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SWR2 Wort zum Tag
Nehmen Sie mal ein Thema, das Ihnen wirklich wichtig ist; und dann suchen sie die relevantesten Argumente – nicht für ihre Meinung zu diesem Thema, sondern für die Gegenposition. Das schlägt der Journalist Dirk von Gehlen in einem Buch vor. Ein interessanter Gedanke: einfach mal die Perspektive wechseln.
Das fände ich mal für eine Talkshow im Fernsehen interessant. Das meiste, was dort gesagt wird, ist erwartbar. Oft geht es scheinbar nur darum, „seinen“ Punkt zu machen; man will sich von den anderen Diskutanten abgrenzen und versucht gar nicht den anderen zu verstehen oder auf ihn einzugehen. Ein gemeinsames Ringen nach Lösungen findet so nicht statt. Wie interessant wäre es, wenn alle mal in vertauschten Rollen diskutieren müssten. Stellen Sie sich doch mal vor, wie das wäre, wenn Friedrich Merz die Positionen von Ricarda Lang verteidigen müsste und umgekehrt. Ich glaube, da kämen ganz neue Erkenntnis- und Verständigungsprozesse in Gang. Bei Diskutanten und Zuschauerinnen.
Polarisiert sei unsere Gesellschaft, höre ich immer wieder. Ich glaube, da könnte es helfen, sich stärker mit den Argumenten Andersdenkender auseinanderzusetzen und nicht immer auf denselben gedanklichen – manchmal vielleicht auch ausgetretenen Pfaden – zu laufen.
Das kann man überall ausprobieren, wo Menschen anderer Meinung sind als ich: im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz. Vielleicht könnte das einer gespaltenen Gesellschaft helfen, wieder mehr zusammenzufinden.
Ich versuche das jetzt einfach gleich mal. Ich bin zum Beispiel ein großer Fan davon, dass möglichst wenig Autos in den Städten fahren.
Aber bequem ist das Autofahren in der Stadt halt schon. Man ist trotz des vielen Verkehrs oft meistens schneller am Ziel als mit anderen Verkehrsmitteln. Und wenn ich einkaufe, kann ich die Sachen entspannt nach Haus transportieren. Regen stört mich auch nicht. Anders als zu Beispiel auf dem Fahrrad. Der öffentliche Nahverkehr ist oft auch keine vernünftige Alternative. Da hakt es vielerorts doch ziemlich an der Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit. Nein, unter diesen Bedingungen kann man die Menschen nicht ernsthaft dazu auffordern, weniger Auto zu fahren. Aber natürlich – es gibt auch gute Gegenargumente…
https://www.kirche-im-swr.de/?m=38371SWR2 Wort zum Tag
Geburten verändern so einiges. Sie stellen das Leben auf den Kopf. Wohl kaum ein Ereignis hat so einen spürbaren Einfluss auf das Leben der Eltern, der Familie, wie die Geburt eines Kindes. Und manche Geburten haben nicht nur das Leben der betroffenen Familie verändert, sondern die ganze Welt.
Wie zum Beispiel die Geburt Jesu. Viele Kirchen erinnern heute an seine Mutter Maria. Allgemein steht in der Bibel nicht viel über Jesu Familie. Aber wie euphorisch der Anfang war, davon berichtet Lukas in seinem Evangelium sehr ausführlich:
Maria besucht ihre Verwandte Elisabeth. Bei ihrer Ankunft stimmt Maria in einen Lobgesang ein, das sogenannte Magnificat:
Ich lobe Gott aus tiefstem Herzen
Alles in mir jubelt vor Freude
Diese Begeisterung können sicher viele Schwangere teilen. Aber dann ändert sich der Ton. Maria singt:
Gott stürzt die Machthaber vom Thron
Und hebt die Unbedeutenden hervor
Er füllt den Hungernden die Hände mit guten Gaben
Und schickt die Reichen mit leeren Händen fort
(Lukas 1,46ff in Auszügen)
Maria lobt und dankt Gott und verbindet das gleichzeitig mit der Aussage: Gott ist da für die Unterdrückten und Hungernden, für die Schwachen in der Gesellschaft. Das finde ich bemerkenswert, weil hier schon vieles von dem vorweggenommen wird, das später auch Jesus einfordert und lebt. Was Maria hier sagt, konkretisiert sich später im Leben und Handeln Jesu. Hat Jesus diese Ideen von seiner Mutter übernommen? Es wäre doch naheliegend, dass ihn seine Familie, seine Mutter geprägt hat…
Dieses Magnificat der Maria spielt in der sogenannten Befreiungstheologie eine wichtige Rolle. Diese ist vor ungefähr 60 Jahren in Lateinamerika entstandene und setzt sich ein für gesellschaftlich Benachteiligte ein.
Wie Maria sind sie davon überzeugt: Wir haben Gott auf unsere Seite, er setzt sich für unsere Sache ein. Wir können uns auch gegen die Mächtigen auflehnen. Denn Gott ist in diesem Sinne nicht politisch neutral, sondern auf der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten. Die Worte Marias haben Menschen weltweit immer wieder Mut und Hoffnung gegeben, sich gegen Unterdrücker und Ausbeuter aufzulehnen und für ein besseres Leben zu kämpfen. Sie tun es bis heute.
Maria hat nicht nur durch die Geburt ihres Sohnes, sie hat auch durch ihre eigenen Worte die Welt verändert.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=38370SWR2 Wort zum Tag
Hören kann sie ziemlich gut. Die Dirigentin Lydia Tár besitzt das absolute Gehör. Ohne Hilfsmittel erkennt sie jeden falschen Ton. Eine nützliche Gabe für eine Dirigentin. Anhand der fiktiven Figur Tar erzählt der gleichnamige Film die Geschichte einer Frau, die beruflich fast alles erreicht hat. Als erste Frau leitet sie ein großes deutsches Orchester. Sie ist ganz oben angekommen.
Privat hingegen läuft vieles schief. Ihre Beziehung kriselt. Menschen aus ihrem Umfeld behandelt sie oft kalt und abweisend. Sie will und kann die Probleme und Gefühle, die andere ihr gegenüber aussprechen, nicht verstehen. Lydia Tár kreist vor allem um sich selbst.
Der Film handelt von Macht und deren Missbrauch im klassischen Musikbetrieb. Es geht um eine Frau in einer männerdominierten Welt.
Besonders eindrücklich finde ich aber die klaffende Lücke zwischen dem, wie herausragend die Dirigentin in ihrem Beruf ist, auch dank ihres absoluten Gehörs. Und ihrer gleichzeitigen Unfähigkeit, anderen zuzuhören und auf sie einzugehen. Ja, hören kann die Dirigentin Tár fast alles. Aber zuhören fällt ihr schwer.
Wer Ohren hat, der höre – dieser Satz ist von Jesus überliefert.
Ich denke, was er damit sagen wollte: Wir sollen einander wirklich zuhören und aufeinander eingehen. Dafür muss ich das, was der andere sagt, auch wirklich verstehen und nachvollziehen wollen, versuchen, mich in ihn hineinzuversetzen. Ich muss mich selbst zurücknehmen und dem anderen Raum geben: Seiner Sicht, seiner Meinung, seinen Erfahrungen. Ein absolutes Gehör braucht es dafür nicht; eine aufgeschlossene Haltung dem anderen gegenüber schon.
Das heißt ja nicht, dass ich dem anderen immer Recht geben muss oder dass es keine Rolle mehr spielt, was ich denke oder fühle. Aber als aufmerksamer Zuhörer kann ich dann selber auch darauf hoffen, dass mir der andere wirklich zuhört.
Und ich glaube, einfach mal zuhören und einander verstehen wollen, das ist die Basis für ein gutes Miteinander. So nehme ich andere Menschen ernst. So beuge ich Missverständnissen vor. Und es tut mir auch selbst gut, wenn ich merke: da hört mir einer richtig zu.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=38369SWR1 3vor8
Auf so ein Frühstücksei am Sonntagmorgen gehört für mich ein bisschen Salz. Das schmeckt mir dann einfach besser. Wie so vieles. Ohne Salz geht’s nicht – hat sich auch Jesus gedacht.
Ihr seid das Salz der Erde. Das hat er in einer Rede zu seinen Anhängern gesagt. Über diese Rede wird heute in vielen evangelischen Kirchen gepredigt. Ihr bringt Geschmack in die Welt hat sich Jesus wohl gedacht.
Salz hat ja eine recht interessante Eigenschaft. Für sich allein ist es mehr oder weniger unbrauchbar. Statt Ei mit Salz, nur ein Löffelchen Salz? Nein danke! Salz entfaltet seinen Geschmack erst in Verbindung mit anderen Lebensmitteln. Genauer: Es kitzelt den guten Geschmack bei anderen Lebensmitteln heraus, indem es eine Symbiose mit seiner Umgebung eingeht. Im Nudelwasser zum Beispiel löst es sich ja sogar komplett auf. Und dadurch entfaltet sich der gute Geschmack.
Ich meine, das ist es auch, was Jesus seinen Anhängern sagen wollte. Ihr seid Salz, es ist gut, dass ihr da seid; ihr bringt Würze in die Welt und könnt dran mithelfen, dass das Leben der Menschen gut schmeckt. Also verbindet euch mit der Welt und eurer Umwelt und bewirkt Gutes.
Für mich ist das heute eine Ermahnung an die Kirche, sich nicht allzu sehr mit sich selbst zu beschäftigen. Sie sollte nicht zu viele Kräfte für interne Prozesse verpulvern, sondern sich dabei auf das Notwendige beschränken. Wie schaffen wir es, dass wir für die Menschen und die Gesellschaft da sind?
Ich habe den Eindruck: Manche innerhalb der Kirche würden manchmal am liebsten unter sich bleiben.
Aber Salz braucht ein Gegenüber, wie gesagt, für sich alleine ist es relativ nutzlos. Und ich glaube, auch die Kirche schafft dann Gutes, wenn sie präsent ist im Leben der Menschen. Wenn sie vor Ort Gutes bewirkt, ein offenes Ohr hat für Familien, für Menschen, die trauern, für neu Zugezogene oder für Einsame. Sie sollte dahin schauen, wo Hilfe gebraucht wird und mit anderen gesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten. Kirche erfüllt ihren Auftrag, wenn sie eine lebendige Verbindung mit der Welt eingeht und das Leben der Menschen schmackhafter, gerechter und besser macht. Ihr seid das Salz der Erde – das heißt für mich dabei mitzuhelfen, das Beste aus der Welt herauszukitzeln.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=38095SWR1 3vor8
Stellen Sie sich mal vor, Sie haben nächstes Wochenende eine Geburtstagsparty oder ein anderes großes Fest geplant und kurz vorher sagen alle Gäste ab – obwohl Sie schon Monate vorher brav die „safe the date“ Karten verschickt haben. Was für ein Desaster! Die Enttäuschung wäre sicher riesig: Niemand will sich für ihr Fest Zeit nehmen!
So ähnlich ergeht es einem Mann in einer Erzählung aus der Bibel über die heute in vielen evangelischen Kirchen gepredigt wird. (Lukas 14, 17ff)
Seine Gäste sagen der Reihe nach ab. Einer, weil er sich um seinen Acker kümmern muss. Ein anderer hat mit seinen neuen Ochsen zu tun. Es ist der der ganz normale Alltag zur damaligen Zeit, der die Eingeladenen vom Kommen abhält. Die Gäste sagen ab, weil sie arbeiten müssen oder wollen. Der Alltag hat Vorrang, sie nehmen sich keine Zeit zu feiern.
Diese Erzählung hat mich ins Nachdenken gebracht. Wie setze ich eigentlich meine Prioritäten? Was ist mir wichtig? Ordne ich meinem Alltag alles unter? Denn ich habe natürlich auch schon Einladungen ausgeschlagen.
Obwohl ich das eigentlich brauche. Feste, Feiern, einfach raus aus dem Alltag, Routinen durchbrechen. So ein Fest, das ist für mich ein Stück Freiheit. Und ich glaube es tut einfach gut zu feiern, weil ich einen anderen Blick und neue Energie für meinen Alltag bekomme.
Mehr feiern! Vielleicht ist das ein gutes Motto für den Sommer. Öfter meinen alltäglichen Trott durchbrechen, lieber mal irgendwas auf dem Schreibtisch liegen lassen und das Leben genießen. Auf zur Gartenparty, zur Geburtstagsfeier, ins Sommernachtskino, zum Konzert.
Oder in den Gottesdienst. Denn ein Gottesdienst ist auch eine Feier. Und so kann man auch diese biblische Erzählung verstehen: Es geht hier um Gott. Er hat die Menschen eingeladen. Gott lädt die Menschen ein, ihren Alltag zu unterbrechen – durch Musik, durch andere Menschen, durch gemeinsames Feuern. Ich glaube, Gott weiß: die Menschen brauchen das. Sich auf etwas anderes konzentrieren als den Alltag, sich Gott zuwenden.
Also welche Art der Feier man auch bevorzugt – aus Routinen ausbrechen, rein ins Vergnügen, die Lebenszeit genießen und dadurch neue Kräfte sammeln. Ich glaube, das gefällt Gott.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37824SWR2 Wort zum Tag
Über das Wetter wurde schon ganz schön viel gemeckert in diesem Jahr. Und ich schließe mich da als Meckerer absolut mit ein. Es war aber auch kalt und regnerisch in diesem Frühjahr. Zum Glück ist es ja dann irgendwann besser geworden.
Denn ich habe es lieber sonnig und warm. Aber natürlich bitte auch nicht zu heiß. 40 Grad im Juli brauch ich auch nicht.
Tja, es ist nicht ganz leicht mit dem Wetter, optimal ist es eigentlich selten. Und immer eine Frage der Perspektive. Der viele Regen im April und Mai habe dem Grundwasserspiegel und damit unserer zukünftigen Wasserversorgung doch sehr gut getan, habe ich immer wieder gehört. Was mich nervt, tut der Natur und unserer Zukunft gut – alles eine Frage der Perspektive.
Ein weiterer Vorteil, den die langen Regentage mit sich gebracht haben. Ich konnte mich mal hinsetzen und was lesen. Und dabei bin ich auf ein Gebet des Theologen Reinhold Niebuhr gestoßen:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Diese Zeilen werden auch als Gelassenheitsgebet bezeichnet. Das hat mich überzeugt. Warum soll ich mich über etwas aufregen, das ich doch nicht ändern kann? Einfach mal locker bleiben, so schlimm ist Regen jetzt auch wieder nicht. Irgendwie ist es sinnlos, sich darüber aufzuregen.
Es passiert ja eh vieles im Leben, das ich nicht beeinflussen kann. Wobei manches sicher schwerer zu akzeptieren ist als ein bisschen Regen. Aber vielleicht ist das Wetter eine gute Übung, um auch in den Stürmen des Lebens gelassen zu bleiben. Akzeptieren lernen, dass ich manches nicht ändern kann. Ich denke, Energie in Änderungsprozesse zu stecken, die von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg haben, kostet viel Kraft. Kraft, die mir dann vielleicht fehlt, das zu ändern, was ich zum Guten beeinflussen könnte.
Aber kann ich das vorher immer schon so genau wissen?
Gott, gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Ich glaube, es hat einen guten Grund, dass Niebuhr seinen Wunsch als Gebet formuliert hat. Weil es natürlich wünschenswert ist, gelassen zu bleiben und Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann. Weil es notwendig wäre, manches zu verändern. Aber weil das eben auch schwierig ist. Ich brauche jemanden, der mich dabei unterstützt. Und richte meine Bitten deshalb an Gott.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37823SWR2 Wort zum Tag
Der alte Mann mit weißem Bart, ein liebender Vater. Manchmal bin ich erstaunt, wie hartnäckig sich dieses Bild von Gott in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt hat.
Denn n der Bibel gibt es viele unterschiedliche Gottesbilder. Gott wird zum Beispiel häufig mit Tieren verglichen. Er sei wie ein Adler, heißt es an einigen Stellen. Einmal wird Gott auch mit einer Henne verglichen. Damit soll beschrieben werden, dass Gott die Menschen beschützt, wie der Adler oder die Henne ihre Kinder unter ihren Flügeln vor Gefahren bewahren. Gott werden aber auch die Eigenschaften eines Löwen zugeschrieben. Mutig und stark soll er sein. Auch mit einem Lamm wird er gleichgesetzt. Dieses Bild symbolisiert, dass Gott die Menschen von ihren Sünden befreit. Gott opfert sich für die Menschen.
Henne, Adler, Löwe, Lamm – das allein ist schon eine ganze Bandbreite an Vorstellungen und Eigenschaften, die von Gott erzählen.
Das zeigt: Ein Bild oder ein Vergleich reicht nicht aus, um Gott in seiner Größe und Vielfalt zu erfassen. Das mag zwar etwas verwirrend sein, aber ich finde es trotzdem hilfreich, dass Gott so vielfältig ist. So kann er mir in unterschiedlichen Lebenslagen und Situationen nahekommen. Manchmal kommt mir Gott durch das eine Bild nahe, wenn ich in einer anderen Situation oder Stimmung bin durch ein anderes. Aber alle diese Vorstellungen und Bilder gehören zu Gott und machen ihn aus.
Wenn ich Gott beschreiben soll, dann greife ich meist nicht auf tierische Vergleiche zurück, sondern auf eine ganz und gar menschliche Geschichte: das Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Der Sohn lässt sich vom Vater sein Erbe auszahlen, zieht durch die Welt, verprasst alles und kommt irgendwann als gebrochener Mann, mittel- und hilflos, wieder nach Hause zurück. Sein Vater – und es könnte genauso gut seine Mutter sein – empfängt ihn mit offenen Armen und freut sich einfach, dass sein Sohn wieder da ist. Er wirft ihm nichts vor, sondern nimmt ihn als seinen Sohn wieder auf und veranstaltet ein großes Fest.
Jesus hat gesagt sagt: So wie dieser Vater ist Gott. Mir ist dieses Bild von Gott nahe: Ein Gott, der verzeiht, Freiraum lässt, nichts fordert, aber da ist, wenn ich ihn brauche. Und der sogar Lust auf eine große Party bekommt, wenn ich zu ihm komme.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37822SWR2 Wort zum Tag
„Ein Komiker von Gottes Gnaden.“ Das steht auf einer Statue, an der ich in Stuttgart ab und zu vorbeilaufe. Gemeint ist damit der verstorbene Komiker Vicco von Bülow alias Loriot. Ich kenne eigentlich niemanden, der Loriots Humor nicht mag. Ob der Mops, Familie Hoppenstedt oder die Badeente als Zankapfel. Alle sind sich einig: das ist einfach witzig.
Bei Comedy, die aktuell über den Fernsehbildschirm flimmert, kann ich so eine Einigkeit in der Beurteilung nicht feststellen. Dieter Nuhr witzelt über Klimaaktivisten. Die Heute-Show arbeitet sich an der FDP ab. Mario Barth scherzt über transidente Menschen. Eine bestimmte Zielgruppe findet das lustig, andere fühlen sich dadurch angegriffen. Bei Loriot ist das anders. Seine Filme und Bücher sind echte Klassiker, hinter denen man sich gemeinsam versammeln kann. Ich glaube, das hängt damit zusammen, weil sein Humor nicht auf Kosten anderer geht. Er zeigt nicht mit ausgestrecktem Zeigefinger auf andere. Stattdessen hält er uns einen Spiegel vor. Wer über Loriots Figuren lacht, lacht über sich selbst.
Ein Komiker von Gottes Gnaden. Ich weiß nicht, ob Loriot etwas mit Gott anfangen konnte. Aber ich bin überzeugt, dass Gott viel mit ihm anfangen kann. Weil Humor etwas Göttliches hat. Wenn ich ehrlich und unbeschwert lachen kann, ohne dabei jemanden auszulachen, dann macht das mein Leben leichter und besser. Und das ist es, was Gott für die Menschen will: ein gutes Leben.
Humor verbindet und muntert auf – auch in schwierigen Zeiten. Wenn es nicht gut läuft, wenn man trauert, dann ist es ein Segen, wenn mir jemand ein Lächeln entlockt. Oder sogar ein herzhaftes Lachen. Wer seinen Schmerz für einen Moment vergessen kann, gewinnt vielleicht auch wieder eine andere Perspektive auf das Leben. Lachen, finde ich, hat befreiende Wirkung. Ja, ohne Humor und Lachen wäre das Leben oft trostlos. Ein immer fortwährender ernsthafter Trott. Für mich eine schlimme Vorstellung. Deshalb finde ich es eine Gnade Gottes, dass es Menschen gab und gibt, die mich zum Lachen bringen.
Gerne würde ich Sie heute auch zum Lachen zu bringen. Aber so lustig wie der Großmeister des Humors bin ich sicher nicht. Vielleicht schauen Sie sich also lieber mal wieder eine Folge von Loriot an. Und freuen sich an seinem göttlichen Humor.
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Früher hätte ich das nicht gemacht. Alleine Essen gehen zum Beispiel. Oder ohne Verabredung ins Schwimmbad. Es wäre mir peinlich gewesen – ganz allein unterwegs zu sein. Was sollen da die anderen denken? Ist wohl ein komischer Typ. Hat der keine Freunde? Ich wollte nicht, dass irgendjemand auf die Idee kommt, ich könnte vielleicht einsam sein.
Heute bin ich da viel entspannter. Man könnte auch sagen: selbstbewusster. Ich schäme mich nicht dafür, wenn ich mal alleine unterwegs bin. Wahrscheinlich ist das auch eine Altersfrage. Als Jugendlicher oder junger Mensch denkt man vielleicht öfter darüber nach, wie man auf andere wirkt.
Auch eine Weisheit aus der Bibel hat mir geholfen. Da heißt es: Der Mensch sieht nur das Äußere. Aber Gott sieht auf das Herz (1. Samuel 16,7). Ich sehe als Mensch immer nur einen ganz kleinen Ausschnitt vom Anderen. Insbesondere bei Fremden, die ich einfach nur mal zufällig treffe oder sehe. Nur Gott sieht alles vom Menschen. Und ich finde, da kann ein Perspektivwechsel hilfreich sein. Was denke ich, wenn ich jemanden sehe, der zum Beispiel allein im Restaurant oder in der Kneipe sitzt? Ich sehe nur das Äußere. Ich weiß ja gar nicht, warum er allein ist. Ich sehe die Gründe nicht. Vielleicht ist er ja gerne einmal für sich. Oder er wartet auf jemanden. Oder er ist auf der Durchreise. Oder, oder, oder… Vielleicht ist er auch tatsächlich einsam. Und hat sich zum ersten Mal seit langem überwunden auszugehen – und das tut ihm gerade gut.
Und am Ende geht es mich eigentlich auch gar nichts an. Warum soll jemand nicht alleine unterwegs sein?
Und angeblich denken viele Menschen so. Ich habe neulich etwas über eine Studie dazu gelesen. Da kam heraus: Man macht sich selbst viel mehr Gedanken darüber, was andere über einen denken, als die anderen es tatsächlich tun. Wir überinterpretieren unsere eigene Wirkung sozusagen. Ich finde das eigentlich ganz angenehm. Es gibt mir Freiheit das zu tun, was ich möchte – auch allein.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37490SWR2 Wort zum Tag
Es ist jetzt schon bald zwei Jahre her, dass die Flutkatastrophe im Ahrtal ganze Dörfer weggerissen hat. Menschen sind infolge des Hochwassers gestorben, viele haben ihr Hab und Gut verloren, Infrastruktur wurde zerstört. Leider passieren solche Naturkatastrophen immer wieder. Ich denke da zum Beispiel auch noch an das schreckliche Erdbeben in der Türkei und in Syrien vor einigen Wochen. Wenn so etwas passiert, dann heißt es manchmal, dass die Katastrophe ein biblisches Ausmaß hatte.
Denn von einer großen Flut wird auch in der Bibel erzählt. Da heißt es: Gott war wütend und enttäuscht von den Menschen. Denn sie haben sich gegenseitig getötet, gehasst und schlecht behandelt. Gott wollte die Menschen vernichten. Nur Noah, seine Familie und die Tiere sollten überleben. Deshalb hat Gott Noah in seinen Plan eingeweiht und ihm gesagt, er solle ein Schiff bauen. Dann hat Gott es so lange regnen lassen, bis alles überflutet war. Ich finde es schrecklich, was Gott da tut. Gerade mit den Bildern aus dem Ahrtal vor Augen, die immer noch präsent sind. Für mich bleibt das ein dunkles biblisches Kapitel. Aber zum Glück endet die Geschichte nicht im Untergang.
Irgendwann hört es auf zu regnen. Und: Gott ist anscheinend selbst erschrocken über das Ausmaß der Katastrophe, die er selbst herbeigeführt hat und gibt eine Selbstverpflichtung ab. Er will so etwas nicht mehr tun. Er sagt: „Nie wieder will ich die Erde wegen der Menschen verfluchen. Nie wieder will ich alles Lebendige so schwer bestrafen, wie ich es getan habe. (Genesis 8,21). Trotzdem haben Menschen persönliche oder globale Katastrophen immer wieder als Strafe Gottes aufgefasst. Und manchmal hat die Kirche diesen Glauben sogar noch befeuert. Hat Ängste geschürt statt genommen. Deshalb finde ich es wichtig, mir und anderen immer wieder das Ende der biblischen Sintflutgeschichte vor Augen zu stellen. Nie wieder soll eine Sintflut die Erde vernichten. Gott verursacht keine Fluten oder Erdbeben mehr. Das verspricht er Noah und allen Menschen, die ihm nachfolgen. Unabhängig davon, was Menschen tun. Für mich bedeutet das, dass Gott für das Leben steht. Nicht für die Zerstörung.
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