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SWR4 Sonntagsgedanken

28MRZ2021
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Heute ist der internationale Ehrentag des Unkrauts. Wussten Sie nicht? Macht nichts, ich auch nicht – bis vor kurzem. Es ist kein offizieller Ehrentag der Vereinten Nationen. Ein paar Garten-Blogger im Internet haben ihn 2003 zum ersten Mal ausgerufen. Immerhin hat er es auf die Liste der Gedenktage bei Wikipedia geschafft.

Bei „Ehren-Tag des Unkrauts“ habe ich zunächst gestutzt. Für mich war Unkraut bislang immer etwas, was weg muss. Habe ich doch ein paar unschöne Erfahrungen mit Unkraut. Meine Eltern hatten einen großen Garten hinter unserem Haus. Darin gab es ein Beet mit rund 100 Rosenstöcken. Und dazwischen begannen nach ein paar Jahren die Ackerwinden zu wachsen. Meine Brüder und ich mussten im Sommer fast jeden Samstag mit Lederhandschuhen in dieses Beet und die dornigen Sträucher von den lästigen Ranken befreien.

Tatsächlich ist Unkraut definiert als etwas, das unerwünscht ist. Allerdings spricht man heute nicht mehr so gerne von „Unkraut“, sondern von „Beikraut“ oder von Kulturpflanzenbegleitern. Weil man weiß, dass sie in unser Ökosystem gehören, und dass viele von ihnen auch als Nutzpflanzen oder Heilkräuter dienen. Manche von ihnen haben positive Nebenwirkungen, indem sie Kulturpflanzen vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen. Oder indem sie der Erosion vorbeugen. Kamille, Spitzwegerich und Ackerschachtelhalm sind zudem als Heilpflanzen bekannt.

Warum erzähle ich Ihnen das in einer kirchlichen Sendung am Sonntagmorgen? Weil ich finde, dass diese Beobachtungen ein interessantes Schlaglicht auf ein Gleichnis werfen, das Jesus einmal erzählt. Es ist das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen im Matthäusevangelium, Kapitel 13. Darin beschreibt er einen Bauern, der auf seinem Acker Weizen ausgesät hatte. Eines Nachts hat sein Feind Unkraut zwischen den Weizen gesät. Ein paar Wochen später haben dies die Arbeiter des Bauern bemerkt und ihn gefragt, ob sie das Unkraut ausreißen sollen. Der Bauer aber hat NEIN gesagt, sonst würden sie mit dem Unkraut den Weizen ausreißen. Sie sollten warten bis zur Ernte. Erst dann sollten sie das Unkraut ausreißen, bündeln und verbrennen.

Heute weiß man, dass es sich bei diesem Unkraut um den sogenannten Taumel-Lolch handelte. Das ist ein giftiger Stängel, der in der noch grünen Wachstumsphase dem Weizen zum Verwechseln ähnlich sieht. Er kann Schwindel- und Sehstörungen verursachen und in seltenen Fällen auch zum Tod führen. Allerdings wird er auch als Arzneistoff für Hauterkrankungen und Geschwüre verwendet.

Jesus liefert ein wenig später im gleichen Kapitel die Deutung: Für ihn sind der Weizen die Menschen, die Gott vertrauen, auf ihn hören und ihm folgen. Das Unkraut sind für ihn die bösen Menschen. Er will also nicht die bösen Menschen ausrotten. Er will sie mitsamt den guten wachsen lassen bis zur Ernte.

Ich weiß ja nicht, ob Sie so richtig böse Menschen kennen. In meinem Umfeld gibt es die kaum. Also solche, die es wirklich willentlich böse meinen. Ich kenne ein paar Leute, die nerven mich. Die machen auch das eine oder andere, was ich nicht gut finde. Und manches geht auch wirklich böse aus. Aber bei den meisten von ihnen erahne ich auch ihre guten Seiten.

Nur ein einziges Mal hatte ich ein Erlebnis, das ich wirklich böse fand. Im Urlaub hat mir mal nachts um 12 ein Besoffener in einer menschenleeren Fußgängerzone mit der Faust auf’s Ohr geschlagen. Noch zwei, drei Jahre später ist in mir die Wut hochgekocht, wenn ich an diese Situation dachte. Erst nachdem ich diesem Menschen in meinem Herzen vergeben habe, hat sich die Unruhe in meinem Innern nach und nach gelegt. Heute kann ich ohne Groll an diese Situation denken.

Was mir das Gleichnis von Jesus deutlich macht, ist, dass es nicht an mir ist, darüber zu urteilen, wer gut oder wer böse ist. So klar ist das nämlich garnicht. Es ist so unklar, wie den Taumel-Lolch vom Weizen zu unterscheiden. Außerdem kenne ich mich inzwischen selbst so gut, dass ich weiß, dass das Böse auch in mir schlummert.

Am Ende der Zeiten wird es eine Unterscheidung von guten und bösen Menschen geben. Die Bibel nennt das das Gericht. Aber das nimmt Gott vor und nicht ich. Und das ist auch gut so. Aus drei Gründen: Zum ersten, weil es in Gottes neuer Welt keinen Platz für das Böse gibt, weil dort Vollkommenheit herrscht. Zum zweiten, weil es einen Ort geben muss, an dem das Unrecht nicht bestehen bleibt sondern ausgeglichen wird. Mit nicht ausgeglichener Schuld kann niemand leben. Opfer nicht, aber Täter auch nicht. Auch Gott will nicht, dass das Unrecht auf ewig bestehen bleibt. Und zum dritten, weil ich davon entlastet werde, selber urteilen zu müssen. Ständig zu urteilen vergiftet die Atmosphäre unter uns Menschen und ist auf Dauer für andere schwer erträglich. Nicht urteilen zu müssen hilft mir, gelassener durch’s Leben zu gehen und offener mit Menschen umzugehen. Auch mit denen, die es vermeintlich böse mit mir meinen. Wenn es aber etwas gibt, was wirklich böse war, dann wird Gott am Ende darüber urteilen. Und er wird es gut machen. Darauf vertraue ich.

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SWR4 Abendgedanken

stellen wir uns mal einen Moment vor, wir könnten das Wetter beeinflussen. Die Frage können wir uns heute am Weltwettertag ja mal stellen: Ob das gut wäre, wenn wir Menschen entscheiden könnten, wann wo wie lange die Sonne scheint, wer wann Regen braucht, wie lange es schneit und ob es überhaupt mal irgendwo hageln soll?
Ich habe mit einem Meteorologen über diese Frage gesprochen und der sagte: Das wäre gar nicht gut. Das Wetter sei ein Wirtschaftsfaktor. Und er fürchte, es würde Kriege um das Wetter geben.
Denn welche internationale Organisation sollte das denn entscheiden? Und nach welchen Maßstäben? Und wie viel Macht haben die?
In den Alpen zum Beispiel brauchen sie Schnee. Das ist ein Wirtschaftsfaktor - wegen des Tourismus. Aber wann soll es schneien? Und wie viel? Schnee ist ja immer auch eine Gefahr für den Verkehr.
Und diese kalten, windigen, verregneten, ekligen Herbsttage, die würden wir wohl gleich ganz weglassen.
Bloß: Die Bauern brauchen Regen. Aber wann und wie viel? Wann bei uns und wann in den anderen Ländern?
Ich denke nur an das vergangene Frühjahr, als es so lange nicht geregnet hat. Da haben die Bauern bei uns auf dem Land echt Sorge um ihre Ernten gehabt. Das hätten sie mit dem Regen bestimmt anders geregelt.
Und wann ist Sonne vonnöten? Die ganze Freibadsaison lang? Damit die Städte weniger Miese machen?
Und würden wir so was wie Nebel überhaupt zulassen?
Das sind natürlich alles Spekulationen. Und wir merken, wie schwierig das schon in unseren Breitengraden wäre. Weltweit würde das ja noch komplizierter.
Darum bin ich als Christ froh, dass wir Menschen das Wetter nicht selbst machen können Und ich vertraue auf Gott.
Die Bibel sagt in Psalm 135 (6-7):
Alles, was Gott will, das tut er im Himmel und auf Erden, im Meer und in allen Tiefen;  der die Wolken lässt aufsteigen vom Ende der Erde, der die Blitze samt dem Regen macht, der den Wind herausführt aus seinen Kammern.
Gott ist der Herr über seine Schöpfung, auch über das Wetter. Und ich verstehe längst nicht alles, was sich da tut.
Aber immerhin: Wir Menschen können einander helfen, das schlechte Wetter zu ertragen und die Wetterkatastrophen auch. Wir können einander das Leben hell machen, auch wenn es regnet. Wir können uns auf die Unwetter einigermaßen einrichten und z.B. da bauen, wo es nicht so gefährlich ist. Wir können denen beistehen, die eine Katastrophe trifft.
Dazu möge Gott uns die richtige Einsicht und Phantasie geben.
Mir reicht deshalb die Wettervorhersage zwei, drei Tage voraus. Da kann ich mich dann immer noch auf die unterschiedlichen Gegebenheiten einstellen.

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SWR4 Abendgedanken

Ich liebe das Wasser. Im Sommer gehe ich gerne ins Freibad und schwimme, wenn es geht pro Tag einen Kilometer. In der Winterzeit gehe ich mit meiner Frau gerne in eine Therme. Vor dem Saunieren gehen wir immer noch eine Runde schwimmen. Das leicht salzhaltige Wasser lässt einen so schön schweben. Und wenn wir nach einigen Saunagängen die Therme verlassen, dann haben wir immer eine Flasche Mineralwasser dabei. Das ist erfrischend, daraus zu trinken. Das belebt so richtig von innen.
Jesus spricht einmal vom lebendigen Wasser, dass er uns geben will. Ich weiß, er denkt da an fließendes Wasser im Gegensatz zu stehendem. Aber ich spüre, er meint damit noch viel mehr.
Denn als er einer Frau Wasser gibt, sagt er zu ihr:
Wer von diesem Wasser hier trinkt, bekommt wieder Durst. Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle: Ihr Wasser fließt - bis ins ewige Leben." (Joh 4, 14f - Basisbibel)
Ich habe mir überlegt, was das bedeutet. Und da ist mir eine Erfahrung aus dem letzten Herbst in den Sinn gekommen: Ich habe mich gefühlt wie ein trockener Schwamm. Wie ausgesaugt. Sogar mein Glaube war irgendwie dürr und trocken geworden. Ich hatte immer gegeben und gegeben. Aber anscheinend hatte ich vorher selber nicht genug bekommen.
Also habe ich mich morgens an unseren Esszimmertisch gesetzt, habe eine Flasche Mineralwasser, eine Flasche Apfelsaft und zwei Gläser auf den Tische gestellt. Und ich habe mir vorgestellt, dass mir Jesus wie ein Freund gegenüber sitzt. Ich habe ihm so betenderweise gesagt, dass er mich doch bitte- bildlich ausgedrückt - wieder neu erfrischen soll - wie wenn ich ein Glas Mineralwasser leertrinke.
Und mit der Zeit hat das Beten mir neue innere, geistliche Kraft gegeben. Das Lesen in der Bibel, in der Herrnhuter Losung und einer Auslegung dazu. Das Schweigen. Das Hinhören auf das, was Gott mir vielleicht in meinen Gedanken sagt
Und ich habe etwas von dieser Ewigkeit gespürt, von der Jesus hier spricht. Ich habe gemerkt, wie mein innerer Tank wieder aufgefüllt wurde. Es hat sich angefühlt, wie wenn Wasser durch mich hindurch strömt. Wasser, das mich selber neu belebt, das zu anderen fließt und das mich trägt.
Seitdem will ich von diesem Wasser immer wieder trinken. Und jedes mal wenn ich mich morgens an unseren Esszimmertisch setze und die beiden Gläser vor mich stelle und die Flasche Mineralwasser, dann weiß ich dass Jesus mir dieses Wasser des Lebens geben wird.

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SWR4 Abendgedanken

Heute ist der Welttag der Poesie. Ich mag Gedichte, egal ob sie gereimt sind oder nicht. Sie bringen konzentriert auf den Punkt, was man in Reden weitschweifig erklären müsste. Gedichte lassen Bilder vor meinen Augen entstehen und sie wecken Gefühle. Was mir einer mit nüchternen Worten berichten könnte, geht mir bei Gedichten zu Herzen.
Darum gefallen mir einige Gedichte aus der Bibel sehr. Die Psalmen sind solche Gedichte. Psalm 104 beschreibt passend zum Frühlingsanfang die Schöpfung Gottes:
1 HERR, mein Gott, ... 10 Du lässest Wasser in den Tälern quellen, dass sie zwischen den Bergen dahinfließen,
11 dass alle Tiere des Feldes trinken und das Wild seinen Durst lösche.13 Du feuchtest die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest.
Gott schenkt Fruchtbarkeit in der Natur. Das sagen mitr diese Verse. Das war und ist ja nicht immer so. Da hat es Anbetung von selbstgemachten Fruchtbarkeitsgöttern gegebe. Der Psalmist macht klar, der Schöpfer der Welt ist auch der Schöpfer der Fruchtbarkeit. Und er dichtet weiter:
14 Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, daß du Brot aus der Erde hervorbringst, 15 daß der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz schön werde vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke.
Diese Fruchtbarkeit ist also für uns Menschen gedacht. Gott sorgt dafür, dass  unsere Grundbedürfnisse befriedigt werden. Zum Beispiel eben, dass wir genug zu essen und zu trinken haben.
27  Es warten alle auf dich, dass du ihnen Speise gebest zur rechten Zeit so der Psalm weiter.
28 Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt.
Mir gefällt dieser Psalm, weil er mir deutlich macht, dass alles in meinem Leben Geschenk ist. Gott, mein Schöpfer hat es mir gegeben. Das zeigt mir zum einen, wie abhängig ich von ihm bin - im positiven Sinn - und macht mich zum anderen dankbar. Weil ich weiß, dass Gott mich versorgt, kann ich ihm vertrauen.

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SWR4 Abendgedanken

Ich mag Geschichten. Egal ob kurz oder lang. Hauptsache, sie haben eine gute Pointe. Einen Gedanken, der mich die Welt oder mich selber besser verstehen lässt.
Vielleicht ist es ja sogar so, dass wir überhaupt unser Leben in Geschichten verstehen. Erinnern wir uns an früher, dann erinnern wir uns an Geschichten, an Ereignisse, die uns wichtig geworden sind.
Heute am Weltgeschichtentag habe ich Ihnen eine Kurzgeschichte mitgebracht:
Friedrich von Bodelschwingh erzählt aus seiner Kindheit: „Als im Herbst das Obst reif an den Bäumen im Garten hing, hatte uns der Vater streng verboten, auf die Bäume zu klettern. Wir durften nur von den heruntergefallenen Früchten essen. Aber einmal hatte ich das Verbot doch übertreten und war heimlich auf einen Baum geklettert. Dabei zerriss ich mir unglücklich den Hosenboden. Heimlich schlich ich mich mit einem bösen Gewissen nach Hause. Dabei drehte ich mich immer so geschickt, dass keiner den Schaden entdecken konnte. Nach dem Abendbrot ging ich in mein Zimmer, besah dort erst richtig voll Entsetzen die zerrissene Hose und legte sie zuunterst auf den Stuhl, alle anderen Kleidungsstücke geschickt darüber. Dann kniete ich am Bett nieder, um mein Abendgebet zu sprechen: ‚Lieber Gott, ich bin heute ungehorsam gewesen. Vergib es mir doch und mach, dass morgen früh meine Hose wieder heil ist!' - In diesem Augenblick ging meine Mutter an der Kinderzimmertür vorbei, blieb einen Augenblick stehen und hörte mein Gebet.
Der erwachsene Bodelschwingh kann sich in die Mutter hineinversetzen. Er erzählt weiter: Als ich fest eingeschlafen war, nahm sie die zerrissene Hose und machte sie wieder heil. Dann legte sie die Hose so hin, wie sie unter dem Berg von Kleidern gelegen hatte. - Als ich am nächsten Morgen erwachte, war mein erster Griff nach der Hose. Welch ein Wunder, die Hose war wieder in Ordnung! - Ich weiß noch wie heute, dass dieses Erlebnis, wo Mutter ein Engel gewesen war, meinen Kinderglauben mächtig stärkte."
Ich kann mir vorstellen, wie erleichtert der kleine Junge damals war. Für ihn war klar: da hat Gott eingegriffen. Und das wird ihm geholfen haben, auch zukünftig auf Gott zu vertrauen.
Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen immer wieder einmal solch ein Engel in Ihrem Leben begegnet. Denn darin kommt Ihnen die Liebe und Zuneigung Gottes entgegen. Und wer weiß, vielleicht können Sie ja auch für andere Menschen zu so einer Art barmherziger Engel werden.

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SWR4 Abendgedanken

Gott hat eine Schwäche für grundanständige Leute. Einer davon war in der Bibel Josef, der Ehemann von Maria, der Mutter Jesu. Er war mit Maria verlobt, als er merkte, dass sie schwanger war.
Das hat ihn vor ein großes Problem gestellt:
Die Verlobung war zu seiner Zeit schon rechtsverbindlicher Bestandteil der Ehe. Wenn ein Mädchen ein Geschenk eines Werbers annahm, war sie mit ihm verlobt. Trotzdem wohnte sie damit noch nicht in der häuslichen Gemeinschaft des Verlobten. Aber die beiden waren einander versprochen. Und wenn ein anderer mit der Verlobten schlief, war das Ehebruch.
Josef musst darum annehmen, dass Maria einen anderen (Mann) hatte. Josef, war einer, für den das Einhalten der Gebote wichtig war. Trotzdem wollte er das höherstehende Gebot der Nächstenliebe nicht aus den Augen verlieren.
Er überlegte sich also, wie er Maria und sich selbst am besten aus dieser misslichen Lage heraushelfen konnte.
Rein rechtlich hätte er sie verklagen und ihre Bestrafung fordern können. Als Tochter aus einer Priesterfamilie, wäre sie nicht nur gesteinigt sondern sogar verbrannt worden.
Als zweites hätte er sich von ihr scheiden lassen können. Dann wäre sie allerdings ihr Leben lang gezeichnet gewesen. Ihre Ehre wäre für immer angetastet gewesen.
Also dachte er, er verlässt sie heimlich. Denn dann hätten die härtesten Urteile nicht Maria sondern ihn getroffen. Alle hätten ihn für ungerecht gehalten, weil er sich schon von ihr scheiden lässt, noch bevor sie bei ihm wohnte und das Kind geboren hätte. Offenbar muss er Maria sehr geliebt haben, dass er sie so schützen wollte.
Trotzdem hätte auch diese Variante einen Haken gehabt:
Jesus wäre nämlich als uneheliches Kind auf die Welt gekommen.
Josef wollte einen Weg der Liebe gehen, der trotzdem Gottes Plänen entgegen lief.
Darum schickt Gott ihm im Traum einen Engel, der ihm sagt, dass das Kind vom Heiligen Geist ist und dass er Maria zu sich nehmen und sie heiraten soll. Gott schenkt dem anständigen Josef eine völlig neue Sichtweise.
Zugleich ist dies ist die einzige Lösung, die weder Josef noch Maria noch Jesus in Schande bringt.
Josef als grundanständiger Handwerker „adoptiert" sozusagen den Sohn Gottes. Er nimmt ihm gegenüber Vaterpflichten wahr. Jesus wird so das Kind einer einfachen Familie in Nazareth.
Eines will ich von Josef lernen: Es kann sein, dass ich es wirklich anständig meine. Und Gott sieht das auch. Aber es kann trotzdem sein, dass Gott einen anderen, einen besseren Weg für mich hat. Darum will ich ihm vertrauen und aufmerksam auf ihn hören und zu Veränderungen bereit sein.

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SWR4 Abendgedanken BW

Wer halsstarrig ist, der wird keine Ruhe in seinem Herzen haben. So heißt die Losung der Herrnhuter Brüdergemeine für den heutigen Tag. (Habakuk 2,4)
Ruhe im Herzen, tja das wäre was. Ich muss zugeben, dass ich die nicht immer habe. Ich bin manchmal innerlich eher unruhig. Fühle mich zuweilen getrieben. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich bestimmte Ziele erreichen will. Und ich werde ungeduldig, wenn ich die nicht erreiche. Oder wenn die Schritte darauf zu für meine Begriffe viel zu langsam gegangen werden. Aber ist das schon halsstarrig? Ein „Sturkopp" zu sein, wie man das in Westfalen sagt, wo ich aufgewachsen bin?
Aber Ruhe im Herzen, ja das hätte ich schon gerne. Der Bibelvers empfiehlt auch, wie ich die kriegen kann: der Gerechte aber wird aus Glauben leben fährt er fort.
Ruhe im Herzen bekomme ich, wenn ich glaube. Wenn ich Gott vertraue. Warum?
Als Christ glaube ich, dass Gott diese Welt geschaffen hat. Ich glaube auch, dass er mich geschaffen hat und mit mir alle anderen Menschen. Die Bibel sagt mir auch, dass Gott in der Ewigkeit zuhause ist. Das bedeutet, dass er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in eins sehen kann. Er kennt also mein früheres Leben. Er weiß, wie es mir jetzt geht. Und er hat auch schon meine Zukunft vor Augen. Und - er ist mir stets nahe. Er ist bei mir. Wenn ich mir das vergegenwärtige, dann kann ich innerlich ruhiger werden. Denn Gott ist immer schon da, wo ich erst noch hinkomme. Und zwar sowohl örtlich als auch zeitlich. Gott weiß um meine Ziele. Er kann mit seinem Überblick beurteilen ob es klug ist sie zu verfolgen oder sinnlos. Wenn sie falsch sind, kann er meine Einstellung ändern. Mir meine Starrköpfigkeit umdrehen. Mich offen machen für Neues. Wenn die Ziele gut sind, wird er mir helfen, sie zu erreichen. Er wird den Boden bereiten, dass gute Wege dahin beschritten werden können. Wenn ich glaube, dass Gott mit im Spiel ist, dann kann ich gelassener sein, weil ich weiß, dass er alles zum Guten führt. Egal ob das bedeutet, dass ich mich verändern muss oder ob ich beharrlich an dem bleiben kann, was ich als zielführend erkannt habe. Als „unruhiger Geist" versuche ich, mir das immer wieder einmal vor Augen zu führen. Und dann, mache ich die Erfahrung, stellt sich auch eine Ruhe im Herzen ein.

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SWR4 Abendgedanken BW

„Ich war's - Sieben Wochen ohne Ausreden", so heißt die neue Fastenaktion der Evangelischen Kirchen, die zurzeit läuft. Sie möchte anregen, zu überlegen, wie ich Verantwortung für mich selbst übernehmen kann. Wie ich der Wahrheit ins Auge blicken kann. Wie ich für die Folgen meines Tuns gerade stehen kann. Und wie ich so weiter leben kann, dass ich mir selber noch gerade in die Augen sehen kann.
Margot Käsmann, die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland und Bischöfin der Hannoverschen Landeskirche hat es vorgemacht, wie das gehen kann. Sie ist nach Ihrer Alkoholfahrt vor gut einem Jahr von allen ihren Ämtern zurück getreten.
Viele in der Ev. Kirche waren der Meinung, dass dies nicht nötig gewesen wäre. Wir sind eine Kirche der Gnade, sagten sie. Und das gelte auch für Bischöfinnen. Außerdem werde dadurch deutlich, dass Gott gerade mit den reumütigen Gestrauchelten wieder neu anfängt.
Margot Käsmann hat nicht versucht, sich rauszureden. Sie ist wahrhaftig mit ihren Fehlern umgegangen. Und gerade darum hätte sie bleiben können - meinen viele. Aber sie ist um ihrer Glaubwürdigkeit willen zurückgetreten.
Ein offener Umgang mit den eigenen Fehlern öffnet die Chance zu einem Neuanfang. Sobald ich etwas vertusche oder nur scheibchenweise die Wahrheit rauslasse, wird Misstrauen geweckt. Nach dem Motto: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er mal die Wahrheit spricht.
Aber wenn ich zugebe, was ich falsch gemacht habe, dann gibt es gleich eine doppelte Chance: Ich selber kann mich ändern. Und die anderen gehen mit mir nachsichtig um.
Dies ist eine Form von Gnade, die ich brauche. Bekomme ich sie nicht, kann ich nicht leben. Dann kann ich mich nur noch in der Bedeutungslosigkeit verkriechen. Jesus gewährt mir diese Gnade. Er hat mein Versagen am Kreuz getragen. Darum fängt Gott neu mit mir an. Weil ich das weiß, kann ich sagen: "Ich war's", kann Verantwortung für mich übernehmen und neu anfangen.

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SWR4 Abendgedanken BW

nach den tollen Tagen beginnt heute, mit dem Aschermittwoch die Fastenzeit. Die evangelischen Kirchen rufen von heute bis Ostern zur Aktion „7 Wochen ohne" auf. Ursprünglich war dabei die Idee, auf Genussmittel zu verzichten. Manche leben die nächsten 7 Wochen ohne Alkohol oder Nikotin, andere verzichten auf Süßigkeiten oder auf Fernsehen.
Dieses Jahr habe ich eine originelle Variante von „7 Wochen ohne" entdeckt. Auf unserem Büchertisch lag ein Kalender mit dem Titel „Ich war's - Sieben Wochen ohne Ausreden"
Heute steht auf dem Kalenderblatt die Geschichte vom Sündenfall aus der Bibel im 1. Buch Mose, Kapitel 3. Da geht es um Adam und Eva im Garten Eden. Gott hatte ihnen verboten, eine Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Sie aber ließen sich von der Schlange verführen, es doch zu tun. Als Gott das herauskriegt, fängt der Verschiebebahnhof an: Adam sagt, Eva hätte ihm eine Frucht gegeben. Und Eva sagt, die Schlange hätte sie dazu verführt.
„Ich war's nicht", sagen beide. Und verschieben damit die Schuld auf andere. Warum tun wir Menschen das so gerne? Warum verweisen wir unsere Schuld auf andere? Vielleicht weil wir den Vorwurf etwas falsch gemacht zu haben so schlecht aushalten können? Er macht uns ein schlechtes Gewissen. Wäre es nicht viel besser, wir würden gleich sagen: Ich war's?
Als Schüler in der 10. Klasse habe ich im Sommer mal Krampen aus dem Fenster geschossen. Direkt vor die Wohnung unseres Schulhausmeisters, die unter unserem Klassenzimmer lag. Als der strenge Konrektor in die Klasse kam und fragte wer es war, traute ich mich erst nicht, es zuzugeben. Als er dann der ganzen Klasse Strafe androhte, richteten sich alle Blicke auf mich. Zur Strafe musste ich 14 Tage lang nach Schulschluss den Schulhof sauber machen. Wenn ich gleich gesagt hätte „Ich war's" dann hätte ich nur eine Woche Strafe gekriegt. Die Wahrheit verschweigen macht es oft noch schlimmer als wenn man gleich zu dem steht, was man getan hat.
Darum will ich in den kommenden Wochen bei dieser Fastenaktion „Sieben Wochen ohne Ausreden" mitmachen. Ich hoffe, dann lebt es sich mit einem leichteren Gewissen.

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SWR4 Abendgedanken BW

Wie kann ich in einer Phase des Leids wieder Freude empfinden? Freude, die weiter reicht, als ein trotziges „ „Es muss halt weiter gehen!". Freud und Leid liegen ja manchmal ganz nah beieinander. Relativ harmlos ist es noch für jemanden, der gestern noch auf einer Faschingsparty gewesen ist, auf dem Rückweg umgeknickt ist und sich den Knöchel verstaucht hat. Manchmal kommt's aber auch richtig schlimm. Ein halbes Jahr, nachdem unser Sohn geboren wurde, starb meine Mutter. Freude und Leid, die einen für länger begleiten.
„In dir ist Freude in allem Leide", singt ein altes Kirchenlied. Mir war das Lied nie so ganz sympathisch. Auch wenn es in beschwingtem Dreivierteltakt daher kommt. Ich fand das immer ein bisschen viel verlangt. Freude im Leid empfinden! Geht das überhaupt? Haben nicht die Tränen und die Trauer im Leid erstmal Vorrang und ihr Recht? Ja, das haben sie. Aber wer sich nicht im Leid einrichten will, braucht den Blick nach vorn. Ich glaube sogar: Wer nicht im Lied versinken will, braucht den Blick nach oben. Der muss den  Kopf wieder heben. „In dir ist Freude in allem Leide", heißt es. Und der „dir" ist Jesus Christus. Der Sohn Gottes, der auch Leid erlebt hat, und der deshalb unser menschliches Leid verstehen kann. Im Leid ist es  gut, wenn ich jemanden neben mir habe, der nicht von oben herab tröstet. Sondern der sich mit mir auf eine Stufe stellt und der mir hilft, wieder aufzuschauen.
In den Psalmen drückt der Beter das so aus:
„Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, dass du mein Elend ansiehst und nimmst dich meiner an in Not". Ps 31,8

Da geht der Blick nach oben, weil Gott ihm mit konkreter Hilfe aus der Not hilft. Das braucht man im Leid ja auch: Dass einem jemand ganz praktisch hilft. Nachdem meine Mutter gestorben war, haben viele Freunde meinen Vater besucht. Sie haben ihn in seiner Einsamkeit aufgefangen. Gott begegnet uns ganz oft im anderen, hilfreichen Menschen.
Und vielen, die traurig sind, begegnet Gott auch in der Stille: Die Elenden ... freuen sich, und die Gott suchen, denen wird das Herz aufleben. Ps 69,33. Menschen suchen Gott in der Stille, im Gottesdienst, im Gebet. Und ganz allmählich merken sie, wie sie das Leid nicht mehr so bedrängt. Wie es nicht mehr ihr Leben beherrscht. Die Hoffnung drängt sich wieder in den Vordergrund. Sie beginnen wieder nach vorne zu schauen. Und so langsam macht sich auch die Freude wieder breit.

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