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SWR3 Gedanken

24FEB2024
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Seit Neustem nennt mich eine Freundin immer Pfarrerin Lucy. Obwohl ich eigentlich Anna heiße und auch mein Nachname nicht im Entferntesten nach Lucy klingt. Lucy, das ist die rotzfreche Besserwisserin aus der Comic-Clique um Charlie Braun: die Peanuts.

Lucy, das ist die, die nie um eine Antwort verlegen ist und Charlie recht selbstbewusst die Welt erklärt.

Auf die Frage, ob Lucy meint, dass Gott mit ihr zufrieden ist, antwortet sie völlig selbstüberzeugt: „Was bleibt ihm anderes übrig?“

Ich habe diesen Comic gelesen und musste an meine Freundin denken. Die macht sich gerade viel Gedanken darüber, wie sie ein besserer Mensch sein kann. Die kann noch was von Lucy lernen, dachte ich und schickte ihr diesen Comic. Seitdem nennt sich mich Pfarrerin Lucy.

Und auch wenn Lucy rechthaberisch, dominant und zeitweise echt egoistisch ist, finde ich diesen Spitznamen ziemlich cool.

Ich trete zwar nicht, wie Lucy, als Hobby-Psychologin auf, aber als Pfarrerin, sind meine Ratschläge schon manchmal gefragt. Und ich bewundere, wie Lucy Glaubens- und Sinnfragen ganz ohne das ständige Zweifeln beantwortet.

Der Zeichner von den Peanuts und Lucy, Charles M. Schulz hat mal erzählt, Lucy wäre seine sarkastische Seite. Und ich habe das Gefühl Lucy ist alles, was wir uns nie erlauben würden zu sein. Trotzig, motzig, von sich selbst überzeugt, gehässig und gnadenlos ehrlich. Eigenschaften, die wir bei uns selbst eher versuchen im Zaum zu halten. Denn in einer Welt voller Lucys möchte niemand leben.

Trotzdem kommt jetzt mein ungefragter Pfarrerinnen-Lucy-Rat: Seinen Motzgefühlen ab und an freien Lauf zu lassen und sich verhalten, als sei man perfekt und die Welt könne einem nichts anhaben, ist ab und an, etwas, dass wir uns selbst erlauben sollten. Denn es fühlt sich großartig an.

Es grüßt herzlich, Pfarrerin Lucy.

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SWR3 Gedanken

23FEB2024
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Ich stehe im Bestattungswald und muss grinsen. Mitten in einer Beerdigung. Die Beerdigung hatte eigentlich ganz normal begonnen: Es ist die Bestattung einer Frau, die viele liebgehabt haben.

Es ist Januar und kalt. Doch die Bäume formen sich wie eine Kathedrale um uns herum und geben ein Stückchen Wärme und Geborgenheit. Eine schlichte Urne umringt von weißen Blümchen steht vor einem Kreuz. Ein Bild der Toten zeigt sie lachend auf einem Motorrad.

Ich spreche Worte über ihr Leben. Worte aus der Bibel. Wir beten und hören Musik. Und dann soll es zum Grab. Genauer gesagt zu einem Baum im Wald. Dort wird die Urne bestattet.

Der Trauerzug läuft los, tiefer hinein in den Wald. Der Mitarbeiter des Bestatters, ein älterer Herr, trägt die Urne. Wir laufen eine Weile und er hält an einem Baum. Dort ist offensichtlich ein Urnengrab ausgehoben, doch der Sohn der Verstorbenen hält inne: Das ist nicht der ausgewählte Baum. Das ist nicht unser Grab.

Schock beim Urnenträger. Sowas ist ihm noch nie passiert. Er hatte es nicht weiter nachgeprüft, und nun hat er nicht mal die Nummer des richtigen Baumes im Kopf. Trotz Kälte läuft ihm Schweiß die Schläfe hinunter. Er wird rot und schüttelt andauernd den Kopf.

Nach und nach merken alle Beteiligten, dass da was nicht stimmt und hektisch wird im Handy nach der Baumnummer gesucht. Plötzlich fangen alle an, Witzchen zu reißen. Es ist eine gelöste - fast heitere Stimmung. Wir laufen mehr als 20 Minuten durch den Wald – lange in die völlig falsche Richtung. Und es ist irgendwie lustig. Auch der Bestattungsmitarbeiter entspannt sich irgendwann. Und dann tatsächlich: wir finden den Berg-Ahorn für die Urne. Die Menschen, die vorher noch mit hängenden Gesichtern am Andachtsplatz standen, haben jetzt alle ein Lächeln im Gesicht. Und ich auch.

Und ich mag mir vorstellen und glauben, dass die Verstorbene im Himmel, beim Anblick unserer Grab-Schnitzeljagd herzlich gelacht hat. Sie, mit uns zusammen. Das tat gut.

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SWR3 Gedanken

22FEB2024
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„Gott ist tot!“, ruft der Zweitklässler Samuel laut in den Klassenraum. 
„Huch“, denke ich. Wo kommt das plötzlich her? Ich bezweifle, dass Samuel den Philosophen Nietzsche kennt. Der hat das mal gesagt: „Gott ist tot“

Wie kommt mein 2. Klässler also da drauf?

„Gott ist tot!“ Samuel wiederholt vehement seine Aussage und ich bin gespannt auf seine Erklärung. „Ja, Gott ist doch im Himmel! Also ist er tot. Denn alle Toten sind im Himmel.“

Um ihn herum kräftiges bejahendes Nicken der anderen Kinder. Es scheint sie für alle vollkommen logisch.

Nur Lisa meldet sich und sagt: „Meine Mama hat gesagt, meine Oma ist im Himmel und lebt jetzt mit Gott und Jesus da oben.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu. „Also ist meine Oma nicht richtig tot und Gott auch nicht. Sie leben im Himmel“

Schweigen. Jetzt sind alle irgendwie ratlos. Ist Gott nun tot oder lebendig? Und was hat Jesus nochmal damit zu tun?

So sieht eine typische Reli-Stunde aus. Das eigentliche Thema ist vergessen und ich befinde mich mit meinen Schülern mitten in einer spannenden theologischen Fragestellung. Ich liebe das!

Und habe besonders in diesen Situationen den Eindruck: Die Kinder nutzen den Reli-Unterricht, um eigenen Fragen nachzugehen.

Gegner des christlichen Reli Unterrichts behaupten ja, er würde die Kinder manipulieren und ihnen den Glauben aufzwingen.

Ich bin vom Gegenteil überzeugt. In Reli lernen die Kinder logische Schlüsse zu ziehen, aus dem, was sie von Erwachsenen über Gott gehört haben. Das zeigt das Beispiel von Samuel und Lisa:  Sie zweifeln. Sie stellen in Frage. Sie glauben nicht alles und sie denken selbst. In Reli ist der Ort für die großen Sinn-Fragen, die alle Menschen haben. Wie schön, dass unsere Kinder Raum und Recht bekommen, ihre Fragen zu stellen. Und ich dabei sein darf, wenn sie Antworten suchen.

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SWR3 Gedanken

21FEB2024
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Es ist zum verrückt werden: jedes Mal, wenn ich eine längere Pause habe - also Urlaub oder ein verlängertes Wochenende und ich dann wieder zu arbeiten anfange, habe ich das Gefühl: Ich kann nix mehr! Gar nix!

In mir schreit es laut: Ich bin völlig ungeeignet für diesen Job. Die Leute werden mich bald alle als Hochstaplerin entlarven. Mein Examen habe ich nur mit sehr viel Glück bestanden und im Grunde habe ich keine Ahnung, von dem was ich da täglich tue. Hilfe – ich bin eine Mogelpackung!

Als ich das einer Freundin anvertraue, weiß sie sofort, wovon ich spreche. „Ich habe das auch! Und vielen anderen Menschen geht es genauso.“ Sie erklärt mir, dass dieses Gefühl sogar einen Namen hat: Imposter-Syndrom. So heißt es, wenn man, entgegen allen Fakten, nicht an die eigenen Fähigkeiten und Erfolge glaubt und denkt alles sei unverdient. Andere viel begabter als man selbst.

Aha. Imposter-Syndrom also. Und wie sollte ich jetzt damit umgehen?
Meine Freundin, die sich schon länger mit der Thematik auseinandergesetzt hatte, hat ein paar Tipps parat, wie sie das handhabt, wenn das Hochstaplersyndrom so richtig reinkickt:

Und zwar, hängt sie besonders positive Rückmeldungen in Emails oder Briefen, an den Kühlschrank oder die Büro- Pinnwand. So kann sie sich das Lob für ihre gute Arbeit immer wieder vor Augen führen.

Außerdem redet sie mit anderen über ihre Angst, nicht zu genügen. Denn dabei stellt sie fest, dass sie mit dieser Angst nicht alleine ist.

Sie vermeidet es sich zu vergleichen und wenn sie etwas erfolgreich abgeschlossen hat, dann feiert sie sich selbst ganz bewusst.

„Und weißt du, was mir am meisten hilft?", erzählt sie mir weiter, „dass ich im Innersten weiß, mein Wert bei Gott, hängt nicht von meinen Leistungen ab. Gott misst anders als wir Menschen. Bei ihm gibt es weder Hoch – noch Tiefstapler, nur Menschen, die er lieb hat!“

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SWR3 Gedanken

20FEB2024
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Eine Freundin von mir postet neuerdings alles, was sie Gott sagen will in den sozialen Medien.

Katja erzählt Gott von ihrem Tag, ihren Sorgen und das, was sie an der Arbeitskollegin nervt. Sie macht Witze, ist oft sarkastisch und stellt schonungslose Fragen. Sie dankt Gott für Schwarzwälder Kirschtorte und fragt sich, ob Gott wohl am 8. Tag Staub wischen musste.

Und was ich lieb: Sie nennt Gott immer: Großer.
„Großer, ich hab Dir was zu sagen.“
„Großer, das ist doch nicht Dein Ernst?!“ So, oder ähnlich, fangen ihre Gott-Gespräche an.

Am Anfang hab ich mich ein wenig über diese Anrede gewundert – aber sie erklärte mir, dass sie aufgrund des Kirchenlieds: „Großer Gott wir loben Dich“, als Kind immer davon ausgegangen war: Großer sei der Vorname Gottes. Großer Gott - So wie Karel Gott.

Mit Gott gesprochen hat sie schon immer, sagt sie. Mindestens dreimal am Tag. Und als sie bei einer Pfarrerin auf Insta sah, dass diese jeden Abend einen Segen als Gespräch postete, war sie überrascht, dass es noch jemanden gab, der ohne festgefahrene Gebetsregeln mit Gott sprach. So entstand dieses Ritual. Und ich freue mich, dass sie mich und viele andere dran teilhaben lässt.

Ihre Worte sind so voller Vertrauen. Sie spricht Gott ganz persönlich an – Kein klassisches: Herr oder Vater. Nah und trotzdem nicht distanzlos. Auch nicht respektlos. Wie eine echte Freundin, die sich nicht verstellen muss. Sie lässt all ihre Gefühle raus. Da ist kein Anstands - oder „benimm Dich“ - Filter. Stattdessen eine Intimität, die mich anrührt und mir sehr gefällt.

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SWR3 Gedanken

19FEB2024
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Da ist sie wieder: Frau Morgen- Panik!
Oh, ich mag sie gar nicht, diese nicht eingeladene Gästin, die gerne morgens zwischen 4 und 6 unter meine Bettdecke kriecht und sich auf meine Brust legt. Da macht sie es sich bequem und sorgt für Herzrasen und Chaos im Kopf. Plötzlich ist alles schlimm. Mein Leben ein einziges unlösbares Problem. Kleinigkeiten werden riesig. Ich bekomme kaum noch Luft. Es gibt nur noch Kummer und Sorgen - keine Hoffnung.
Frau Morgen-Panik begleitet mich schon seit ich Kind bin. Genauer gesagt, seit ich zur Schule gehe. Und sie verschwindet immer erst dann, wenn ich aufstehe. Lustig, denn genau vor dem Aufstehen und Leben habe ich ja so schreckliche Angst.

Frau Morgen -Panik ist ne echte Nervensäge und das Schlimme ist: Sie hat Geschwister. Andere haben mir erzählt, sie kennen noch Herrn Abend-Sorge und die Nacht-Hexe. Unangenehme Gestalten. Doch, es gibt Wege mit ihnen zurechtzukommen.

Bei mir hat es mehr als mein halbes Leben gedauert, bis ich gelernt hatte mit Frau Morgen-Panik umzugehen. Heute hat sie kaum noch Macht über mich. Ich weiß, wie ich sie austricksen kann. Deswegen bin ich bin seit vielen Jahren Frühaufsteherin, denn ich weiß außerhalb des Bettes, hat sie nur noch wenig zu sagen. Ihre Kraft kommt aus der Dunkelheit. Sobald ich Licht mache, mich bewege und Musik anstelle, ist sie weg. Ist ihr dann wohl zu anstrengend.

Außerdem habe ich mir morgens angewöhnt, Gott darüber zu informieren, dass ich jetzt wach bin und dringend seine Unterstützung brauche. Dann suche ich ein kleines Etwas, über das ich mich freuen kann.
Das kann das Katzenschmatzen meiner Haustiger sein oder der Anblick meines lieblings-schiefen Baumes. Manchmal einfach nur der warme Kaffee. Total banal. Aber mir hilfts. Ja, mir hilfts ein Bild von meiner schmatzenden Katze zu machen und es in meinen Status zu stellen. „Katzenschmatzen am Morgen, vertreibt Kummer und Sorgen!“ Total albern. Aber wirksam.

Es ist ein antrainierter Optimismus, der nach und nach zu echtem Optimismus wurde. Frau Morgenpanik schaut immer noch regelmäßig vorbei. Aber ich nehm mir nicht mehr so viel Zeit für sie.

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SWR3 Gedanken

18FEB2024
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Ciara war nicht so recht zufrieden und glücklich mit sich und der Welt. Denn sie hat es nicht so ganz einfach gehabt in der Schule. Ich lernte Chiara kennen, als ich Ihre Reli-Lehrerin war.

Im Reli Unterricht war sie ganz anders. Nicht unzufrieden, sondern mit Begeisterung und Leidenschaft bei der Sache. Jede Bibelgeschichte sog sie in sich auf und konnte alles nacherzählen. Am meisten mochte sie die Geschichten von Jesus.

Eines Tages klingelte es bei mir am Pfarrhaus und Ciara stand vor der Tür. „Frau Schimmel, ich will getauft werden. Sie müssen mich taufen!“ Ich fand die Idee sehr schön und erklärte ihr, dass wir erst noch mit ihrer Mutter sprechen müssten. Dann schickte ich sie weg.

Doch Ciara konnte es nicht schnell genug gehen. In jeder Relistunde stand sie an meinem Pult und fragte: „Wann machen wir das mit der Taufe“ und klingelte noch einige Male am Pfarrhaus.

Und dann war es so weit: An einem sonnigen Juli-Tag stand ich mit Ciara und ihrer Familie im See. Ciara stand kerzengerade vor mir. Sie blickte mir direkt in die Augen.

Ich nahm dreimal Wasser aus dem See und taufte sie im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ich zeichnete ihr mit dem Taufwasser ein Kreuz auf die Stirn. Ciara antwortete mir mit ihrem Taufspruch aus Psalm 139, den sie selbst ausgewählt hatte: „Ich danke Dir Gott, dass ich wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind Deine Werke. Das erkennt meine Seele.“

Nie habe ich einen Menschen würdevoller dastehen sehen als Ciara an diesem Morgen im See. Himmelselig stand sie da. Es war, als hätte sich dieser Satz wie Goldglanz auf sie gelegt. Als stünde es jetzt mit Glitzer auf ihrer Stirn. „Ich bin wunderbar – wunderbar gemacht“.

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SWR3 Gedanken

04NOV2023
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Siegfried und Joy. Ja richtig gehört, Joy und nicht Roy. Siegfried und Joy sind zwei besondere Magier, die entweder im lila Flauschanzug oder einer goldglitzer-Leo-Kombi und Sternchensonnenbrillen die sozialen Medien mit ihrer Zauberkunst, durchfluten!

In ihren Videos tauchen sie überall auf. Im Straßenverkehr. Vor dem Supermarkt. Auf dem Trocadero in Paris. Vor einem Polizeiauto in Berlin. Auf Spielplätzen und vor Straßencafés. Mit einem großen goldenen Tuch, kitschiger Céline Dion Musik und dramatischen Gesten lassen sie Menschen, Dinge und sogar U-Bahnen verschwinden!

Und es ist urkomisch! Denn verschwunden ist eigentlich ganz und gar nichts.

Wenn Sie zum Beispiel eine Gruppe Kinder verschwinden lassen wollen, spannen Sie das Tuch so lange vor den Kindern und lassen es dramatisch vibrieren, bis sich alle versteckt haben. Dann fällt das Tuch – und man sieht oft noch ein Kind hinter eine Mauer krabbeln oder in eine Mülltonne springen.

Aber von wegen: Missglückter Trick! Diese Magie ist anders. Es ist eine Magie, bei der alle mitmachen können. Egal ob alt oder jung – hier kann und darf jeder der Star sein. Es ist die Magie der Selbstironie und der Spaß an der Freude.

Der eigentliche Trick geschieht nicht hinter dem goldenen Vorhang, sondern davor: beim überraschten Fußgänger, der sich sein Lachen kaum noch verkneifen kann!

Eine wundersame Verwandlung! Siegfried und Joy zaubern Menschen im Alltag Freude ins Gesicht, und ich denke, das ist eine ganz und gar heilige Aufgabe.

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SWR3 Gedanken

03NOV2023
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Katzen, Umweltschutz, Psychologie und Glaubensthemen, das ist meine Bubble, meine Filterblase, in der ich mich im Internet vor allem bewege. Und die Algorithmen im Netz unterstützen das – sie zeigen vor allem das an, was mich eh schon interessiert.

In meiner Filter-Bubble ist es gemütlich. Die Menschen dort teilen meine Meinung. Ich muss nicht groß streiten und diskutieren.

Wie ein Echo höre und sehe ich immer nur wieder das, was ich eh schon weiß, mag und richtig finde.

Nur ab und an werde ich gestört. Auf Facebook zum Beispiel, da sind eine Menge Menschen in meiner Freundesliste – auch solche, die ich kaum kenne. Und plötzlich tauchen da unangenehme Postings auf. Populistisch, frauenfeindlich oder rassistisch. Und jedes Mal denke ich: Stopp, die Person ent-freunde ich! Sofort! Dann muss ich das nicht mehr sehen. Dann ist das für mich keine Realität, und ich kann mich weiter an Katzenvideos meiner eigenen Bubble erfreuen.

Doch tief in meinem Inneren weiß ich: Das ist nicht ok. Abschottung und Scheuklappen aufsetzen ist keine Lösung für eine Welt, in der wir uns doch so sehnlich nach Frieden sehnen.

Ich brauche also ein Vorbild, um meine Filter-Bubbles zum Platzen zu bringen. Und das ist Jesus. Er ist nie den bequemen Weg gegangen. Jesus hat keinen Unterschied zwischen Feind und Freund gemacht – hat respektvoll und auf Augenhöhe zugehört und mit Leuten gegessen und geredet, die ganz anders waren und auch andere Werte vertraten als er.

Ich möchte eine Bubble-Crusherin werden. Ich muss allerdings den Mut haben, den anderen in ihre Bubbles zu gucken. Ich muss versuchen, zu verstehen. Ich muss aushalten. Geduldig sein und mich Debatten und Diskussionen stellen. Das ist eine echte Herausforderung. Doch ich nehme sie an.

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SWR3 Gedanken

02NOV2023
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Popp – Ich sitze am PC. Recherchiere auf Google etwas zum Thema Haare färben, als plötzlich ein Pop-up auftaucht. Ein Fenster erscheint, unerwartet über die von mir ausgewählte Internetseite. Pop-ups sind in der heutigen digitalen Welt allgegenwärtig – penetrant, aber äußerst wirksam, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Seit ein paar Jahren gibt’s auch analoge Popups: Die Pop-up Church ist Kirche, die plötzlich unvorhergesehen dort auftaucht, wo es niemand erwartet: Mitten im Leben.

Da stehen plötzlich Pfarrerinnen und Pfarrer im Talar auf einem Stand-Up-Paddle auf der Alster, verschenken Cola, stoßen an, werden für einen Junggesellenabschied gehalten und sprechen mit den Menschen über alles und nichts. Es fängt an mit einem ungläubigen „Seid Ihr echt von der Kirche?“ Und endet meist mit herausfordernden Glaubensfragen. Ja, die Pop-Up-Church ist Kirche da, wo Du bist.

Zum Beispiel beim verkaufsoffenen Sonntag: Da läuft dann eine Pfarrerin mit einem Bauchladen voller süßer Himmels-Botschaften durch die Menge und spricht mit den Passanten. Oder auf der Reeperbahn, als sich Kirchenmenschen hingekniet haben, um Leuten die Füße zu waschen!

Beim DOM, dem Hamburger Volksfest, stehen in der Karwoche provokante Fragen auf Pappe: „Hatte Jesus Eier?“ Und „Schon mal über den Tod gelacht?“

Kirche nicht wie sonst: diskret, versteckt hinter hohen Kirchenmauern und großen Predigtfloskeln, sondern öffentlich, auffällig und unerwartet - auch penetrant.

Die Pfarrerinnen und Pfarrer sind nahbar und ansprechbar.

Sie schmieren Hoffnungsbrote mit Kresse oder Honig an U-Bahn-Stationen und reichen warmen Kaffee. Ihr schwarzes oder beiges Kirchen-Outfit signalisiert: ich bin da für Dich. Ich habe Zeit.

Und es funktioniert. Eine Frau traut sich und fragt: „Kann ich das auch haben, diesen Segen?!“ - Klar, kann sie.  Die Leute sind neugierig. Manche erzählen von sich. Von ihrem Leben, ihrem Glauben und von Schicksalsschlägen. Manchmal wird einfach nur gelacht und dann geht man weiter. Vielleicht mit dem Aha-Erlebnis: Kirche war heute da für mich!

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