Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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01DEZ2022
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Heute geht’s los: Heute darf ich das erste Türchen am Adventskalender öffnen. Genauer gesagt: an den drei Adventskalendern. Ich gebe zu: Ich bin bei Adventskalendern ein bisschen unmäßig. Ich habe seit Jahren drei. Einen mit Schokoladentäfelchen, wie früher als Kind, einen mit Texten und Bildern und einen selbstgebastelten von einer Freundin. Und ich freu mich sehr drauf, die jetzt jeden Tag zu öffnen und zu genießen, meistens: einen morgens, einen mittags, einen abends.

Letzte Woche hab ich wegen meiner drei Adventskalender fast ein etwas schlechtes Gewissen bekommen. Eine Freundin meinte kritisch: Das mit den Adventskalendern nimmt ja gerade doch etwas überhand. Die vielen Kalender, die es jetzt auch für Erwachsene gibt, teuer und mit allem Möglichen gefüllt – das ist ja fast schon wie Weihnachten, können die Leute denn nicht mehr warten? Stimmt, dachte ich, auch mir ist das Warten wichtig. Eigentlich ist das ja genau der Advent: warten auf Weihnachten, sich vorbereiten aufs Fest.

Und trotzdem: Ich finde, ich darf mir dieses Warten auch versüßen. Es ist einfach wunderbar, mich jeden Tag auf Kleinigkeiten freuen zu können. Gerade in dunklen Winter- und Krisenzeiten tut mir das gut. Und religiös begründen kann ich meine Kalender-Freude auch: Jeder Tag ist wichtig, auch für Gott, jeden Tag darf ich nutzen und genießen. Es gibt einen wunderbaren Satz dazu in der Bibel, im Buch Jesus Sirach, Papst Franziskus zitiert den auch gerne: „Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages!“ (Sir 14,14 / „Evangelii Gaudium“ Nr. 4).

Das ist eine wunderbare Aufforderung, finde ich. Das Glück des heutigen Tages – es gibt also jeden Tag ein Glück. Und: Ich muss es mir nicht versagen. Ich soll es wahrnehmen und genießen. Nicht zuletzt: Weil auch Gott möchte, dass ich glücklich bin. Selbst, wenn ich Sorgen habe oder auf ein größeres Glück noch warte – es gibt bestimmt auch heute etwas, was mir Freude bereiten kann. Für mich ist das auf jeden Fall schon mal: der Adventskalender mit dem ersten Bild oder dem ersten Stück Schokolade.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36622
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