Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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12NOV2022
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Neulich hat mir ein alter Freund eröffnet, dass er sich von seiner Frau getrennt hat. Nach einem Vierteljahrhundert Ehe. Ich war geschockt. „Die beiden sind doch so ein gutes Team“, habe ich bei mir gedacht. Nie kam von ihm ein böses Wort über sie. Und ich denke bei mir: „Ja, ist da denn nichts mehr zu machen?“ Die Frage verkneife ich mir, doch da erzählt er bereits, was sie alles unternommen haben, um ihre Ehe zu retten.

Als Christin schaue ich darauf, was Jesus zu einem Thema gesagt hat. Jesus hat sich längst nicht zu allen Themen geäußert, die heute relevant sind. Doch zum Thema Scheidung gibt es tatsächlich Aussagen von ihm.

Für Jesus ist die Ehe eine gute Gabe Gottes bis zum Tod, und er ist gegen Scheidungen. Für ihn sind sie nur dann ein Ausweg, wenn Eheleute laufend aneinander schuldig werden. Als Beispiel bringt er, dass ein Ehepartner den anderen ständig sexuell betrügt. Jesus ist daran gelegen, dass Ehepaare ihre Beziehung liebevoll gestalten und Verständnis füreinander aufbringen. Zu seiner Zeit waren Scheidungen an der Tagesordnung. Und sie waren oft unfair für die Frauen. Ja, das ist es heute auch noch, würden manche sagen.  Damals hat es manchmal nicht viel gebraucht, dass ein Mann die Scheidung eingereicht hat. So hat zum Beispiel der bekannte Rabbi Hillel, ein Zeitgenosse Jesu entschieden: „Wenn eine Frau das Essen anbrennen lässt, kann das ein Scheidungsgrund sein.“ 

Jesus hat da bewusst einen Gegenpunkt gesetzt. Für ihn hat die Ehe einen hohen Stellenwert, und wer sie leichtfertig aufgibt, macht sich schuldig. Zugleich war Jesus bewusst, dass wir noch nicht in einer perfekten Welt leben und Menschen deshalb auf die eine oder andere Weise Schuld auf sich laden.

Ich möchte dazu beitragen, dass Ehen gelingen. Sei es meine eigene oder die von anderen. Wichtig ist, dass genug Zeit zum Austausch da ist. Wichtig finde ich auch, dass jeder Partner eigene Interessen pflegt. Denn Menschen sind verschieden. Der eine braucht viel Ruhe, - die andere Party. Und zugleich braucht es Gemeinsamkeiten. Es braucht Themen, für die sich beide begeistern und die sie zusammenschweißen.

Ja, und selbst dann gibt es keine Garantie, dass die Ehe hält. Das ist mir bewusst. Deshalb habe ich auf meinem Fensterbrett ein gerahmtes Foto meines Mannes in jungen Jahren, mit dem Bibel-Vers: „Erbarme dich unser, Gott, und lasse uns zusammen alt werden.“ 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36500
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