SWR1 3vor8

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Generationengerechtigkeit

Im April vor einem Jahr haben Klimaschützer einen großen Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht gefeiert. Es sind vor allem junge Leute gewesen, die Beschwerde dagegen eingelegt haben, dass die Aufgabe der Emissionsminderung in ihre Zukunft vertagt wird. Jetzt wird CO2 verbraucht, wirksam dagegen angehen soll aber erst die nächste Generation. Das ist ungerecht.

Dem hat das BVG stattgegeben und Nachbesserungen am Klimaschutzgesetz verlangt. Bis zum Jahr 2030 darf nur noch eine begrenzte Menge CO2 verbraucht werden, sonst bleibt den Menschen morgen kein Spielraum mehr. Das ist doch logisch, oder? Und doch musste es von mutigen jungen Leuten vor Gericht eingeklagt werden.

Die Erfahrung, dass Kinder an falschen Entscheidungen und der Lebensweise ihrer Eltern schwer tragen, ist uralt. Sie ist im ersten Teil der Bibel sogar Sprichwort geworden:

Die Väter haben saure Trauben gegessen, den Kindern aber sind die Zähne stumpf geworden. (Hes 18,2)

Heute wird in den evangelischen Gottesdiensten dieses bittere Sprichwort bedacht.

Unsere Generation hat immer weiter fossile Energien ins Wirtschaftswachstum gesteckt. Von diesen sauren Trauben konnten wir die Finger nicht lassen. Unseren Kindern werden die Zähne stumpf.

Sie werden mit Überschwemmungen, Waldbränden, Artensterben und Flüchtlingswellen leben müssen.   

In der Bibel erhebt der Prophet Hesekiel Einspruch: Dass die einen ausbaden, was die anderen angerichtet haben, ist nicht akzeptabel! Nach Gottes Willen soll jeder Mensch selbst verantwortlich sein für sein Tun und auch die Folgen dafür tragen. Das bedeutet, dass Eltern ihr Leben und Handeln prüfen, es wenn nötig ändern, und wenn sie Schaden verursacht haben, sich in einem umfassenden Sinn ehrlich um Entschädigung bemühen.

Aber auch ihre Kinder sind gefordert: sie müssen entscheiden, wie sie mit dem Erbe ihrer Vorfahren umgehen. Denn auch sie selbst werden Eltern, die keine sauren Trauben essen wollen, die ihren Kindern den Appetit am Leben verderben.

Ich glaube, dass so ein verhängnisvoller Generationenzusammenhang nur gemeinsam unterbrochen werden kann. Deshalb hoffe ich sehr, dass Eltern und Kinder an einem Tisch bleiben. Wir brauchen einander dringend, um Ideen zu entwickeln, was jeder und jede jetzt konkret tun kann, um in den Augen der Enkel zu bestehen.

Jeder ist für sein Tun und Handeln verantwortlich und auch haftbar. Manchmal braucht es dazu eine wirksame Erinnerung, sei es aus der Bibel oder vom Bundesverfassungsgericht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35727
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