: das finden manche ja eher problematisch. Aber Gottes Liebe ist eben geduldig und ewig und größer; und ganz unabhängig von Zeiten und Zonen hofft Gott wohl, dass die Menschen sich doch noch eines besseren besinnen. Das gilt für alle – immer, auch heute, am ersten April.

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