Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

25FEB2023
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Immer wieder werde ich von Hörerinnen und Hörern gefragt, warum ich in den Morgengedanken und den Anstößen nicht jedes Mal ausdrücklich von Gott und Jesus spreche. Sie wollen dass ich direkter zum Glauben einlade. Manchmal werde ich sogar richtig beleidigt weil ich in ihren Augen nicht christlich genug bin.

Aber ich finde, von Gott zu reden ist nicht so einfach. Das habe ich erst kürzlich wieder erlebt. Ich war auf einem Fest. Mit vielen Menschen, die ich nicht gekannt habe. Wenn ich erzähle, dass ich katholische Theologie studiert habe, entsteht oft ein intensives Gespräch mit vielen Fragen: „Wozu brauchen wir Gott? Ist er nur eine Vorstellung von uns Menschen? Wie können wir ihn erkennen?“ Meine Tischnachbarn wollten von mir wissen, wie ich als Theologin über Gott spreche und ob ich ihn erkennen kann. Ich war zuerst unsicher. Das sind große Fragen und meine Antworten darauf haben sich im Lauf meines Lebens auch verändert. Schließlich habe ich gesagt: „Ich weiß es nicht, ob Gott nur eine Vorstellung von uns Menschen ist. Das spielt für mich aber keine Rolle. Ich glaube, dass es ihn gibt. Beweisen kann ich das nicht. Aber ich kann ihn erkennen: In den Augen eines Kindes. In der Liebe zu meinem Sohn. Im zarten Grün, das nach dem Winter aus der Erde wächst. Ich habe in schwierigen Lebenssituationen aber auch erlebt, wie schwer es mir fällt, ihm zu vertrauen. Deshalb verstehe ich gut, wenn Menschen bezweifeln, dass es Gott überhaupt gibt. Und dass sie sich fragen, wo er denn ist in den großen Krisen, die uns derzeit alle beuteln.“

Ich maße mir nicht an zu erklären, wie Gott ist. Wenn ich nach meinem Glauben gefragt werde, erzähle ich, was er mir bedeutet. An Gott zu glauben gibt mir Halt. Im Kontakt mit Menschen erahne ich seine Größe und sein Geheimnis. Ich bin überzeugt, dass er in unserem Universum wirkt ohne erklären zu können wie. Aber ich bin vorsichtig geworden. Ich habe festgestellt, wie leer das Reden von Gott sein kann. Mir ist Gott heute näher als jemals vorher, aber ich spreche weniger darüber. Es ist keine Frage: Von Gott zu sprechen ist wichtig und bekennende Worte von gläubigen Menschen sind unverzichtbar. Aber ich bin sicher, dass seine Gegenwart manchmal auch in Worten und Geschichten durchscheint ohne dass er jedes Mal ausdrücklich beim Namen genannt wird.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37142
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