SWR2 Wort zum Tag

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06MRZ2023
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Es gibt Momente im Leben, in denen es uns die Sprache verschlägt. Vor Aufregung, vor Schmerz, vor Lust… Und es gibt Lebensphasen, in denen wir noch keine oder keine Sprache mehr haben. Am Anfang unseres Lebens ist das so, da steht meist ein Schrei. Und dann dauert es ein Jahr, bis erste Wörter artikuliert werden und die Sprache zum wichtigen Mittel der Verständigung wird. Am Ende unseres Lebens mag es sein, dass die Sprache uns wieder abhanden kommt. Da bleibt dann vielleicht nur noch ein letzter hörbarer Atemzug. Und auch mitten in unserem Leben geschieht es - immer wieder - dass wir nicht sprechen, nicht einmal mehr schreien, sondern nur noch seufzen oder schweigen können.

Das kann übrigens auch dann passieren, wenn ein Mensch ganz Freude ist. Denn auch das ist möglich, dass es einen vor Freude hinreißt und der Jubel jenseits der Sprache liegt, ein Lachen, das mitten aus dem Herzen zu kommen scheint und einfach nicht zu fassen ist. Auch überschäumende Freude sprengt die Grenzen des Sagbaren.

Ich ahne, dass das daran liegen könnte, dass man sich selbst in diesen Augenblicken so nahe ist, dass man sich schon wieder fremd wird. Wie unbekanntes Gebiet, für das die Sprache fehlt. Oder erst noch erfunden werden muss. Dabei wollen doch gerade die sprachlosen Momente geteilt werden!

Beim Apostel Paulus findet sich im Römerbrief die bezaubernde Zusage, dass in solchen Augenblicken der Heilige Geist selbst in uns seufzt und Gott dieses Seufzen versteht. Wenn Menschen sich sprachlos selbst verloren zu gehen drohen, rettet Gott also vor Beziehungslosigkeit und Unverständnis. Und begreift, worum es geht. Die Zusage des Paulus mündet in den schönen Satz: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.

Auch Menschen, denen der Glaube fremd ist, kennen die Erfahrung, dass plötzlich mitten in der Sprachlosigkeit ein Wort im Herzen aufleuchtet, das tröstlich ist und Verständnis signalisiert. Du bist nicht allein!

Es gibt Momente im Leben, in denen es uns die Sprache verschlägt. Wir meinen dann vielleicht, wir seien allein. Wir sind es nie. In uns betet der Heilige Geist. Der Apostel Paulus meint übrigens, dass uns dieser Geist mit der ganzen Schöpfung verbindet, die  mit uns auf den Tag wartet, an dem kein Mensch und kein Geschöpf mehr vor Schmerz verstummen muss. Höchstens vor Freude. Und der, der die Herzen erforscht, hört uns.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37207
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