SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

26SEP2022
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Jetzt gleich, wenn diese Abendgedanken vorbei sind, kommen wie immer Nachrichten: Klimakrise, Inflation, Krieg. Richtig schwer fühlt sich das an. Alles scheint schlimm und im Katastrophenmodus zu sein. Und ich fühle mich hilflos.

 

Gut, dass ich eine App für mein Smartphone gefunden habe, die mir mit den schlechten Nachrichten hilft. Sie heißt „Good News“ – auf Deutsch: „Gute Nachrichten“. Die App schickt mir jeden Abend eine Handvoll gute Nachrichten aufs Handy: Zum Beispiel, dass in Indien heute viel mehr Menschen Zugang zu einer Wasserleitung haben als noch vor wenigen Jahren. Dass Aktivistinnen in Kabul eine Bibliothek für Frauen eröffnet haben oder dass sich die Korallen vor der australischen Küste erholen.

Das sind alles Schlagzeilen, die es oft nicht in die 19 Uhr Nachrichten schaffen oder die ich in der Zeitung überlese. Psychologen können erklären, warum das so ist. Unser Gehirn reagiert auf schlechte Nachrichten stärker als auf gute. Das hat sich über viele Jahrtausende so entwickelt. Und das war in früheren Zeiten ja auch sinnvoll, um zu überleben: Die Nachricht, dass ein gefährliches Tier vor der Höhle sitzt, war damals wichtiger , als die Information, dass es gerade einen schönen Sonnenuntergang gibt. Das hat sich tief in uns Menschen eingeprägt und die schlechten Informationen bleiben eher hängen als die guten. Heute ist das problematisch: Weil wir alle halbe Stunde Nachrichten hören können, ist unser Hirn dauernd gefordert, wenn es ständig mit was Neuem Dramatischen konfrontiert ist.

Und deshalb helfen mir die „Good News“. Natürlich ist die App kein Ersatz dafür, dass ich Zeitung lese oder Nachrichten höre. Ich bin froh, dass es gute Journalistinnen gibt, die recherchieren, die vor Ort sind und auch dann berichten, wenn die Lage kritisch ist. Doch die „Good News“ schaffen bei mir einen kleinen Ausgleich und machen deutlich, dass auch diese guten Nachrichten wichtig sind.

So schaue ich positiver auf die Welt und auf mein Leben. Denn auch dort fallen mir schlechte Dinge stärker auf als gute. Aber auch in meinem nahen Umfeld gibt es ja vieles, was gut und schön ist. Wie es meinen Kindern gefallen hat, dieses Jahr das erste Mal im Meer zu schwimmen. Wenn mir beruflich was gelungen ist. Oder wie lecker ein Teller dampfende Kürbissuppe schmeckt.

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