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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

08FEB2023
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Unsere Gemeinde hat zu einer „Abrissparty“ eingeladen. Das Pfarrheim ist alt. Es kann nicht mehr renoviert werden, weil das Geld dazu fehlt. Alle konnten ein letztes Mal in „ihrem“ Pfarrheim sein und sich verabschieden. Beinahe wie von einem geliebten Menschen, der im Sterben liegt.

Eine ältere Dame hat ein Gedicht vorgetragen. Es war an das Pfarrheim gerichtet. Fast wie eine Trauerrede. Sie sprach davon, was das Gebäude alles erlebt hatte. Sie beschrieb das bunte Gemeindeleben. Feste, Hochzeiten, Fasching oder auch das Kaffeetrinken nach einer Beerdigung. Und sie sprach auch über die Trauer, dass es das alles jetzt nicht mehr gibt. Und dann sagte sie: „Warum sollte es dir, Pfarrheim, anders gehen als uns? Auch wir sind nicht ewig auf der Erde. Aber danach kommt noch was. Nach jedem Ende kommt auch der Anfang von etwas Neuem.“ Damit hat die Frau uns den Blick geweitet. Wo das Pfarrheim steht, wird bald ein Neubau errichtet mit vielen Wohnungen. Und auch mit einem kleinen Saal, wo wieder Gemeindeleben stattfindet. Wo zusammen gelacht, gefeiert und Leben geteilt wird.

Das Gedicht der Frau hat die etwas trübe Stimmung an diesem Abend aufgehellt. Und mich gut gestimmt für die Zukunft: Wo etwas zu Ende geht, bietet sich immer die Chance zu einem neuen Beginn. Auch in meinem eigenen Leben: Wenn ich Heimat und Freunde verlassen muss. Oder noch mehr, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Ich darf mir alle Zeit nehmen, die ich brauche, um bewusst Abschied zu nehmen. Darf trauern und weinen. Und wenn ich dann Abschied genommen habe, kann ich ebenso bewusst wieder neu anfangen. Mein Leben kann neu beginnen. Jeden Tag.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

07FEB2023
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Mit Neva haben alle Besucher im Pfarrhaus schon Bekanntschaft gemacht. Wer dorthin kommt, trifft auf sie. Neva ist unser Hund hier im Pfarrhaus. Meine Schritte erkennt Neva sofort. Meine Stimme ist ihr vertraut. Ich gehöre zu ihrem „Rudel“ dazu. Und wenn sie mich hört oder schnuppert, freut sie sich jedes Mal.

Das ist mir besonders aufgefallen, als ich einmal von einer längeren Reise zurückgekommen bin. Neva stand hinter der Haustür und wartete, wer jetzt wohl reinkommt. Als ich aufsperrte und eintrat, gab es ein großes Hallo. Sie drehte sich im Kreis und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. So, als wollte sie sagen: „Ich freue mich, dass Du wieder da bist, herzlich willkommen!!“. Ich habe mich gefreut über eine solche Begrüßung. Weil sie ganz ehrlich und unmittelbar war. Neva hat mir kein Theater vorgespielt, nicht so getan «als ob». Es war ehrliche, pure Freude ohne jeden Beigeschmack. Neva ist einfach, wie sie ist. Sie ist „sie selbst“.

«Ich selbst sein». Das kann im Alltag ganz schön schwerfallen. Vielleicht, weil ich das Gefühl habe, eine Rolle spielen zu müssen. Oder weil ich denke: „Was muss ich jetzt tun, damit ich meinen Chef zufriedenstelle?“. Oft bin ich dann gar nicht bei mir selbst.

Vor Gott muss ich kein Theater spielen. Ich darf so sein, wie ich bin. Jesus sagt: „Werdet wie die Kinder“. So ehrlich und unverstellt. Und wenn ich ganz bei mir selbst sein kann, dann macht mich das glücklich. Weil ich mir kein Theater vorspielen muss und auch nicht meinen Mitmenschen. Ich darf der sein, der ich bin. Einfach ich selbst. Unser Hund Neva erinnert mich immer wieder daran.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

06FEB2023
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Vor ein paar Wochen war ich in einem kleinen Lokal in unserer Stadt. Die beiden Kellner hatten viel zu tun. Beide waren ausgesprochen freundlich zu den Gästen. Sie nahmen sich sogar die Zeit für ein kleines Schwätzchen an jedem Tisch. So, als würden sie alte Bekannte treffen.

Eine alte Dame kam herein. Gebrechlich und nicht gut zu Fuß. Gleich lief ein Kellner zu ihr und hängte sie am Arm ein. Er führte sie zu ihrem Tisch und scherzte dabei mit ihr. So, wie wenn er gerade einen Spaziergang mit ihr machen würde. Das hat mich sehr beeindruckt. Die Kellner waren für mich in diesem Moment etwas ganz Besonderes. Weil sie das, was sie tun, aus Liebe zu den Menschen machen. Das konnte ich spüren. Ich hatte es ja selbst erlebt, als sie mit mir am Tisch sprachen. „Für uns ist das selbstverständlich!“, sagte der Kellner und lachte. Er hatte sichtbar Freude an seinem Beruf.

Wenn ich meine Arbeit „mit Liebe zu den Menschen“ mache, verändert sich auch meine Perspektive. Ich erinnere mich daran, warum und für wen ich jeden Tag arbeite. Die Menschen, für die ich da bin, spüren das. Sie geben es mir auf ihre Weise zurück. Mit einem Dank oder mit einem freundlichen Lächeln. Und das gibt mir dann wieder Freude für meine tagtägliche  Arbeit.

Zugegeben, die Arbeit immer mit Freude zu machen, fällt auch mir nicht immer leicht. Obwohl ich als Seelsorger immer mit Menschen zu tun habe. Manchmal gibt es halt auch lästige Arbeiten, die zu erledigen sind. Oder unfreundliche Zeitgenossen, die sich nur schwer ertragen lassen. Gerade dann tut es mir gut, mich an das Beispiel der beiden Kellner zu erinnern. „Mit Liebe zu den Menschen“ meine Arbeit tun. Das verändert mich und meine Mitmenschen.

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