Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR1

 

SWR4

 

Autor*in

 

Archiv

SWR4 Abendgedanken BW

Jeder Mensch braucht ein  Basislager. Basislager - davon war vor einigen Wochen wieder  öfter die Rede, nachdem kurz unterhalb  eines Himalajagipfels der Partner einer süddeutschen Bergsteigerin neben ihr ausgerutscht und in die Tiefe gestürzt war. Allein muss die Frau hinuntersteigen  zum Basislager , das sie nach über neuen Stunden Abstieg erreicht. Jetzt erst  begreift sie, was geschehen war, jetzt erst kann sie damit  beginnen, das Unglück zu verarbeiten.

Basislager, das ist die Station auf sicherem Grund, von wo aus die Bergsteiger aufbrechen in gefährliches Gelände, da sind die Freunde und Helfer. Ein solches Basislager braucht jeder Mensch, auch wenn er kein Bergsteiger ist. Einen Ort, an den man sich zurückziehen kann, an dem man sich fallen lassen darf. Eine Gemeinschaft mit Menschen, denen man vertrauen kann, meine Überzeugung, die mir Hoffnung gibt. Ein Basislager. Basis ist die Grundlage, der  Ort, von dem ich ausgehe , von dem ich herkomme und an den ich zurückkehre.

Eine solche Basis in meinem Leben kann ganz verschieden aussehen. Meine Herkunft, meine Ausbildung, meine Familie, meine Freunde und meine Erfahrungen haben diese Basis gelegt. Viele Begegnungen mit Menschen, glückliche und leidvolle Ereignisse bauen diese Basis weiter, und so entwickelt sich für mein Leben so etwas wie ein Basislager. Das brauche ich zum Leben.

Was wir heute Basislager nennen, das war in früheren Zeiten eine Burg, eine von Mauern umgebene und gesicherte Stadt. Von einem solchen Ort redet in der Bibel ein Psalm, wenn es da heißt: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen  bleibt, der spricht zu dem Herrn: meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe."  In dem Vertrauen auf diesen Gott, in dem Glauben, dass ich auf die Verbindung zwischen mir und ihm immer wieder zurückkommen  kann,  habe ich meine Basis. Daher beziehe ich meine Kraft, dahin kann ich mich immer wieder wenden. Allein schaffe ich das nicht. Dazu brauche ich  andere Menschen, die mit mir zusammen Gott suchen, auf ihn hoffen und von ihm die Kraft zum :Leben haben. Wie gut, wenn mich jemand begleitet, Zeit für mich hat und mir ein Stück weiterhilft. Denn oft stehe ich auf unsicherer Basis, und ich bin froh, wenn mir jemand hilft, mich zu trauen und auch eine schwierige Aufgabe anzugehen. In demselben Psalm lese ich auch die Zusage: Gott hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9192
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

„Ich krieg gleich die Krise" - das ist der Ausruf eines entnervten Menschen, der nicht mehr weiterkommt, auf den alles einstürmt, der nur noch Misserfolge zu erleben scheint. So etwas wie ein Tiefpunkt, ein Tiefschlag in einem Kampf ist die Krise, eine fast auswegslose Situation.

Dabei reden wir auch von der Krise in einem etwas anderen Sinn: jetzt ist die Entscheidungssituation gekommen, heißt es dann, etwa bei einer schweren Krankheit. Die Krise weist darauf hin, dass es von nun an besser wird oder sich die Krankheit verschlechtert. Oder wenn sich die Fronten zwischen den Parteien so verhärtet haben, dass nichts mehr geht und sie nicht weiterkommen, dann ist Krisensituation. Wenn eine Ehe oder eine Beziehung sprachlos geworden ist, dann ist sie in der Krise. Krise ist der Punkt und die Situation, in der es zu einer Wende kommen muss, zum Guten oder zum Schlechten.

Ein Mensch, der in eine solche Krise hineingekommen ist und nicht mehr weiter weiß, ist der Prophet Elia. Nach der biblischen Erzählung  ist er in die Wüste geflüchtet und hat sich dort unter einem Wachholderbaum hingelegt um zu sterben. „Es ist genug, Herr" Er will nicht mehr, er kann nicht mehr, alle Perspektiven für eine weitere Arbeit für seinen Glauben und für seinen Gott sind zunichte geworden. Erschöpft schläft er ein unter dem Baum in der Wüste. Ein Engel weckt ihn, ein Brot und ein Krug Wasser stehen da.. „Steh auf , iss und trink" lautet die Weisung des Engels. Er isst , trinkt und legt sich wieder schlafen. Noch einmal weckt ihn der Engel: „Iss und trink". Er tut, was der Engel sagt und steht auf und geht los. 40 Tage lang ist er unterwegs, zu dem Berg Horeb, wo Gott ihm wieder begegnen wird.

Elias Lage kommt mir bekannt vor. Immer wieder ist alles gut gegangen, auch Belastungen habe ich ausgehalten, habe vieles weggesteckt. Vieles hat sich gut und erfolgreich entwickelt. Aber einmal geht es nicht mehr. Ich habe genug, ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Das ist die Krise. Beim Propheten Elia sind es Wasser und Brot, die ihn stärken und wieder auf die Beine bringen, es sind ganz einfache, elementare Dinge. Es kann ein kleines Zeichen des Vertrauenssein, ein freundliches Wort, ein  Wort aus einem Psalm, das mir weiterhelfen kann. Ganz unterschiedlich können die Engel aussehen, die mir weiterhelfen: Menschen , die sich Zeit nehmen für mich; Menschen, denen ich vertrauen kann,  die mich geradein der Krise nicht verlassen. Dass mir jemand sagt: Gott verlässt dich nicht, du bist nicht allein, er hilft dir deine Last zu tragen. So kann eine Krise zu einem neuen Anfang führen, zu einem neuen Weg mit Gottes Hilfe.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9191
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

Das hätte ich wissen müssen, dann hätte ich es anders gemacht. Das sage ich, wenn mir etwas nicht gelingt. Oder: Wenn ich es noch einmal zu tun hätte, würde ich es ganz anders machen. Nun ist es  vielleicht einfach dumm gelaufen. Jetzt ist die Chance vertan und die Gelegenheit verpasst.

Dieses Gefühl kenne ich, und ich bin dann enttäuscht und frustriert über das Ergebnis meiner Anstrengung. Dabei passiert das doch jedem. Anscheinend gehört das einfach zum  Leben, zu jeder Arbeit, genauso wie bei einer Fahrradtour, wenn ich mich verfahre und ganz woanders lande als es mein Ziel war. Aber gerade da habe ich auch schon erlebt, dass ich neugierig werde, wo ich jetzt bin, und dann kann ich an dem unbeabsichtigten Ziel ganz neue und interessante Dinge entdecken. Der Umweg, die Sackgasse gehören dazu und machen meine Erfahrungen reicher und bunter. Gut dass es so gekommen ist, anders als ich wollte, aber doch sehr gewinnbringend. So ist es auch bei den Erfahrungen, die mich zunächst enttäuschen. Am Ende kommt es zwar anders als ich wollte, aber es hätte sich nicht besser ergeben können.

In den biblischen Geschichten wird sehr ausführlich von Josef  erzählt. Der hat offensichtlich die gleichen Erfahrungen gemacht  Seine eifersüchtigen Brüder haben ihn als jungen Mann in die Sklaverei verkauft. Das war sicher eine bittere Erfahrung für Josef. Aber er macht schließlich im fernen Ägypten Karriere und wird Minister. Und als nach langer Zeit seine Brüder hierher kommen , um in einer Hungersnot Getreide zu kaufen, da erkennt er sie wieder.  Dumm gelaufen - mögen sie sich gesagt haben.  Jetzt würden sie es anders machen, wenn sie noch einmal vor die Entscheidung gestellt würden.

Aber Josef rächt sich nicht. Als sie ihn mit schlechtem Gewissen um Vergebung bitten, da sagt er ihnen:  Ihr habt mit eurem Verhalten eine üble Absicht gehabt und Unrecht getan. Gott aber hat daraus eine ganz andere Entwicklung und ein gutes Ende gemacht. Darum habe auch ich keinen Grund zur Rache.  Aus der bösen Absicht ist eine Entwicklung geworden, die alle rettet.

Dumm gelaufen - das ist nur die eine Seite der Sache. Wichtiger aber ist, was am Ende steht und wie es weitergeht.  Oft steht am Ende eine Erfahrung, für die ich nur dankbar sein kann. Ein Weg voller Irrtümer und Enttäuschungen kann doch zu einem Ziel führen, das mir gerade  weiter hilft. Daraus kann, wie bei Josef, die Erfahrung wachsen, dass Gott die Richtung des Geschehens mitbestimmt .

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9190
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

Die  Menschen wurden von Gott ganz zuletzt geschaffen. So erzählt es jedenfalls die Bibel. Warum eigentlich als letzte, haben sich deshalb schon viele gefragt. Ein jüdischer Rabbi hat darauf folgende Antwort gefunden: Erstens damit der Mensch nicht später behaupten kann, er habe bei dem großen Werk der Schöpfung mitgewirkt. Zweitens damit er Demut lerne und erkenne, dass er erst nach dem kleinsten Wurm, und nach der Schmeißfliege in die Welt gekommen ist. Und drittens damit er Dankbarkeit lernt. Denn der Mensch kann sich an den gedeckten Tisch aller Gaben der Schöpfung setzen , die gerade ihm zur Verfügung stehen.

Ich finden: damit werden wir Menschen mit unserer Bedeutung vor Gott und in der Welt an die richtige Stelle gerückt. Alles was wir haben, die ganze Fülle dessen, was  es auf der Erde gibt, können wir benutzen. Und unser Geist und unsere Fantasie können sich entfalten und das Leben gestalten. Aber alles was wir nutzen und gebrauchen, ist schon vor uns da. Und dabei sollen wir erkennen, dass wir selbst zur Fülle der Schöpfung gar nichts beigetragen haben.

Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, und das Menschenkind, dass du dich seiner annimmst? So fragt ein Mensch in einem Psalmgebet in der Bibel. Mit allen Gaben und Fähigkeiten ist er ausgestattet, die höchsten Leistungen und die tollsten Erfindungen bringt er fertig. Den schlimmen Krankheiten rückt er zu Leibe und die höchsten Berge kann er bezwingen. Aber auch die schlimmen Katastrophen und die Zerstörung des Lebens vieler Menschen gehen auf sein Konto. Was ist der Mensch, dass du Gott an ihn denkst? Mit Ehre und Macht hast du ihn gekrönt, Gott. Das ist die eine Seite.

Der Rabbi weist aber auch auf die andere Seite hin:  Auch du, Mensch, bist wie alle anderen Geschöpfe  Gottes Werk, als letzter von allen geschaffen. Und alles was du hast und kannst, ist eine Gabe des Schöpfers. Warum ist das so? Damit wir nicht vergessen, dass wir diesem Schöpfer gegenüber verantwortlich sind. Verantwortlich  für alles, was die Erde uns bietet und was wir daraus machen. Und  damit wir wahrnehmen, das wir unser Leben haben inmitten von Leben, das auch leben will. Wenn wir darüber nachdenken, können wir dankbar und auch ein bisschen demütig sein; denn denken und danken haben etwas miteinander zu tun.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9189
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

„Lasst uns einen Turm bauen, dessen Spitze bis zum Himmel reicht, damit wir uns einen Namen machen."  So beginnt eine alte Geschichte, die Geschichte vom Turmbau zu Babel, die die Bibel erzählt. Wie ging die Sache aus? Die Menschen haben sich nicht mehr verstanden, ihre Sprachen wurden verwirrt, sie wurden in alle Winde zerstreut, und der Turm blieb eine Bauruine. Eine böse Geschichte ohne happy end.

Ist das eine wirklich alte Geschichte? Heute heißt es: „Wohlauf, lasst uns nach Öl bohren bis in Tausende von Metern im Meer, damit unsere Ölgesellschaft mächtiger wird als alle Regierungen! Wohlauf, lasst uns gegen die europäischen Länder und ihre Währungen zocken, damit sich unser Gewinn noch einmal vervielfacht! Wohlauf, lasst uns künstliches Leben machen, damit wir endlich einen Menschen schaffen können, der ohne Fehler ist! Turmbauer gibt es also auch heute genug, die sich einen Namen machen wollen. Der Größenwahn und die Überheblichkeit boomen, und mancher wird auch an Stuttgart 21 denken.

Eine echte Alternative dazu ist die Demut. Denn Demut bedeutet, sich selbst zurückzunehmen, sich zur eigenen Schwäche zu bekennen und damit immer wieder anderen den Vortritt und den Erfolg zu überlassen. Demut beschreibt in der Bibel das Verhalten von  Menschen, die mit Gott rechnen. Sie sind es nicht allein, die die Welt beherrschen und umgestalten. Sie rechnen damit, Gott und anderen Menschen gegenüber Verantwortung zu tragen. Dabei ist Demut ein  Verhalten, das für unsere Zukunft lebenswichtig ist. Demut bedeutet: wir brauchen keinen Turm zu bauen, wie immer er aussehen mag, um uns einen Namen zu machen.  Denn wir haben bereits einen Namen und ein Gesicht. „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein."  Es gibt keine  größere Wertschätzung als diese, mit der Gott uns anredet. Als seine Kinder, als seine Partner, als seine Freunde.

Dies genügt uns zum Leben, dies ist der Grund für unsere Demut, mit der wir Gott anerkennen. Denn dies ist der Ausdruck der Wertschätzung, mit der Gott uns begegnet. Mit dieser Haltung können wir uns auch anderen Menschen zuwenden, den Kindern , den Armen, den Fremden. Für die Verantwortlichen der gigantischen Bauvorhaben könnte Demut bedeuten, einzuräumen : ich bin mir nicht mehr so sicher, ich kann den Widerstand verstehen, möglicherweise habe ich nicht genug getan, die Zweifelnden und Andersdenkenden zu gewinnen. Und für die Gegner könnte es bedeuten, auch den Befürwortern zuzugestehen, dass sie das Beste für unsere Zukunft wollen. Unsere geplagte Welt braucht keine Türme, sondern Menschen, die alles tun, in unserer Gemeinschaft ein friedliches Zusammenleben möglich zu machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9188
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

In der Moschee werfen sich junge und alte Männer auf den Boden und beten. Das kann man immer wieder auf Bildern sehen. Und jedes Mal frage ich mich: Wie beten eigentlich wir Christen? Wie bete ich? Im stillen Kämmerlein, vor dem Einschlafen, im Gottesdienst?
Von Moses , dem großen Führer des alten Volkes Israel, wird in der Bibel einmal gesagt, Gott habe mit ihm geredet wie ein Mann mit seinem Freund. So wird das Gebet beschrieben. Menschen reden mit Gott wie mit einem Freund. So selbstverständlich soll das Beten sein. Auch Jesus hat die Menschen, die ihm nachgefolgt sind, als seine Freunde bezeichnet, die mit Gott reden  können wie Freundinnen und Freunde miteinander.
So wie Menschen miteinander reden, so soll es mit dem Beten sein: es gehört mitten ins Leben. Nicht nur für die Grenzsituationen ist Beten wichtig, wenn keine Medizin und kein Arzt mehr helfen können und man anscheinend nur noch beten kann. Sondern im Inland unseres Lebens, in unserem Alltag hat das  Beten seinen Platz.
Meine Hoffnungen und meinen Ärger, meine Ängste und meine Sorgen, meine Freunde und meine Kinder, auch meine Feinde und meine ungelösten Probleme kann ich im Gebet vor Gott ausbreiten. Ich kann danken, weil ich eine Sorge losgeworden bin, ich kann bitten um eine hilfreiche Idee angesichts einer Aufgabe, die mich ratlos macht, ich kann darum  bitten , dass ein Freund in seiner Einsamkeit Menschen findet, die ihn begleiten.
Dabei verändert mich das Beten. Denn wenn ich rede wie zu einem Freund, bin ich nicht mehr allein. Dann muss ich auch nicht mehr allein eine Lösung finden. Denn ich habe einen Teilhaber, einen der mithört und mitwirkt. Ich muss auch nicht mehr Stärke markieren, sondern kann mich zu meiner Schwäche bekennen. Beten verändert auch meine Umgebung. Denn wenn ich bete weiß ich, dass andere auch beten, dass vieles in einem größeren Zusammenhang anders aussehen kann und ich nicht mehr  allein betroffen bin.  Beten verändert aber auch Gott. So wie sich ein Freund auf mich einlässt und  antwortet, sich bewegt und verändert, so wird aus dem unbekannten und oft starren Bild Gottes ein Partner, der mich hört und versteht. Jesus nennt ihn Vater und ermuntert uns, ihn anzureden: Unser Vater, mein Freund. Zum Gebet gehört das Vertrauen, dass er mithört, reagiert. Jesus vergleicht das Beten einmal mit der Bitte eines Kindes an den Vater, ihm zu essen zu geben. Niemals wird er ihm dafür einen Stein anbieten. Wie die Reaktion Gottes ausfällt, das ist nicht meine Sache, das habe ich nicht in der Hand. Aber ich glaube, dass mich mein Freund nicht einfach im Stich lässt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8542
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

Ein junger Mann aus unserem Bekanntenkreis  soll als Soldat nach Afghanistan versetzt werden.  Zu den Vorbereitungen gehört auf dringenden Rat seiner Vorgesetzten, ein Testament zu schreiben. Unvorstellbar ist das für seine Freundin : so jung und schon ein Testament.  Sie will auch nicht mit ihm darüber  sprechen, und überhaupt ist das Thema Tod für sie tabu. Für ihn war das zunächst auch nicht leicht; aber nun findet er, dass er für seinen zukünftigen Dienst nicht einfach den Tod ausklammern kann. Und es liegt ihm sehr viel daran., gerade mit seiner Freundin über diese Situation zu sprechen. Sie ist doch der Mensch, der ihm am nächsten steht. Er liebt sie und lebt mit ihr zusammen.
Ich kann das gut verstehen, dass die junge Frau alles abwehrt, was ihr Glück und ihre Liebe gefährden kann. Sie will in ihren Gefühlen und Überlegungen diese Angst einfach aussperren. Auf der anderen Seite weiß sie auch, dass sie die Augen nicht verschließen darf vor Bedrohungen, die für ihren Freund ganz real sein werden.  Und sie will ihn gerade jetzt, da er nicht leichten Herzens in diesen Einsatz geht, unterstützen. Sie will bei ihm sein und ihm helfen, mit seiner Unruhe und seiner Angst fertig zu werden.
Was könnte diesen beiden jungen Leuten wohl helfen, mit ihrer angst umzugehen?  In einem Psalmgebet in der Bibel steht der Satz: Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Ich weiß keine bessere Wegzehrung für einen Menschen, der in eine Zukunft geht, die besonders gefährlich ist. Du gehst nicht allen. Gott kennt deinen Weg und gibt dir ausdrücklich Geleitschutz mit. Seine Engel sollen dich auf all deinen Wegen behüten. Seine Engel, das können seine Kameraden sein oder die Gebete und begleitenden Gedanken seiner Freundin. Das können aber auch Überlegungen und Planungen sein, die dein Verhalten bestimmen. Engel Gottes sind Menschen, sind gute und hilfreiche Wünsche und Gedanken, sind Ratschläge und Überlegungen auf dem Lebensweg. Ich bin sicher: da überall sind Gottes Engel am Werk. Durch seine Engel lässt er dich nicht allein und gewährt dir Schutz.
Das möchte ich dem jungen Soldaten sagen, der sich auf seinen Auslandseinsatz vorbereitet. Und auch seiner Freundin. Vielleicht hilft ihnen das ja in ihrer Angst. Vielleicht können sie dann auch über Gefahren reden und ihre Verbundenheit miteinander in dem Testament zum Ausdruck bringen und so ihre Liebe zueinander stärken. Weil sie wissen: Was auch geschieht, „Gott hat seinen Engeln befohlen ,das sie dich behüten."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8541
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

Nur der ist wirklich Realist, der glaubt. Das hat Martin Buber gesagt, ein jüdischer Religionsphilosoph, der 1933 seinen Lehrstuhl an der Frankfurter Universität aufgeben musste. Er lebte und lehrte in der festen Überzeugung, dass nur der wirklich Realist ist, der glaubt. Wer glaubt, lebt ganz in der Wirklichkeit ohne Abstriche und Verkürzung. Denn zur Wirklichkeit gehört nicht nur, was wir sehen, wahrnehmen, messen und überprüfen können. Wirklichkeit ist auch meine Sehnsucht und das, worauf ich hoffe, mein Glück und woran ich verzweifle, Wirklichkeit ist mein ganzes Leben und auch sein Ende. Zu meiner Überzeugung von Wirklichkeit gehört, dass Gott hier immer seine Hand im Spiel hat - mit ihm zu rechnen gehört zur ganzen Wirklichkeit.
So ist es also nicht nur ein bestimmtes Gefühl, wenn ich versuche, an Gott zu glauben und diesen Glauben verteidige gegen meine  Zweifel. Sondern ich verstehe dies auch als einen Teil der Wirklichkeit, in der ich lebe. Was ich tue und wie ich mich entscheide, wie ich meinen Alltag und meine Zukunft plane, das hat auch immer etwas mit meiner Überzeugung, mit meinem Glauben zu tun. Der Glaube ist nicht eine Art Dekoration, die man sich an bestimmten Festtagen leisten kann, sondern er ist wie das Salz in der Suppe, ohne das die ganze Mahlzeit nicht gelungen wäre.
Dass sich Wirklichkeit und Glauben widersprechen, wird immer wieder behauptet. Etwa dann, wenn man sagt, die biblische Schöpfungsgeschichte mit den sieben Tagen könne keinesfalls mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen Darwins über die Entstehung der Arten zusammen gebracht  werden. Dabei kann ich gerade in den Erkenntnissen über die Geschichte der Erde und der Lebewesen zugleich an das dauernde schöpferische Handeln Gottes glauben. Wie Wirklichkeit und Glauben zusammengehören können, zeigt mir das  Lied von Matthias Claudius zum Erntedank. Dort wird beschrieben, wie die Arbeit der Bauern, Sonne, Tau und Regen die Saat zum Wachsen bringen bis hin zur Ernte, ja bis zu unserem täglichen Brot. Und dann heißt es: es geht durch unsere Hände ,kommt aber her von Gott.
Das ist für mich realistisch: alle unsere Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen, mit unserer Vernunft und unserem Wissen  zu planen und zu handeln und doch zu wissen, dass alle diese Gaben nicht aus mir selber kommen, sondern mir von meinem Schöpfer mitgegeben werden.
Deshalb ist es auch gar nicht weltfremd, sondern ganz realistisch, wenn es in dem lied von Matthias Claudius heißt: „ Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn. Drum dankt ihm, dankt, und hofft auf ihn."

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8540
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

„Ein fröhliches Herz fördert die Gesundheit, doch ein gedrücktes Gemüt zehrt den Körper aus." Der Satz steht in der Bibel. Er wird dem berühmten König Salomo zugeschrieben, er könnte heute auch im Wartezimmer einer Arztpraxis hängen. Denn jeder Arzt könnte heute seinen Patienten ein fröhliches Herz als Hilfe zur Gesundheit empfehlen und sie warnen vor einem gedrückten Gemüt, das sich auf alle Funktionen des Körpers niederschlägt. Anscheinend hat man schon vor zweieinhalbtausend Jahren in Israel gewusst: es gibt einen Zusammenhang zwischen den inneren Gefühlen, den Stimmungen und Empfindungen und der Gesundheit oder Krankheit des Körpers.
Ich stelle mir vor, wie auf einem Dorfplatz in Palästina zur Zeit des Königs Salomo einige Kinder verschiedenen Alters in einem Kreis um einen älteren Mann gesessen sind, der im Dorf ein besonderes Ansehen hatte. Er galt als erfahren und weise. Er hat den Kindern die alten Geschichten erzählt, von Abraham und Jakob und dem Auszug aus Ägypten. Und er hat den Kindern beigebracht, dass zu einem friedlichen und gelingenden Leben nicht nur Gebote und fromme Regeln gehören, sondern dass der Glaube an Gott alles einschließt: den Leib und die Glieder, die Gefühle und die Gedanken. Alle Kräfte von Leib und Seele sind von Gott gegeben und sollen darum auch gepflegt und vor Schaden bewahrt werden. Ja zu diesem Glauben gehörte auch die Überzeugung, dass Gesundheit und Krankheit nicht nur äußere Ursachen haben, sondern dass auch traurige Erfahrungen, Erlebnisse von Enttäuschung und Bedrückung, von Angst und Unrecht krank machen können. Ebenso wie ein fröhliches Herz oft wichtiger ist für die Kräfte des Körpers und für die Genesung aus einer Krankheit als viele Medizin. Die Kinder auf dem Dorfplatz in Palästina haben das sicher zunächst nur gehört, aber wirklich begriffen haben sie es erst im Lauf ihres weiteren Lebens.

Ein fröhliches Gemüt, die Erfahrung, dass mir etwas gelingt und ich aus einer großen Not befreit werde, die mich tagelang umtreibt und mit ihren Sorgen alles zudeckt, das wirkt sich aus in allen Bereichen  meines Lebens. Einfröhliches Herz fördert die Gesundheit. Dass ein fröhliches Herz etwas mit Gott zu tun hat, wird nicht ausdrücklich gesagt, aber so ist es. Gerade wenn uns ein gedrücktes Gemüt zu schaffen macht, können wir Gott um ein fröhliches Herz bitten. Denn auch dies gehört zu seinen guten Gaben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8539
weiterlesen...

SWR4 Abendgedanken BW

Das Christentum hat versagt. Das ist eine alte Behauptung. In vielen Abschnitten der Geschichte ist das auch wahr. Und wegen der Vorwürfe des Missbrauchs in den letzten Monaten hört man es wieder: Das Christentum hat versagt. Oder genauer: die Christen , wir Christen versagen immer wieder, wenn es etwa um die Aufforderung Jesu geht, sich mit anderen zu versöhnen, Vergebung statt Hass zu üben und einfach das zu tun, was er immer wieder gesagt hat: Folgt mir nach.
Der Engländer Gilbert K. Chesterton hat dieser Feststellung vor hundert Jahren aber einen anderen Satz entgegen gesetzt: Ich sage, dass das Christentum noch gar nicht versucht worden ist. Die Christen hätten also noch gar nicht ernst gemacht mit dem, was ihr Herr und Gründer ihnen mit seinem Testament hinterlassen hat. Darin hat Chesterton sicher recht: Wir sollten es immer wieder versuchen, das aufzunehmen, was er uns vorgelebt hat, dann würden wir glaubwürdiger. Wenn man wie der barmherzige Samariter dem hilft, der am Straßenrand liegen geblieben ist und Hilfe braucht, oder wenn ich mich mit Liebe und Hingabe mich einsetze für Benachteiligte und Fremde, so wie Jesus das getan hat, ja dann wird deutlich, was es mit dem christlichen Glauben auf sich hat.
„Sie sagen, dass das Christentum versagt hat, ich sage, dass es noch gar nicht versucht worden ist". Ich kann diesem Satz trotzdem nicht ohne Einschränkung zustimmen. Denn es ist ja doch immer wieder versucht worden, und auch heute versuchen immer wieder Menschen, ihren Glauben umzusetzen, und  dies geschieht nicht vergeblich. Immer wieder haben Menschen durch ihre christliche Überzeugung anderen Hilfe und Orientierung gegeben. Viele diakonische Einrichtungen in unserer Kirche sind Zeichen dafür, wie Christen versuchen, ihren christlichen Glauben aktiv umzusetzen. Darum kann ich auch nicht einfach sagen, das Christentum habe versagt. Viele Christen haben immer wieder versagt, aber viele haben auch immer wieder glaubhaft und wirksam ihren Glauben umgesetzt.
Das Christentum ist kein Parteiprogramm, das nun verwirklicht werden muss. Das Christentum - das sind Menschen mit ihren Schwächen, aber auch mit ihren Begabungen. Sie versuchen nicht nur, ihre Gaben umzusetzen in Einrichtungen für behinderte und pflegebedürftige Menschen. Sie sind auch bereit, in unserer Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und soziale Ungerechtigkeit zu verändern. Sie stehen offen und wahrhaftig ein für ihr Verhalten und geben so anderen ein  Beispiel dafür, wie man Vertrauen gewinnen kann. Jeder Versuch, seinen Glauben so umzusetzen, lohnt sich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=8538
weiterlesen...