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10FEB2025
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Ich sitze im Bus. Automatisch zücke ich mein Smartphone und scrolle durch die neusten Beiträge bei Instagram. Alex feiert seinen sensationellen Burger. Tina sitzt am Schreibtisch und sucht Montags-Motivation. Russland greift erneut die Infrastruktur der Ukraine an. Mein Vater hat aus Versehen ein lustiges Katzenbild gepostet. Danach die neueste Prognose für die Bundestagswahl. Und ein erschöpfter Feuerwehrmann vor einem völlig zerstörten Gebäude.

Immer wieder diese Einschläge zwischen Lustigem und Alltäglichem. An manchen Tagen fühlt es sich so an, als würde ich die Last der ganzen Welt in meiner Hosentasche tragen.

Da sind so viele negative Nachrichten. Alles andere trübt sich ein. Vor allem die Zukunft. Wie wird es nach der Bundestagswahl? Geht es mit den Kriegen und Konflikten einfach immer so weiter? Und was ist mit mir und meinen Freunden? Was kommt auf uns zu?

An solchen Tagen kämpfe ich um Hoffnung. Warum weitermachen? Warum noch ein Apfelbäumchen pflanzen, wie Luther gesagt haben soll?

Mal mehr, mal weniger zweifelnd halte ich an meinem Glauben fest. An meinem Glauben, dass damals mit Jesus etwas großes Gutes begonnen hat.

Was mich an Jesus immer wieder fasziniert: Er umgibt sich nicht mit den Reichen und Mächtigen. Ganz im Gegenteil: Jesus zieht es gerade zu denen, die es schwer haben in dieser Welt.

Wie schön wäre es, wenn das gar nicht nötig wäre. Wenn Menschen nicht leiden müssten. Hej, Gott, geht das nicht irgendwie anders!?

Und doch tröstet es mich zu wissen: Gott ist das Schicksal unserer Welt nicht egal. Ihn lässt das nicht kalt. Er leidet mit und solidarisiert sich mit denen, die diskriminiert werden.

Mich motiviert das, diejenigen anzusehen, die nicht so stark im Blick sind. Ich wende mich Kindern zu und gehe dabei bewusst in die Knie, um ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Ich spreche mit Jugendlichen und will wissen, was sie bewegt. Und ich feiere eine Frau aus unserer Gemeinde, die in ihrem Stadtteil Menschen besucht, die durchs Raster gefallen sind. Manchmal begleite ich sie dabei.

Ich scrolle weiter durch die Beiträge bei Instagram und lande bei einem Bibelvers:
„Gott wird jede Träne abwischen von ihren Augen. Es wird keinen Tod und keine Trauer mehr geben, kein Klagegeschrei und keinen Schmerz. Denn was früher war, ist vergangen. […] Ich mache alles neu.“

Zu schön, um wahr zu sein? Nein, das ist die Hoffnung, die mich am Leben hält. Und meine Motivation, schon jetzt an die Seite derer zu treten, die es schwer haben im Leben.

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08FEB2025
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Urlaub im Pitztal in Tirol. Nicht nur einmal sind wir als Familie dort gewesen.

Ganz am Schluss des Tales führt eine Seilbahn bis auf 3.440 m hoch zum Pitztaler Gletscher auf das Dach Tirols, da wo der Himmel auf die Erde trifft.

Ich finde es toll, mal von dieser Höhe ins Tal schauen zu können. Die kleinen Häuschen, alle weit weg, ebenso die kleinen Straßen und Autos, tief im Tal. Und ich bin weit über den Sorgen und Nöten, herausgehoben, ich fühle mich frei und glücklich.

Früher konnten das nur Hochalpinisten erleben. Eine Wanderung bis in diese Höhe ist für mich völlig undenkbar und nicht zu schaffen. Und so bin ich sehr dankbar, dass ich das erleben darf, dank der Seilbahn. Ein erhebendes Gefühl. Ein ganz anderer Blick, eine ganz andere Übersicht.

Bergerfahrungen, davon ist auch in der Bibel öfter die Rede. Mose auf dem Berg Sinai, der Prophet Elia auf dem Gottesberg Horeb oder auch die Apostel auf dem Berg Tabor.

Eines vereint alle Bergerfahrungen. Sie öffnen neue Weiten, Freiheit wird greifbar, der Blick kann ungehindert in die Ferne schweifen. Mich befreit und erleichtert das und macht auch glücklich.

Irgendwann jedoch muss man vom Berg wieder heruntersteigen, hinein und zurück ins tägliche Leben. Und ich nehme dann aber mit, dass ich mit einem neuen Blick auf alles schauen kann, was mich gerade bewegt. Besonders, wenn ich vorher das Gefühl hatte, den Wald vor Bäumen nicht mehr zu sehen. Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass es leichter wird, damit umzugehen, weil der weite Blick auch in mir eine neue Weite geschaffen hat. Und ich spüre, auch wenn die Sorgen vermutlich noch da sind, sie erdrücken mich nicht mehr so sehr. So eine Auszeit, auch wenn sie nur kurz ist, hilft mir, Abstand zu gewinnen. Und dann fühle ich mich wie ein neuer Mensch.

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Als Frau Schmitt Montag morgens ins Pfarrbüro kommt, blinkt der Anrufbeantworter energisch. Oje, das fängt ja gut an, denkt die Sekretärin der Kirchengemeinde. Die Stimme der Anruferin ist ihr nicht bekannt, die Nachricht ist von Samstagabend. Die Stimme sagt:

„Ich bin so traurig. Ich bin ganz allein. Mein Mann ist vor einem Jahr verstorben und meine Kinder sind weit weg. Ich habe auch kaum Bekannte. Ich bin ganz allein.“

Man hört, dass die Stimme weint, dann fängt sie sich wieder.

„Ich brauche jemanden, mit dem ich reden kann. Aber es ist Samstagabend, alle sind mit ihren Familien und Freunden zusammen, da kann ich niemanden stören.

In der Kirche war heute Licht, da dachte ich: hier erreiche ich jemanden.“

Die Stimme bricht wieder kurz.

„Was mache ich bloß? Gibt es niemanden, mit dem ich reden könnte? Und der lange Sonntag kommt erst noch.“

Frau Schmitt ist voller Mitgefühl.

Aber sie hat keine Ahnung, wer das sein könnte.

Da hilft die Technik weiter: die Stimme hat keine Rufnummernunterdrückung und die Gemeindereferentin, der Pastor oder sie selbst,  könnten die Stimme zurückrufen.

Die beiden anderen haben schon Termine für den Vormittag, also ruft Frau Schmitt selbst die Stimme an. Die meldet sich nur zögerlich mit „Ja?“ und Frau Schmitt stellt sich vor und erklärt, woher sie die Nummer hat. Da wacht die Stimme auf und freut sich. Das Telefon hatte schon sehr lange nicht mehr geläutet und sie ist es nicht mehr gewöhnt, zu telefonieren.

Aber jetzt erzählt sie, wie sie den langen Sonntag rumgebracht hat.

Ein Buch, eine Runde bügeln, ein Spaziergang, ein interessanter Film im Fernsehen.

Zum Abschied gibt Frau Schmitt ihr noch einen Tipp:

wenn es wieder ganz still ist, einfach die Telefonseelsorge anrufen. 0800 1110111

Da ist immer jemand zum Reden.

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07FEB2025
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Klassenausflug mit der 7. Klasse in meinem Religionsunterricht.

Ziel ist die Synagoge in Emmendingen. Um einfach jüdisches Leben nicht nur im Unterricht, sondern auch bei einem Besuch kennen zu lernen.

In der nächsten Woche ist es dreißig Jahre her, seit die jüdische Gemeinde in Emmendingen wieder gegründet wurde.

Ich erlebe es immer wieder: Die Schüler sind beeindruckt, wenn sie auf dem Schlossplatz erfahren, dass hier mal die Synagoge stand.  Sie wurde 1938 von den Nationalsozialisten abgebrannt. Mit andersfarbigen Steinen im Kopfsteinpflaster sind die Umrisse der alten Synagoge nachgezeichnet. Wir schauen uns auch ein Mahnmal gefertigt aus Eisenbahnschienen in Form des Davidssterns an. Es erinnert an die Deportation der Juden in das Internierungslager in Gurs nördlich der Pyrenäen. Ich finde es sehr wichtig, auch diese Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Damals waren die jüdischen Menschen zu Schuldigen gemacht worden, an denen alles ausgelassen wurde und die zu Millionen ermordet wurden. So etwas darf sich nicht wiederholen, und zwar gegenüber niemandem.

Umso erschreckender finde ich, dass heute immer wieder Worte gebraucht werden, Remigration etwa, die nichts Gutes erahnen lassen. Ich habe das Gefühl, dass heute alle, die vermeintlich fremd sind, pauschal als Sündenbock herhalten müssen, und das finde ich schrecklich. Solche Zeiten wie zur Zeit des Nationalsozialismus will ich niemals erleben. Aber manchmal scheint es mir, entdecke ich Anzeichen dafür.

Ich hoffe, dass bei der Bundestagswahl in zwei Wochen so abgestimmt wird, dass wir hinterher Parteien an der Macht haben, die unsere Demokratie schützen und sie nicht gefährden. Damit wir künftig nicht gegeneinanderhetzen, sondern gute Wege und Lösungen miteinander finden.

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Auf einer kleinen Wanderung in Kirchwald begegnete mir Max mit seiner Familie.

Er ist vier und wir freuten uns, uns zu treffen. Ich trage mehr Schmuck als seine Mama, das interessiert ihn. Am Finger meiner linken Hand glitzerte es türkis. Er gab mir zu verstehen, dass er das schön findet, also zeigte ich ihm auch an der anderen Hand einen Ring mit einem leuchtenden Stein.

Woher er weiß, dass manche Frauen Ohrringe tragen, keine Ahnung. Aber er prüfte meine Ohren und fand da auch Glitzerdinger, die ihm gefielen. Ein kleiner Fachmann.

Es war sonnig, aber kalt, und er trug Stulpen, aus denen die Fingerspitzen rausschauten. Die Finger seien kalt, er brauche richtige Handschuhe, meinte er. Ich zeigte ihm, dass ich mit der Faust in meine Stulpen reinpasse und dass so die Finger warm bleiben auch ohne Handschuhe. Er probierte es aus und war erfolgreich.

Die Mutter verfolgte leicht amüsiert unsere Fachgespräche. Das muss ja eine große Freude sein, wenn der kleine Wicht, den man gefühlt noch gestern auf dem Arm herumgetragen hat, jetzt ernsthafte Gespräche mit Erwachsenen führt.

Ein guter Trick von Gott, der es so eingerichtet hat, dass Menschen, Tiere und Pflanzen klein anfangen. Und dass speziell wir Menschen vielleicht ein besonderes Gen oder sowas in uns haben, das uns das Kleine lieben lässt.

Ein kleines Blümchen, einen Welpen, ein kleines Kind, da lächeln wir und empfinden Sympathie – jedenfalls die meisten.

Ich finde, Gott war ziemlich pfiffig, als er die Welt ins Rollen brachte.

Er kam ja auch selber als Baby in die Welt – und die Weisen aus dem Morgenland gingen nicht zum mächtigen König Herodes, sondern zu diesem kleinen Kind.

Ich glaube, wir tun gut daran, nicht auf das Große oder die Großen zu starren, sondern das Kleine zu schützen und zu lieben.

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06FEB2025
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„Ich habe Angst, ich traue mich nicht.“

Das höre ich immer wieder mal. Besonders von Kindern. Ich kenne das auch selbst, solche Angstsituationen. Wenn ich etwa über eine schwankende Hängebrücke gehen soll, merke ich, wie gar nichts mehr geht. Am schlimmsten finde ich, wenn ich in einer solchen Situation mit meinen Ängsten nicht ernst genommen werde. Da hilft es gar nicht zu sagen: „Jetzt stell dich nicht so an.“

Angst kann lähmen. Ich erinnere mich an Situationen, in denen Kinder „Nein, nein“ schreien und verkrampfen, wenn etwa an der Fasnet verkleidete Hexen mit ihren Masken auf uns zu gekommen sind. Oder wenn sie im Schwimmbad ins Wasser springen sollten.

Aber immer häufiger höre ich auch von Erwachsenen: „Ich habe Angst.“ Vor der Zukunft etwa oder vor den Folgen der Klimaveränderung, vor Krieg oder Krankheit.

Besonders entsetzt mich immer, wenn Angst als Mittel zum Zweck eingesetzt wird. Einige führende Politiker sind davon überzeugt, dass Menschen Angst haben müssen, weil sie dann besser zu führen sind. Diesen Gedanken finde ich schrecklich.

Und auch als Elternteil bin ich in der Gefahr, mit Angst zu spielen. Etwa, wenn ich sage, iss keine Süßigkeiten, da fallen dir alle Zähne raus, oder wenn du jetzt nicht aufisst, musst du so lange allein am Tisch sitzen bleiben, bis du fertig bist.

Da werden die möglichen Folgen fürchterlich dargestellt, um Kindern von manchen Taten abzuhalten.

Dabei brauche ich doch eigentlich Sicherheit und Zuversicht zum Leben, und Kinder sollen spüren, dass ich als Vater ihnen vertraue. Und sie sollen Vertrauen zu mir haben.

In einem Lied heißt eine Strophe: „Kommen dunkle Schatten über die Welt, wenn die Angst zu leben mich plötzlich befällt: Du machst das Dunkel hell.“ Mit du ist Jesus gemeint. Er hat sich immer für die Menschen eingesetzt. Und sagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ Daran kann und will ich mich wieder erinnern. Da ist jemand, an den darf ich mich immer wenden. Und von Jesus ausgehend, kann ich meine Ängste überwinden und weiteres Vertrauen aufbauen.

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05FEB2025
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Vor einigen Tagen habe ich einen Text in meinen WhatsApp-Nachrichten von einem Bekannten gefunden, der mich gleich angesprochen hat. Überschrieben hat er ihn mit den Worten: Einmal etwas Schönes, statt immer nur schlechte Nachrichten. Es geht ums Dankbar sein.

Der Text stammt im Original von Detlef Kranzmann. Er hat ihn zum Jahr der Dankbarkeit geschrieben. Das war 2015.

Ein schöner Text, denn dankbar sein, finde ich, ist was Gutes und sollte ich eigentlich mehr. Viel zu viel nehme ich auch als Selbstverständlichkeit hin, ohne daran zu denken, danke zu sagen.

Bestimmt sind Sie schon gespannt darauf, was denn jetzt in diesem Text steht. Hier ein paar Auszüge:

Dankbar bin ich, selbst wenn die Hose ein bisschen eng sitzt, zeigt es doch, dass ich genug zu essen habe.

Rasen mähen und Fenster putzen können anstrengend sein, dankbar bin ich auf jeden Fall, dass das mein zuhause ist.

Dankbar bin ich in einem freien Land zu leben, in dem ich meine Meinung frei und offen äußern kann und mich über die Regierung beschweren, wenn ich möchte.

Weil ich jeden Tag Arbeit habe, bin ich dankbar, auch wenn ich deshalb abends müde und kaputt bin.

Und selbst wenn der Wecker morgens klingelt, bin ich dankbar. Weil ein neuer Tag beginnt und ich gesund und froh beginnen kann.

Und auch Ihnen wünsche ich heute einen schönen neuen Tag.

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04FEB2025
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Noch einmal jung sein? Schon ein paar Mal bin ich gefragt worden, ob ich noch einmal jung sein wollte. Verlockend wäre das vielleicht schon. Statt jeden Tag zu arbeiten, noch einmal in die Schule zu gehen. Nicht die Verantwortung für alles tragen zu müssen, sondern fröhlich und unbeschwert in den Tag hineinleben. Ob es aber tatsächlich noch einmal so werden würde, wie ich mich an meine eigene Kinder- und Jugendzeit erinnere?

Einen Wunsch dafür hätte ich aber auf jeden Fall: Ich möchte gerne das, was ich bis jetzt weiß und gelernt habe, von heute in die zweite Jugend mitnehmen. Vielleicht könnte ich dann aber manches gar nicht mehr so machen. Da könnte mir die Erfahrung sogar im Weg sein.

Aber leider geht das nicht.

Das Leben ist trial and error, Versuch und Irrtum. Und dann daraus lernen und andere, neue Wege gehen. Jeder Mensch muss seine eigenen Erfahrungen im Leben machen. Und die sind durchaus unterschiedlich.

Ich erinnere mich an manche Gespräche mit meiner Mutter. Sie ist davon überzeugt gewesen, am besten sei es, auf die Älteren zu hören und aus ihren Erfahrungen zu lernen. Ich selbst habe immer dagegengehalten, dass ich viel besser lerne aus Erfahrungen, die ich selbst gemacht habe.

Auch heute bin ich nach wie vor davon überzeugt, die jungen Menschen müssen ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen. Mit meinen 63 Jahren habe ich mir fest vorgenommen, solche Sätze wie „Das haben wir alles schon probiert, hat alles nicht funktioniert!“ nicht zu benutzen. Denn heute kann es ja durchaus doch funktionieren.

Ich habe viele Dinge gelernt, einen großen Überblick gewonnen in den Jahren meines Lebens. Und ich kann immer wieder Ratschläge geben und Hilfen, wenn ich gefragt werde. Das genieße ich.

Und wenn mich jemand fragt, ob ich nochmal jung sein möchte, sage ich mit voller Überzeugung: „Nein. Ich bin jung gewesen und jetzt werde ich gerne alt.“

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03FEB2025
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Ich erinnere mich an ein Spiel, das meine Frau und ich manchmal mit unseren Kindern gespielt haben, als sie noch kleiner gewesen sind. In unserer Wohnung haben wir abends die meisten Lampen ausgemacht, so dass ein Halbdunkel entstanden ist. In diesem Dämmerlicht durften sich alle verstecken und einer von uns Eltern musste dann alle anderen suchen.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie Kinder verstecken erleben. Sie hoffen, erst als Letzte entdeckt zu werden, und gleichzeitig haben sie Angst, gar nicht gefunden zu werden.

Für unseren Jüngsten ist diese Spannung kaum auszuhalten gewesen. Einmal hat er dann aus seinem Versteck gerufen: „Papa, such mich! In der Küche hinter der Tür.“

So etwas ähnliches kenne ich auch bei mir. Wenn ich einen dummen Fehler gemacht habe, versuche ich mich gerne zu verstecken, weil ich nicht glücklich über mich selbst bin. Das hat dann allerdings mit spaßigem Verstecken nichts mehr zu tun. Da fehlt mir manchmal die Kraft und der Mut, aktiv zu werden, um aus der Sackgasse herauszukommen.

Gleichzeitig wünsche ich mir nichts sehnlicher, dass mir jemand die Hand gibt und mir bei diesem Weg hilft.

„Gott hilf mir, hol mich wieder hier raus!“, so habe ich schon oft gebetet. Für mich ist es manchmal der Einstieg in den Ausstieg gewesen.

Auch dem Beter des Psalms 119 aus der Bibel scheint es so gegangen zu sein. Im letzten Vers lese ich: „Ich habe mich verirrt wie ein verlorenes Schaf. Mach dich auf die Suche nach deinem Diener, denn deine Gebote habe ich nicht vergessen!“

Ich selbst bin dankbar, dass Menschen mir immer wieder ihre Hilfe angeboten haben und ich wieder neu starten konnte. Selbst aus der finstersten Ecke.

Wenn ich mich auch nicht mit Absicht verrenne, wie beim Verstecken spielen, vertraue ich doch immer genauso darauf, wieder gefunden zu werden.

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01FEB2025
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1. Februar. Sind Sie schon voll drin oder ist das Jahr 2025 immer noch neu für Sie?

Für viele sind Weihnachten und Silvester die wichtigsten Einschnitte des Jahres. Macht ja auch irgendwie Sinn. Für andere sind es eher besondere Ereignisse. Geburtstage, Ferien, Urlaube.

Wieder andere denken und planen von Tag zu Tag oder von Wochenende zu Wochenende. Wie wir unsere Zeit einteilen und wie wir Zeitabschnitte wahrnehmen, das hängt von vielem ab: von der Lebenssituation, vom Zeitempfinden usw.

Für mich ist der Februar noch der Anfang des Jahres. Ich denke tatsächlich stark in Jahreszyklen, unterbrochen von Geburtstagen meiner Lieben, Urlauben und dem Kirchenjahr.

Das Kirchenjahr beginnt immer am ersten Advent – ist also schon einen Monat älter.  Der Februar ist innerhalb des Kirchenjahres eine Übergangszeit von den Festtagen und Festzeiten rund um die Geburt Jesu hin zur Passion, der Zeit, in der wir uns an den Leidensweg Jesu und dann mit Karfreitag und Ostern an die  Kreuzigung und Auferstehung Jesu erinnern.

Andere rechnen eher in Karnevalsphasen – jetzt sind wir in der närrischen Zeit – und das schon seit dem 11. November und bald, am Aschermittwoch, ist alles vorbei.

Worauf ich hinaus will: Zeit ist relativ. Ich finde diesen Gedanken immer wieder hilfreich. Nicht nur, aber auch, wenn ich an den Tod denke. Dieser Gedanke ist für mich verbunden mit der großen Ewigkeit Gottes. Der Satz: „1000 Jahre sind vor Gott wie ein Tag“, ist dann eine weitere Perspektive auf die Zeit und ja - mir gibt es Hoffnung. Dass alles, was ist, und auch, was mit unserer Zeit vergeht – in Gottes Ewigkeit – in seiner Zeit geborgen ist.

Meine Vergänglichkeit und die kurze Zeit, die ich mit meinen Lieben hier auf Erden leben darf, schmerzt mich.  Aber das ist nicht alles.

Da gibt es eben noch die Zeit Gottes. Die Zeit, in der wir mit Gott sein werden, zusammen und in Ewigkeit. Nicht als Floskel, als vertröstende Ausrede, um unsere begrenzte Zeit nicht wahrhaben zu wollen, sondern als tief empfundener Glaube an die Ewigkeit. In Gemeinschaft. Mit Gott und den Menschen.

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