Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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12APR2022
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Eigentlich sollte ich jetzt nicht reden. Heute ist Lesetag. Zumindest in den USA: Der D.E.A.R.Day, die Buchstaben stehen für „Drop Everything and Read Day“, übersetzt etwa der „lass alles liegen und lies was“ - Tag. Das gefällt mir, und mehr noch meinem Sohn Till. Kaum konnte er lesen, vor über 20 Jahren, hat er selten was anderes getan. Von Räuber Hotzenplotz zu Herr der Ringe mit allem so dazwischen. Kinderbibel, Sachbücher, Geozeitschriften, Lexika – Fahrpläne. Die Locken im Gesicht, die Nase zwischen Buchseiten. Im Bett, im Zug, auf dem Schulweg, im Laufen. „Tiiill, wo bist du, machst du Hausaufgaben, gehst du dann zum Sport?“ Die Antwort: „Hmh.“ Und weg war der Sohnemann. Meist nicht da, wo er sein sollte.

In ein Buch abtauchen, in Worte und Welten, ist wunderbar und erfrischt den Geist. „Lass alles liegen und lies was.“ Unserem Kleinen, wie vielen andern auch, ist das nie schwergefallen. Kein Wunder, dass die Idee auch von Kindern stammt und von einer Kinderbuchautorin: Beverly Cleary. Zu ihrem 90. Geburtstag, am 12. April 2006, gab es den ersten D.E.A.R.Day.

Zumindest in Amerika gilt heute: Mal kurz alles fallenlassen, sich hinsetzen und lesen. Science-Fiction, Krimi oder Liebesroman. Oder die Bibel, das Buch der Bücher, das von fast jedem Genre was hat. „Viel Lesen macht nicht gelehrt, aber Gutes oft lesen …“, schreibt Martin Luther. Der Reformator hat täglich Bibel gelesen, bestimmte Stellen immer wieder und manche Bücher x-mal.

 „Ej, da steht der alte Hotzenplotz noch“, ruft Till bei einem Besuch dieser Tage, langt mitten im Gespräch hinter sich ins Regal, blättert und grinst in sich hinein. „Ähm, sprichst du noch mit mir?“ „Hhm.“ Ich seh ihn an, den Großen mit dem zerlesenen Kinderbuch, samt Teeflecken und Eselsohren und denke, so muss das. Bücherliebe halt.

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