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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

02OKT2024
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Armutsflüchtling mit fünf Buchstaben: Jakob. Ja genau der, der in der Bibel so eine große Rolle spielt. Erzvater Jakob. Als junger Mann hat er sicherlich nicht gedacht, im Alter einmal Hunger erleiden zu müssen, denn seine Familie war durchaus vermögend. Gut situiert war der Jakob, aber auch streitbar. Er hat sich mit allen angelegt, am liebsten mit den eigenen Verwandten. Seinen Zwillingsbruder Esau hat er mit Hilfe seiner Mutter Rebekka um dessen Erbe betrogen. Auch er selbst wurde betrogen, von seinem Schwiegervater Laban. Und zwischen all seinen Fehden hatte er auch noch Zeit, sich immer wieder mit Gott anzulegen. Er hat mit Gott gerungen bis der ihn segnete. Er träumte von einer Himmelsleiter zwischen ihm und Gott. Fromm war er schon dieser Jakob, aber auch ein Schlitzohr. Zwölf Söhne hatte er. Und ausgerechnet Josef, der Sohn von seiner Lieblingsfrau Rachel, ist irgendwann unter mysteriösen Umständen verschwunden. Was er nicht wusste: Die anderen Söhne hatten ihn als Sklaven nach Ägypten verkauft. Einfach weil sie es nicht mehr aushalten konnten, wie der Vater den Josef bevorzugte.

Und am Ende seines wahrlich aufreibenden Lebens, als alter Mann, musste er sich noch mal auf den Weg machen. In seinem Land war eine Hungersnot ausgebrochen. Und so ist er mit seiner großen Familie nach Ägypten gezogen. Denn Ägypten war reich, da gab es genug zu essen und zu trinken. Für ihn gab es dort auch noch ein besonderes Happy End: Sein tot geglaubter Sohn Josef lebte und hatte in Ägypten Karriere gemacht. Und mit Josef als Fürsprecher konnten er und seine Familie dann in Ägypten bleiben. Sie haben Land bekommen und hatten ihr Auskommen.

Eine alte Geschichte. Sie macht mir deutlich: Menschen, die hungern, gehen schon immer dorthin, wo es was zu essen gibt. Das ist normal und auch verständlich. Dagegen helfen keine Zäune. Das Einzige, was hilft: Dafür sorgen, dass die Menschen in ihrer Heimat genug zu essen haben. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

01OKT2024
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Es ist heiß, es stinkt und die Ampel ist rot. Ich stehe mit meinem Fahrrad in einer Schlange und muss warten. Es ist einer dieser heißen Tage Anfang September. Die Sonne brennt mir auf meinen Fahrradhelm. Der unangenehme Geruch kommt von einem Teerkocher, denn es gibt mal wieder eine Baustelle, daher auch die lange Rotphase. Und ausgerechnet ich stehe mit meinem Fahrrad in diesen Rauchschwaden vom frisch gekochten Teer. Kann in der Schlange nicht vorwärts und nicht rückwärts, muss das einfach aushalten. 

Die Baustelle ist nicht besonders groß, es wird ein neuer Fahrradweg angelegt, von daher kommen keine riesigen Maschinen zum Einsatz, sondern ganz altmodisch ein Teerkocher und Schubkarren. Insgesamt fünf Leute sind da am Arbeiten. Einer steht am Teerkocher und befüllt die Schubkarren. Die vier anderen schieben diese mit heißem Teer gefüllten Schubkarren etwa 20 Meter leicht den Berg hinauf. Denn der neue Fahrradweg liegt an einer Brückenabfahrt. Ganz schön schwere Arbeit und das in brüllender Hitze und dichten Rauchschwaden. Stundenlang müssen die Männer das machen, ich stehe nur drei Minuten in der Schlange und kann dann wieder los radeln und den frischen Fahrtwind genießen. In den drei Minuten beobachte ich die Männer und höre die kurzen Sätze, mit denen sie sich verständigen. Verstehen kann ich diese Sätze nicht. Denn sie sprechen kein Deutsch, auch kein Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch, das würde ich erkennen.   

Klar, es sind Menschen mit Migrationshintergrund, wie das immer so schön heißt. Ob sie schon länger hier sind oder erst sehr kurz, weiß ich nicht. Ob sie gar die deutsche Staatsbürgerschaft haben oder nur geduldet sind, weiß ich auch nicht. Was ich aber weiß, ohne sie würde der neue Radweg nie fertig. Auch sonst würde nicht mehr viel gebaut in Deutschland. Und was für die Bauwirtschaft gilt, gilt genauso für das die Altenpflege und das Gesundheitswesen, die Gastronomie, den öffentlichen Nahverkehr und vieles andere mehr. Auf gut Deutsch: Wir würden ganz schön blöd dastehen ohne unsere Migranten. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

30SEP2024
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„Widersagen“ ist ein altertümlich klingendes Wort. Es bedeutet gegen etwas zu sein. „Nein“ zu sagen und das möglichst laut und öffentlich. „Ich widersage.“ In der katholischen Liturgie hat dieser Satz einen sehr prominenten Platz: Im feierlichen Gottesdienst in der Osternacht. Der Priester fragt hier die Gläubigen: „Widersagt ihr dem Bösen?“  Und die Gläubigen antworten mit: „Ich widersage!“  Natürlich kommen nach den Fragen, was man verneint, auch die Fragen, zu was man „Ja“ sagt. Also: „Glaubt ihr an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde? Glaubt ihr an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, (…) Auch nach dem Glauben an den Heiligen Geist und der Kirche wird an dieser Stelle gefragt. Und immer antworten die Gläubigen: „Ich glaube.“

Lange Zeit hat mich diese Reihenfolge geärgert. Zuerst das Negative „Ich widersage“ und danach erst das Positive „Ich glaube.“ Heute finde ich das gut. Denn es macht mir klar, dass ein Christ nicht nur daran zu erkennen ist, woran er glaubt, wozu er ja sagt, sondern auch, wogegen er ist, wo er Widerrede erhebt, wo er widersagt. Denn mit einem ja zum Gott Jesu Christi ist immer auch ein nein verbunden. Wer ja sagt zu einem Gott, der alle Menschen liebt, muss nein sagen zu jeder Form von Rassismus. Wer ja sagt zu einem Gott, der die Welt erschaffen hat, muss nein sagen zu allem, was die gute Schöpfung Gottes zerstört. Wer ja sagt zu einem Gott, der auffordert, die Fremden, die unter uns wohnen, nicht auszubeuten. Der muss nein sagen gegen jegliche Form der Hetze gegen Fremde. Als Christ bin ich gefordert, nicht zu allem ja und Amen zu sagen, sondern auch an den richtigen Stellen zu widersprechen. Nicht nur rituell in der Osternacht, sondern auch an der Wahlurne und am Stammtisch.

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SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

29SEP2024
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„Donnert der Michel, viel Arbeit die Sichel.“ Das ist ein Bauernspruch zum heutigen Tag. Er will sagen: Wenn es heute am Tag des Erzengels Michael donnert, dann muss man schnell die Ernte einholen – „viel Arbeit die Sichel“.

Das Donnern scheint dem Heiligen Michael zu liegen, denn auf den meisten Darstellungen wird er kriegerisch mit Lanze, Schwert und Schild dargestellt. Und meist kämpft er gegen einen Drachen, der Symbolfigur des Teufels. Auf seinem Schild steht oft sein Name bzw. dessen Übersetzung: Wer ist wie Gott? Das bedeutet nämlich der hebräische Name Michael. Ein bisschen freier übersetzt könnte man auch sagen: Wer bildet sich ein, Gott gleich sein zu wollen? Das hat mit einer biblischen Geschichte zu tun. In der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel, wird der ewige Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen in eine Erzählung gekleidet. Die Geschichte vom Kampf im Himmel, wo der Teufel, das Böse in Person, Engel um sich schart und gegen Gott kämpft. Denn er will selbst Gott sein. Aber Michael steht auf der Seite Gottes und besiegt den Teufel. Es kommt zum so genannten Engelsturz. Der Teufel und die Engel, die auf seiner Seite standen, werden vom Himmel verbannt und stürzen auf die Erde.  

Neben diesem donnernden, kriegerischen Michael gibt es in der Tradition noch die Darstellungen von ihm mit einer Waage in den Händen. Denn im Volksglauben ist er derjenige, der Buch führt über die guten und bösen Taten des Menschen und er wiegt sie dann am Jüngsten Tag gegeneinander ab. Überwiegen die guten Taten, dann geleitet er den Menschen ins Paradies, neigt sich die Waage aber zum Bösen hin, ist die Hölle angesagt. Heute tun wir uns schwer mit dem „Jüngsten Gericht“, mit Himmel und Hölle und überhaupt mit einem Leben nach dem Tod, ich auch manchmal. Aber den Glauben, dass es einen Ort gibt, wo die Gerechtigkeit erfahren, die auf der Erde Unrecht erlitten haben, wo es einen Ausgleich gibt zwischen Tätern und Opfern, diesen Gedanken möchte ich nicht einfach fallen lassen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

29JUN2024
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Paul ist heute beliebter als Peter. In der Beliebtheitsskala der Namen für Jungs steht Paul auf den vorderen Plätzen. Peter dagegen kommt nicht einmal mehr unter die ersten Hundert. Das war schon mal umgekehrt. In meiner Schulklasse gab es viele, die Peter hießen. Einen Paul aber hatten wir nicht. Eigentlich ganz praktisch, so können heute viele Opas, die Peter heißen, gemeinsam mit ihren Enkeln, die Paul heißen, Namenstag feiern. Denn heute, am 29. Juni, ist der gemeinsame Gedenktag von Petrus und Paulus. Das kommt selten in der Kirche vor, dass zwei bedeutende Heilige am gleichen Tag gefeiert werden.

Für mich steckt dahinter die Aussage: Der Glaube verbindet auch ganz unterschiedliche Typen. Beide glauben an diesen Jesus Christus, aber ansonsten haben sie nichts gemeinsam. Paulus ein Intellektueller aus der Stadt, Petrus Fischer vom platten Land. Paulus ein weltmännischer Typ, der fließend Griechisch spricht, die damalige Weltsprache. Petrus das Landei, dessen Griechisch wohl eher bescheidend ist. Paulus geht auch auf die so genannten Heiden – sprich Nichtjuden – zu, tauft sie sogar. Petrus bleibt lieber in den jüdischen Gemeinden und versucht dort, die Menschen vom Glauben an Jesus Christus zu überzeugen.

Und über diese Frage, ob auch Nichtjuden Christen werden dürfen und wenn ja, unter welchen Bedingungen, haben die beiden auch richtig Krach miteinander bekommen. Der ging so weit, dass man sich in Jerusalem zu einem Krisengipfel treffen musste. Da flogen erstmal die Fetzen bevor man sich auf einen Kompromiss einigte.

Dass beide an einem Tag gefeiert werden, bedeutet für mich: Auseinandersetzungen in der Kirche gehören von Anfang an dazu. Wo unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Auffassungen vom Glauben aufeinandertreffen, da darf es auch mal krachen. Besser es fliegen mal die Fetzen, als dass Konflikte unter den Teppich gekehrt werden. Petrus und Paulus haben es vorgemacht.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

28JUN2024
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Acht von 24 sind jetzt schon mal raus. Und morgen geht es weiter bei der Fußball-EM. Da beginnen die Achtelfinale, das heisst es fliegen wieder acht Mannschaften raus. Über die Viertel- und Halbfinale geht es dann weiter bis dann am 14. Juli beim Finale in Berlin nur noch zwei Mannschaften übrig sind. Und nach diesem Spiel wird es endlich den großen Sieger geben. In einem Land in Europa wird dann ein großer Jubel ausbrechen. Dort wird man singen, tanzen und feiern. In diesem Land sind die Menschen dann für kurze Zeit im Fußballhimmel.

Mit dem Fußballhimmel ist das so eine Sache. Er ist herrlich für die, die drin sind. Aber leider ist da immer nur für den Sieger Platz. Und darin unterscheidet sich der Fußballhimmel vom wirklichen Himmel. Hier ist nämlich für viele Platz, auch Platz für die Verlierer. Im wirklichen Himmel geht es nämlich nicht um siegen oder verlieren, sondern um’s Singen, Tanzen und Feiern.

Nun, Spiele ohne Gewinner und Verlierer sind zwar ganz nett, aber ein spannendes Fußballspiel kommt so nicht zu Stande. Gibt es also im Himmel keinen Fußball? Für Fußballfans keine schöne Aussicht. Vielleicht hilft da die Definition von Himmel, die mir einmal ein Fan von Mainz 05 mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt hat: Der Himmel ist, wenn die 05er in Frankfurt bei der Eintracht mit 6:0 gewinnen und die Frankfurter Spieler merken es nicht. Warum? Weil sie nur ein Spiel verloren haben, nicht aber den Jubel und die Wertschätzung der Fans. Deshalb können auch sie als Verlierer singen, tanzen und feiern.

Also wenn es uns gelingt auch die Verlierer zu beklatschen, dann passiert ein bisschen was vom wirklichen Himmel im Fußballhimmel der EM 2024 in Deutschland.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

27JUN2024
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Jeder möchte alt werden, aber keiner möchte alt sein. Und viele werden auch alt. Wir haben heute eine durchschnittliche Lebenserwartung von der unsere Großeltern nur geträumt haben. Aber obwohl so die Gruppe der Alten immer größer wird, wird das Alt-sein in unserer Gesellschaft eher nicht geschätzt. Keiner will alt sein. Mit viel Energie und auch finanziellem Aufwand versuchen viele ihr wahres Alter zu verbergen, jede und jeder möchte jung sein. In der Werbung kommen alte Menschen nur als jung gebliebene Senioren vor. Möglichst sportlich und attraktiv, so als ob der 80-Jährige, der Tennis spielt, Fahrrad fährt und Hochgebirgstouren unternimmt, der Regelfall wäre.

Es gibt eine eigene Anti-Aging-Medizin. Eine Medizin gegen das Altern. Als wäre alt werden so was wie eine Krankheit, die man aufhalten muss. Das Ziel dieser Medizin: Die alterslose Gesellschaft. Wunderbar: Jeder bleibt jung bis zu seinem Tod.

Ich befürchte, wenn auch die Alten nur noch jung sind, dass Gelassenheit und Weisheit immer mehr verloren gehen. Dass unsere Gesellschaft noch mobiler, hektischer und unruhiger wird. Man noch mehr allen möglichen Modetrends hinterherläuft. Sicherlich nicht jeder Mensch wird weise und gelassen, nur weil er alt wird. Aber die Möglichkeit besteht. Es gibt sie, die Altersweisheit. Wenn alte Menschen akzeptieren, dass sie nicht mehr alles können, dass ihre körperlichen Kräfte nachlassen, erlebe ich oft, dass sie gelassen mit den Problemen des Alltags umgehen. Sie gehen oft auf eine gewisse Distanz zum aktiven Leben und können deshalb die Dinge mit Ruhe betrachten. Und manchmal noch im Schlimmen Gutes entdecken. Deshalb wurde in vielen Kulturen der Rat der Alten, der Ältestenrat, immer sehr geschätzt. Wir brauchen sie, die alt gewordenen Menschen. Jung gebliebene, oder welche, die glauben jung geblieben zu sein, haben wir schon genug.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21FEB2024
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„Im Regenbogen gibt es kein Braun“ stand groß auf einem Pappschild bei einer der Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus. Die Aussage ist klar. Der Regenbogen mit seinen Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Indigo und Violett ist das Symbol für eine bunte und vielfältige Gesellschaft. Braun dagegen ist die Symbolfarbe der Nationalsozialisten, weil die SA, die Kampftruppe der Nazis, braune Hemden trug.

Der Regenbogen ist aber auch ein uraltes religiöses Symbol. Das liegt an einer der schönsten Erzählungen der Bibel, der Noah-Geschichte. Von einem großen Hochwasser wird da erzählt, und dass Gott damit die Menschen vernichten will. Weil sie von Grund auf schlecht und böse sind. Gott besinnt sich aber und rettet einen, den Noah und mit ihm die ganze Menschheit. Nach der Rettung schließt Gott dann einen Bund mit diesem Noah, modern würde man sagen: Er macht einen Vertrag mit ihm, er gibt ihm die Zusage: „Ich will künftig nicht mehr alles Lebendige vernichten, wie ich es getan habe. Solange die Erde besteht, sollen nicht aufhören Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (Gen 8,21b) Und das Zeichen für diese Zusage ist der Regenbogen. „Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch.“, so der O-Ton Gottes in der Bibel. (Gen 9,14).

Für einen Regenbogen braucht es Sonne und Regen. Er vereint Gegensätze und schafft damit ein wunderschönes Farbenspiel. Dass Gott den Regenbogen als Symbol für sein Ja zum Menschen nimmt, heißt für mich: Gott mag es bunt. Dass alle in die gleiche Richtung marschieren, die gleichen Hemden tragen und die gleichen Parolen singen, ist nicht in seinem Sinne.

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20FEB2024
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„Sei ein Mensch“, diesen kleinen Satz trage ich seit dem 31. Januar in mir. Er ist wie eine Push-Nachricht, die immer mal wieder aufploppt, wenn ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll, was ich tun und was ich lassen sollte. Ich verdanke diesen Satz „Sei ein Mensch!“ dem Sportjournalisten Marcel Reif.

Bei der diesjährigen Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag hielt er eine Rede. Eine der besten, die ich je gehört habe. Er erinnerte an seinen jüdischen Vater, einer der wenigen die den Holocaust überlebt haben. Er habe nie von den Gräueln erzählt. Alles, was er heute über das Leben seines Vaters wisse, habe er erst Jahre nach seinem Tod von seiner Mutter erfahren. Und, so fügt Marcel Reif hinzu, er sei seinem Vater dankbar dafür, denn so habe er ihm und seiner Schwester eine fröhliche und sorgenfreie Kindheit ermöglicht. Marcel Reif wörtlich: „Es durfte nicht sein, dass auch noch seine Kinder von den furchtbaren Schatten heimgesucht ... werden, die seine Kindheit und Jugend ...  zerstört hatten. Wir sollten ... nicht in jedem Postboten, Bäcker, in jedem Straßenbahnfahrer oder Lehrer einen möglichen Mörder unserer Großeltern vermuten.”  Aber einen Satz habe ihm sein verschwiegener Vater doch mitgegeben. Er erinnere sich täglich mehr daran, wie oft er ihm diesen Satz geschenkt hat – mal als Mahnung, mal als Warnung, als Ratschlag oder auch als Tadel. „Sei ein Mensch!“

Und Marcel Reif wendet sich an die Damen und Herren im Bundestag: „Und wenn Sie es mir erlauben und wenn Sie mögen … dann lass ich Ihnen den kleinen und doch so großartigen, wundervollen Satz … hier:  „Sei ein Mensch!“ 

Ein wichtiger Satz für Menschen, die über Gesetze entscheiden müssen, die die Menschlichkeit in unserem Land betreffen. Ein wichtiger Satz aber auch für mich – für mein Tun und mein Lassen. 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

19FEB2024
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„Meine Nationalität: Mensch!“ Auf einem Plakat auf dem Koblenzer Münzplatz stand dieser Spruch. Mitgeführt bei einer der vielen Demonstrationen der letzten Wochen gegen den Rechtsextremismus. Im ersten Moment hat mich dieser Satz irritiert. Denn Nationalität hat normalerweise etwas mit einem Land oder einem Volk zu tun. Diese Irritierung war vom Schreiber des Spruches wohl gewünscht und hat - bei mir zumindest - auch geklappt. Denn bevor ich Deutscher, bevor ich Engländer, Franzose, Chinese, Türke, Syrer oder Russe bin, bin ich erstmal Mensch. Und das gilt für jede und jeden, das verbindet uns Menschen über alle Grenzen hinweg. Dabei kommt jedem Menschen das zu, was unser Grundgesetz Würde nennt. Und als Deutscher bin ich stolz darauf, dass das der erste Satz unseres Grundgesetzes ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben dies bewusst an den Anfang gestellt, denn sie hatten den Nationalsozialismus erlebt und erlitten. Sie hatten erlebt, was dabei herauskommt, wenn man Menschen ihre Würde nimmt, weil sie Juden, Sinti oder Roma sind. Weil sie behindert oder homosexuell sind. Weil sie andere Auffassungen von Politik, Kunst und Kultur haben, weil sie eben nicht so sind wie eine herrschende Ideologie das gerne hätte.   

Viele von den Männern und Frauen, die das Grundgesetz geschrieben haben, waren gläubige Christen. Bis heute steht deshalb als Einleitung zum Grundgesetz der Satz: “Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …. hat sich das Deutsche Volk … dieses Grundgesetz gegeben.” Für mich bedeutet das: Auch in meiner Verantwortung vor Gott habe ich dafür zu sorgen, dass die Würde eines jeden Menschen in unserm Land weiterhin unantastbar bleibt.

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