SWR2 Wort zum Tag

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02MRZ2023
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Große Katastrophe: Ich habe meinen Ehering verloren! Habe ich den Ring bei der Gartenarbeit abgestreift? Liegt er zwischen den Sofakissen? Stunde um Stunde habe ich ihn gesucht. Erst nach drei Monaten habe ich den Ehering dann zwischen T-Shirts im Schrank entdeckt. Irgendwie muss er mir vom Finger geglitten sein, als ich die Wäsche weggeräumt habe.

Eine Sache lerne ich daraus: Ich weiß etwas erst dann richtig zu schätzen, wenn ich es verloren habe. Im Alltag scheint so vieles selbstverständlich. Erst in dem Moment, wo etwas fehlt, ändert sich mein Blick.

In der Bibel gibt es viele Geschichten, wo Menschen verzweifelt etwas suchen. Mal eine Münze, dann ein Schaf oder einen Menschen, den sie lieben. Besonders aber gefallen mir die Bibelstellen, in denen Menschen nach Gott suchen. In Psalm 63 im Alten Testament heißt es zum Beispiel:

„Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir. Nach dir schmachtet mein Leib wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser.“

Weiter heißt es: „Ich denke nachts im Bett an dich und sinne über dich nach, wenn ich wach bin.“

Vor Jahrtausenden ist da ein Mensch, der sich rund um die Uhr nach diesem Gott sehnt. Wie es scheint, hat sie oder er Gott dann auch gefunden. Denn im Psalm heißt es: „Ja, du wurdest meine Hilfe; jubeln kann ich im Schatten deiner Flügel.“

Und wie geht es mir, wenn ich an Gott denke? Manchmal habe ich den Eindruck, mein Glaube schleicht sich unmerklich davon.  So wie die Jugendzeit allmählich vorbeigeht oder Dinge mir entfallen, die ich mal in der Schule gelernt habe: Wie berechne ich das Volumen eines Quaders oder wie hieß noch mal meine Deutschlehrerin? Langsam, still und leise verblasst so manches im Leben.

Erst wenn ich etwas verloren habe, weiß ich es so richtig zu schätzen. Darum Hand aufs Herz: Glaube ich noch an Gott oder ist diese Hoffnung verschüttet? Suche ich noch nach Gott oder geht’s auch ohne? Diese Fragen treiben mich in dieser Fastenzeit um. Mein Ziel: Bis Ostern gehe ich ganz bewusst auf Spurensuche. Ich hoffe Gott zu finden – oder er findet mich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37171
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