Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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21FEB2023
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Die ständige Nörgelei an der Politik, was die alles versäumen und falsch machen, hat Hagar Steiff wütend gemacht. Außerdem haben sie die Berichte über den anstehenden Krisenwinter geärgert. Dass alles so schlimm wird. Das war letztes Jahr im November. Hagar Steiff ist Tierärztin und wohnt in der Nähe von Tübingen. Ihr war völlig klar, dass der Krisenwinter eben nicht alle gleichermaßen trifft. Deshalb hat sie selbst in die Hand genommen, was ihrer Meinung nach politisch nicht gut gelöst war. Zusammen mit Bettina Koschtjan, der Ortsvorsteherin ihrer Gemeinde. Die beiden Frauen haben Ende 2022 eine Aktion auf die Beine gestellt unter der Überschrift: „Soziale Gerechtigkeit durch Bürgerinnen und Bürger“. Die Idee dabei: Diejenigen, die mehr haben, geben denen etwas ab, die nicht so viel haben. Hagar Steiff hat gesagt: „Ich bin ehrlich, ich bin nicht angewiesen auf die staatliche Förderung. Das war schon bei der Corona-Unterstützung so, und das ist jetzt auch bei der Energiepreispauschale so. Viele andere sind aber umso mehr auf Hilfe angewiesen.“ Bei der Aktion wurden bestehende Strukturen genutzt: die Tübinger Tafel. Dort dürfen nur Menschen einkaufen, die nachweislich wenig Geld haben. Aber der Laden kauft selbst ja keine Waren ein. Deshalb haben die beiden Frauen Spendengelder gesammelt und selbst Lebensmittel eingekauft, die sie bei der Tübinger Tafel abgeben. Es ist ein Projekt bei dem viele gewinnen. Denn die Lebensmittel werden bei regionalen Betrieben gekauft, die ebenfalls unter der Krise leiden.

Mich hat diese Idee beeindruckt. Vor allem deshalb weil sie gezeigt hat, wie schnell aus der Idee eines einzigen Menschen ein Projekt werden kann, das so vielen Leuten echt hilft. Die Lokalzeitung hat das Projekt mit ihrer Weihnachtsspendenaktion zusätzlich unterstützt. Mit großem Erfolg. Inzwischen haben die beiden Frauen so viel Geld zusammen, dass das Projekt bis ins Frühjahr 2024 weiterlaufen kann.

Und wer weiß. Vielleicht zieht das Projekt weiter Kreise, wenn es auch anderen so geht wie mir. Dass sie begeistert sind, sich anstecken lassen und davon erzählen. Die beiden Frauen sind gerne bereit, ihre Erfahrungen zu teilen.

Südwestpresse/ Schwäbisches Tagblatt; 25. November 2022 und 14. Januar 2023

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37139
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