SWR1 3vor8

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25DEZ2022
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Alle Jahre wieder treffe ich mich heute Abend mit meiner Familie und meinen Geschwistern zum Familienfestessen. Dieses Jahr ist mir das besonders wichtig. Heute Abend möchte spüren, dass wir zusammengehören. Vielleicht geht Ihnen das ähnlich.

Mir ist mein kleiner Bruder in den Sinn gekommen, der vor Jahren sehr um dieses Gefühl der Zugehörigkeit gekämpft hat. Er ist der jüngste von uns fünf Geschwistern und ein wirklicher Nachzügler. Wir Älteren waren schon außer Haus, als er in die KiTa kam. Alle seine Freunde dort hatten Geschwister, die auch Kinder waren und mit denen sie als Familie zusammengewohnt haben. Für meinen Bruder war das ganz anders: Wir, seine Brüder und Schwestern, kamen eigentlich nur zu Besuch. Das scheint ihn in seiner Seele sehr beschäftigt zu haben.

Wie gehörte er denn zu uns? Gehörte er überhaupt richtig dazu?

Als wir damals zum Weihnachtsfest alle mal wieder zu Hause zusammen waren, hatte er eine Antwort für sich gefunden. Mit seiner hohen Kinderstimme verkündete er: „Ihr seid schon immer meine Geschwister gewesen, auch als ich noch nicht geboren war.“

Immer habe ich diese geniale Lösung bewundert, die er in seiner Not gefunden hatte. Was für ein schöner Gedanke! Er hat schon immer dazugehört, war schon immer da, lange bevor er tatsächlich auf die Welt gekommen ist.

Auch für Jesus gibt es diese Vorstellung, dass er schon immer da war. Sie steht in der Bibel und wird heute am Morgen nach Heiligabend in den Festgottesdiensten gefeiert.

Wie jeder Mensch ist Jesus an einem bestimmten Tag geboren, aber die an ihn glauben, haben früh gesagt: Er hat schon vor seiner irdischen Geburt immer existiert. Er ist schon immer Gottes Sohn und immer schon in der Welt gewesen, und wir sind verbunden in ihm.

Dieses Gefühl, in ihm verbunden zu sein ist sehr kostbar. Es macht stark. Gerade jetzt, wo unser globales Dorf auseinander zu driften und in furchtbaren Konflikten zu zersplittern droht.

Da setzt Weihnachten zu einer Gegenbewegung an. Das Fest sammelt. Erst richtet es unsere Aufmerksamkeit auf die kleine Notunterkunft in Bethlehem, in der Jesus zur Welt gekommen ist. Und von da aus weiter auf die ganze Welt, in der Menschen sagen: Wir sind in Christus verbunden, ganz egal wo, und über alle Zeiten hinweg.  

Hoffentlich erleben wir uns heute so und hoffentlich können wir es morgen wirksam zeigen.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben einen frohen ersten Feiertag!

Kol 2,3.6-10

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36550
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