SWR1 Begegnungen

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29MAI2022
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Hanna Buiting Foto: Lotte Ostermann

Janine Knoop-Bauer trifft Hanna Buiting, Autorin, Journalistin, Worteschmiedin

In ihren meist kurzen Texten geht es um Alltägliches: um ein gemeinsames Essen zum Beispiel oder ein Telefonat mit der besten Freundin. Aber die Journalistin Hanna Buiting hat das Talent, diese alltäglichen Situationen zu öffnen auf eine andere Wirklichkeit hin. Sie schreibt über Gott und Ihren Glauben. Wie ist Sie dazu gekommen?

Ich glaube, ich schreibe einfach darüber, was ich in der Welt wahrnehme und was mich selber bewegt, welche Fragen ich vielleicht an das Leben habe. Und da ich selber christlich geprägt bin … hat sich das so ergeben, dass ich im Schreiben einfach immer wieder auch auf die Frage nach Gott… gekommen bin.

Und dieser Frage geht die 30jährige nach. Ungewöhnlich in einer Welt, die für viele ganz gut ohne Gott auskommt. Sie versteht sich da als Mittlerin.

Ich empfinde mich häufig als Schreibende, auch ein Stück weit als Übersetzerin. Also ich übersetze meine Wahrnehmung der Welt auch ein Stück weit in Worte und dadurch, dass in meiner Biografie wie soll ich sagen, vielleicht immer schon so eine Art Deutungsangebot da war manches als göttlich verstehen zu können, hab ich so den Eindruck, dass sich das einfach natürlicherweise auch in meinem Schreiben widerspiegelt, weil es sich so einwebt in das, wie ich die Welt eben betrachte. Das ist meine Form vielleicht, das Leben zu sehen.

In der christlichen Tradition nennt man Menschen wie sie Zeugen und Zeuginnen. Ohne Menschen, die von Ihrem Glauben schreiben und erzählen, ist das Christentum nicht denkbar. Auch die Bibel besteht zum großen Teil aus Texten, in denen Menschen ihre Erfahrungen mit Gott aufgeschrieben haben.  Ich habe Hanna Buiting gefragt, ob es da ein Lieblingsbuch gibt für sie.

Ich mag schon auch besonders die Psalmen und gar nicht unbedingt so in ihrer Fülle, sondern manchmal reichen finde ich auch schon so einzelne Fragmente nur, die mir ganz viel sagen. … zum Beispiel …. du stellst meine Füße auf weiten Raum. Das finde ich einfach spannend, und das ist tatsächlich mittlerweile auch Teil meiner Arbeit immer wieder: Was heißt das denn für heute? … Also was ist denn ein weiter Raum? Wie würde ich den heute füllen? Und was heißt das, meine Füße dort hinzustellen? Wo stehe ich eigentlich gerade? Wo ist es aber vielleicht auch enger und wo wünsche ich mir mehr Weite?

Hanna Buiting sucht nach dem, was heute noch Bestand hat und Menschen ansprechen kann. Das Schreiben hilft ihr dabei, die Schätze aus den alten Texten zu heben.  

Vielleicht ist das Schreiben für mich vor allem … eine Suche oder ein Schürfen nach Gold, weil ich schon selber häufig die Erfahrung machen durfte: ich weiß ganz häufig nicht, was am Ende dastehen wird. Und dass es dadurch manchmal zu ja so Gold-Momenten kommt, also auf einmal etwas durchschimmert zwischen den Worten, die ich dann zu Papier gebracht habe… und manchmal tritt etwas zutage, was mir sehr wertvoll ist.

Beim Schreiben das erkennen und finden, was wertvoll ist: diese Erfahrung will Hanna Buiting auch anderen ermöglichen.

Hanna Buiting ist Autorin. In Ihren Texten setzt sich die 29jährige mit ihrem Glauben auseinander. Was dabei herauskommt, sind oft kurze Impulse, die zum Nachdenken anregen, mich zum Schmunzeln bringen oder einfach auch trösten. So wie dieser hier:

Müßiggang[1]

Dass du mit mir gehst, Gott. Und Dich zu mir legst. Auch wenn ich mal nichts tue. Dass du Muße hast zu mir. Und meine Muse bist. Mich durch meine Trägheit hindurchträgst. Darum bete ich – vom Bett aus.
Vielleicht liegt die Wirkung ihrer Texte daran, dass immer ganz viel von ihr selbst darin steckt. 

Vor allem wenn ich selber Trost vermisse. Dann suche ich nach Worten, die mir Trost spenden. … Und auch das Lückenhafte, das es natürlich auch in meinem Leben gibt, darin irgendwie einen Halt zu finden. Das ist einfach ein großer Wunsch, den ich selber ans Leben habe. Und da hab ich einfach für mich feststellen können, dass das Schreiben mir sehr dazu dient, da was zu finden. Und häufig ist das zum Beispiel auch etwas, was ich durchaus auch als meine eigene Spiritualität bezeichnen würde, dass ich so im Suchen oder dann auch manchmal Finden von Worten das Gefühl habe, ich komme ja vielleicht einer Quelle näher, aus der ich selber auch schöpfen kann.

Weil sie selbst erfahren hat, wie gut Schreiben tun kann, bietet Hanna Buiting Schreibkurse an.  Mit welchen Erwartungen kommen Menschen zu Ihr?

Viele suchen vor allem nach Inspiration. … Und dann gibt es aber auch Menschen, die mit einer Frage zum Beispiel kommen, die ihnen das Leben vielleicht gerade stellt oder die sie ans Leben haben. Und in meinen Seminaren versuche ich, und das ist auch herausfordernd, diese verschiedenen Motivationen in guter Weise unter einen Hut zu bringen.

Um die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gut begleiten zu können, hat sie sogar eine Ausbildung zur Schreibtherapeutin gemacht. Sie weiß, beim Schreiben können Dinge ans Tageslicht kommen die einen herausfordern – besonders, wenn es um die eigene Lebensgeschichte geht. Dann ist es gut, wenn Sie da sein kann und unterstützen. Aber sie macht auch klar:

Schreiben kann nicht heilen! Das hab ich da vor allem gelernt. … Aber manchmal kann das Schreiben vielleicht ein Hilfsmittel sein, vielleicht ein kleines Tool, was … zu einer Versöhnung auch zum Beispiel mit der eigenen Lebensgeschichte führen kann.

Mich berührt, was Hanna Buiting macht und wie sie es macht: zurückhaltend und unaufdringlich. Sie öffnet Räume und begleitet Menschen – so wirken ihre Texte und so erleben es Menschen in ihren Kursen. Vielleicht liegt das Geheimnis darin, dass sie selbst dabei immer auch Suchende bleibt.

Ich glaube nicht, dass ich Dinge unbedingt besser verstanden habe als andere. So ist es nicht, sondern dass ich durchaus auch meine eigenen Fragen und auch Sehnsüchte und mein eigenes Suchen immer wieder zum Thema mache. Es ist aber eine ganz schöne Erfahrung zu merken, ja, dass andere andocken können, dass ich zum Beispiel gar nicht alleine bin mit diesen Themen, sondern dass die auch andere teilen.

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[1] Hanna Buiting, Möge die nacht mit Dir sein,
Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn 2020, Text für den 6.Juni.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35474
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