Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

19FEB2023
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Ich bin gesegnet. Gott schaut liebevoll auf mich. Er will, dass mein Leben gelingt. Er beschützt und hält mich. Das glaube ich. Und das spüre ich. Besonders in dem Moment im Gottesdienst, wenn der Pfarrer seine Hände ausstreckt mich segnet und mir zusagt: „Du bist behütet und getragen. Du bist geliebt und kannst ein Segen für andere sein.“ Manchmal segnen auch Eltern, Großeltern oder Ehepartner ihre Liebsten. Mich hat eine Geschichte sehr berührt, die davon erzählt, wie ein Großvater seine Enkelin segnet.

Diese Geschichte geht so: Rahel hat jeden Freitagnachmittag ihren Opa besucht. Wenn die beiden ihren Tee getrunken hatten, stellte der Großvater zwei Kerzen auf den Tisch und zündete sie an. Dann hat er mit Gott gesprochen: auf Hebräisch. Rahel saß da und wartete geduldig, denn sie wusste, jetzt würde gleich der beste Teil der Woche kommen. Wenn der Großvater nämlich damit fertig war, mit Gott zu sprechen, hat er zu Rahel gesagt: “Komm her geliebte kleine Seele“. Das kleine Mädchen hat sich vor ihn hingestellt und er hat sanft die Hände auf ihren Kopf gelegt. Er hat dann immer irgendwelche Dinge angesprochen, mit denen Rahel sich im Verlauf der Woche herumgeschlagen hatte und hat Gott etwas Echtes über sie erzählt. Wenn sie während der Woche etwas angestellt hatte, dann hat er ihre Ehrlichkeit darüber gelobt, die Wahrheit gesagt zu haben. Wenn ihr etwas misslungen war, hat er voller Anerkennung darüber gesprochen, wie sehr sie sich bemüht hatte. Und dann hat er ihr seinen Segen gegeben. Rahel sagt selbst:Diese kurzen Momente waren in der ganzen Woche die einzige Zeit, in der ich mich völlig sicher und in Frieden fühlte.“

Diese Geschichte hat mich darin bestärkt, selbst mit Menschen so zu sprechen, dass sie spüren, welch ein Segen sie sind. Es tut mir und ihnen gut, liebevoll auf sie zu schauen und etwas Echtes über sie zu sagen. Also etwas, das sie als Person esonders und glaubwürdig macht. Zum Beispiel meinem Vater. Wie wichtig er auch mit seinen 88 Jahren für andere noch ist, weil er so warmherzig und ehrlich mit Menschen spricht dass sie ihm vertrauen. Oder meinem jungen Kollegen in der Schule. Weil er mit den Kindern so aufrichtig umgeht, dass sie sich ernst genommen fühlen.

Der Segen meines Großvaters" von Rachel Naomi Remen aus "Der andere Advent 2013"

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37137
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