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SWR2 Wort zum Tag

„Gleicher Lohn für alle!“ Diese Forderung wird in Deutschland schon seit Jahrzehnten erhoben. Auch heute, am traditionellen Tag der Arbeit, könnte sie wieder laut werden. Noch immer verdienen Frauen in vielen Bereichen für dieselbe Arbeit deutlich weniger als Männer. Wer sich über dieses geschlechtsspezifische Lohngefälle aufregt, hat noch nicht gehört, was für eine Aufregung das durchgezogene Prinzip „Gleicher Lohn für alle“ in einer biblischen Geschichte aus dem Neuen Testament verursacht.

Da erzählt Jesus einmal von einem Weinbergbesitzer, der in der Erntezeit Saisonarbeiter anheuert. Früh am Morgen nimmt er etliche unter Vertrag und sichert ihnen, sagen wir den derzeit gültigen Mindestlohn von 12,41 € in der Stunde zu. Im Tagesverlauf nimmt er noch mehrmals weitere Zeitarbeiter unter Vertrag, allerdings ohne mit ihnen eine Bezahlung zu vereinbaren. Sie sind wohl froh, dass sie überhaupt Aussicht auf ein paar Groschen haben. Am Abend zahlt der Weinbergbesitzer den Tageslohn bar aus. Jeder Arbeiter bekommt, und zwar unabhängig von der Zahl der Stunden, die er gearbeitet hat, exakt 124,10 €. Da kommt es zu lautstarken Protesten unter denen, die von morgens bis abends geschuftet haben. Sie fühlen sich betrogen, ungerecht behandelt. Der Arbeitgeber lässt sich aber nicht beirren und sagt ganz ruhig: Ihr habt bekommen, was vereinbart war. Warum seid ihr jetzt also unzufrieden?  Weil ich so gütig bin?

Bist du unzufrieden, wenn es gütig statt gerecht zugeht? Diese wunderbar entlarvende Frage aus dem Gleichnis möchte ich gerne mitnehmen in diesen neuen Monat und sie mir immer dann stellen, wenn der Neid an mir nagt, wenn mein Gerechtigkeitsempfinden verletzt wird, wenn ich bemerke, dass der Blick, mit dem ich am Morgen in die Welt blicke, scheel wird, missgünstig, empört. Ich nehme mir vor, den Silbergroschen, den ich in der Tasche habe, zu spüren wie einen Schatz, und mich nicht zu ärgern an den prall gefüllten Taschen der anderen.

In Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“ wünscht sich der Held, als er einen Wunsch frei hat, immer so viel Geld in der Tasche zu haben wie einer, den er schon immer um seinen Reichtum beneidet hat. Das geht auch eine ganze Zeit lang gut. Bis der Bewunderte schließlich beim Kartenspiel alles auf eine Karte setzt, verliert und den Helden mit seinem unbedachten Wunsch ins Elend reißt. Hätte er mal nicht so missgünstig dreingeschaut, nicht geschielt auf das vermeintliche Glück der anderen, sondern wäre er bei sich geblieben.

Bist du unzufrieden, wenn es gütig statt gerecht zugeht? Ich spinne die Frage weiter: Wie wäre es wohl, wenn keiner sich mehr aufregen würde, zu kurz gekommen zu sein. Wenn alle einfach zufrieden wären mit dem, was sie haben. Wenn Gnade vor Recht erginge und gar niemand was dran auszusetzen hätte. Wenn Neid und Missgunst kein Thema wären, weil die einen den andern das ihre von Herzen gönnen. Wenn die Letzten die Ersten wären. Wenn Hierarchien keine Rolle mehr spielten, weil alle im Kreis um einen großen Tisch sitzen und nicht mehr in einer langen Warteschlange vor dem Jobcenter anstehen? Wenn alle genug zum Leben hätten unabhängig davon, ob sie es verdient haben oder nicht. Wenn alle mitgenommen würden und keiner mehr auf der Strecke bliebe. Wenn alle beschäftigt wären. Wenn Gerechtigkeit und Güte keine Gegensätze mehr wären. Wenn niemand mehr auf Barmherzigkeit angewiesen wäre, weil sowieso alle auf Barmherzigkeit angewiesen sind und von derselben Güte desselben Gottes leben.

Dann, so erzählt es Jesus in diesem Gleichnis vom ungerechten, aber gütigen Weinbergbesitzer, dann wäre wohl das Himmelreich auf Erden angebrochen. So weit sind wir noch nicht an diesem 1. Mai 2024. Aber wir könnten ja mal anfangen. Vielleicht mit gleichem Lohn für Männer und für Frauen!

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SWR2 Wort zum Tag

30APR2024
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Auf dem Foto, das im April zum besten Pressefoto des Jahres gekürt worden ist, sind eine Frau und ein Mädchen zu sehen. Ihre Gesichter sind nicht zu erkennen. Denn die Frau hält den Kopf gesenkt, so dass man nur ihr sandfarbenes Kopftuch erkennen kann. Das Kind ist von Kopf bis Fuß in ein weißes Leinentuch gewickelt. Es ist tot. Umgekommen bei einem militärischen Angriff auf den Gaza-Streifen; eine israelische Rakete hat das Haus ihrer Familie getroffen. Die Identität der beiden ist bekannt: Es ist die Palästinenserin Ina Abu Mamaar, die ihre fünfjährige Nichte Saly im Arm hält. Durch die Namen ist das Bild einer konkreten Kriegssituation zugeordnet und zeigt exemplarisch das Leid der palästinensischen Bevölkerung. Zugleich weist es aber weit über alle geographischen und nationalen Konflikte hinaus. 

Denn die Haltung von Frau und Kind auf diesem Bild erinnert mich an eine Pietà. An die bildliche Darstellung von Maria als Schmerzensmutter mit dem Leichnam ihres toten, gerade vom Kreuz abgenommenen Kindes Jesus auf dem Schoß. Selbst die leuchtende Farbe von Inas Jeanskleid erinnert an den himmelblauen Mantel der Madonna. Andere Menschen fehlen im Bild, obwohl es in beiden Fällen viel mehr gewesen sein müssen, die um den toten Jesus, um die tote Saly geweint haben. Aber der Fotograf Mohammed Salem hat einen ganz intimen Moment eingefangen. Und gibt mit seinem Foto einen ergreifenden Einblick in unermessliches Leid. Es zeigt einen Schmerz. Den tiefen Schmerz aller Mütter, deren Kinder vor der Zeit gestorben sind. Denen auf gewaltsame, unmenschliche Art und Weise die Zukunft genommen wurde. Mit ihren verhüllten Gesichtern und ihre ausdrucksstarke Körperhaltung werden die Frau und das Mädchen für mich zur Ikone: Da könnte auch eine jüdische Mutter sitzen. Maria mit Jesus. Oder eine ihrer Nachfahrinnen. Eine jemenitische, eine sudanesische Frau.

Pietà heißt Mitleid. Und Mitleid kann der erste Schritt sein, um Leid erträglicher zu machen.  Überall dort, wo wir uns an die Seite derjenigen stellen, die Leid zu tragen haben, geschieht so ein Anfang.  

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SWR2 Wort zum Tag

29APR2024
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Berlin im Jahr 2049. In dieser gar nicht mehr so fernen Zukunft spielt die neue Staffel der Fernsehserie rund um das renommierte Krankenhaus der Berliner Charité. Das Leben in der Bundeshauptstadt hat sich verändert. Eine unbarmherzige Sonne knallt tagsüber vom Himmel. Temperaturen um die vierzig Grad. Die Folgen des Klimawandels sind drastisch. Und ein großes Problem.

Es ist aber nicht alles nur schlechter geworden in dieser nahen Zukunft: So hat zum Beispiel eine umfassende Reform endlich für Gerechtigkeit im Gesundheitswesen gesorgt: Wer Vorsorge ernst nimmt und regelmäßig entsprechende Untersuchungen absolviert, hat Anspruch auf medizinische High-Tech-Versorgung. Unglaublich, wozu solche operierenden Roboterarme alles in der Lage sind! Science fiction, die vielleicht bald schon Realität sein könnte. Aber die lichte maschinenglänzende Welt hat auch ihre Schattenseiten: In einem still gelegten Trakt des Krankenhauses werden heimlich Menschen operiert, für die Gerechtigkeit allein nicht ausreicht, um zu überleben. Der Mann mit der vom Alkohol zerfressenen Leber. Die unbekümmerte junge Frau, die nie Schmerzen, aber plötzlich Krebs im Endstadium hat. Der Motorradfahrer, den seine überhöhte Geschwindigkeit aus der Kurve geschleudert hat und der nun mit komplizierten Knochenbrüchen daliegt. Gerecht ist das nicht, dass Menschen, die sich nicht um eine gesunde Lebensweise bemüht und freiwillig erhöhten Risiken ausgesetzt haben, die Solidarität all der Vorsichtigen und Vorsorgenden in Anspruch nehmen. Aber es ist menschlich.

Der barmherzige Samariter, der in Jesu Gleichnis der erste und einzige ist, der einem Überfallenen Erste Hilfe leistet, fragt nicht nach dessen Krankenversicherung. Er füllt auch nicht erst einen Fragebogen zu den Umständen des Überfalls aus, um sicherzustellen, dass der am Boden Liegende für seinen Weg auch ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Er hilft, ohne zu fragen. Weil da ein Mensch in Not geraten ist und weil ihn das anrührt. Gerechtigkeit allein ist nicht genug. Sie braucht ihre große Schwester an der Seite, die Barmherzigkeit. Charité heißt Barmherzigkeit. Mit diesem Satz endet dann auch die vierte Staffel der Krankenhausserie. Und erinnert uns daran, was uns zu Menschen macht: Eigenverantwortlichkeit und Solidarität. Der Einsatz für gerechte Verhältnisse. Und allen voran die Fähigkeit, sich von der Not anderer bewegen zu lassen.

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SWR1 Begegnungen

28APR2024
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Andrea Müller Foto: Hansjörg Fuchs

Martina Steinbrecher trifft Pfarrerin Andrea Müller bei der Evangelischen Landeskirche in Baden zuständig für den Bereich Mitgliederorientierung.

Andrea Müller hat ihren Job als Pfarrerin in einer pfälzischen Gemeinde an den Nagel gehängt, um sich verstärkt den vielen Kirchenmitgliedern zu widmen, die vor Ort nicht erreicht werden. Beim Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe entwickelt sie nun Ideen und Projekte für eine gezielte Mitgliederorientierung.

Es ist ja so, dass viele Menschen kommen. Aber die, die kommen, sind ja nicht die hundert Prozent unserer Kirchenmitglieder, sondern das sind oft zehn, zwanzig Prozent, die wir im Blick haben und für die wir auch Angebote machen, die die dann auch gerne beanspruchen. Aber zu den 80% haben wir ganz wenig Kontakt und dadurch haben wir die auch wenig im Blick und können sie auch nicht so gut fragen, was wollt ihr eigentlich?

Für die Kirche und ihre Amtsträger geht es dabei ans Eingemachte, nämlich um einen echten Perspektivwechsel: Die gelernte Sesshaftigkeit und Selbstverständlichkeit aufgeben. Hinaus auf den Markt der Möglichkeiten und hinein in den Wettbewerb um das, was Menschen Halt und Sinn geben kann. 

Ich glaube, der Punkt ist vielleicht, dass wir Amtskirche waren, eine Institution, wo die Menschen hingegangen sind. Und heute hat sich die Gesellschaft so geändert, dass man auch super ohne Kirche leben kann. Und man kann woanders auch Gemeinschaft finden und auch spirituelle Erfahrungen anderswo machen. Und da ist es jetzt unsere Aufgabe geworden, auch zu werben, auf die Leute zuzugehen und zu sagen, wir haben immer noch eine gute Botschaft. Aber wir müssen eben eine Sprache finden und Formen finden, wo wir wirklich einladend sind.  

Stichwort Einladung: Das erste Projekt, das Andrea Müller entwickelt hat, setzt genau hier an: Jemand ist umgezogen, muss sich neu orientieren. Wo gibt es den Bäcker mit den leckersten Brötchen? Wie finde ich eine neue Zahnärztin? Und obwohl die Kirche nach wie vor oft unübersehbar in der Ortsmitte steht, ist noch lange nicht gesagt, dass das neu zugezogene Gemeindeglied auch den Weg in den Gottesdienst findet … 

Das Projekt, das heißt Brot und Salz. Dazu haben wir einen Brotbeutel entwickelt. Da kann man dann hinterher auch sein Brot gut verstauen. Es ist ein schöner Baumwollsack. Eine Karte dazu, da ist auch ein kleines Salztütchen aufgeklebt. Und auf dieser Karte sind eben die Kontaktadressen der Kirchengemeinden.

Die Brot-und-Salz-Aktion kommt gut an. Bei den Gemeinden vor Ort, die die ansprechend gestalteten Materialien bei Andrea Müller einfach bestellen können. Bei den Ehrenamtlichen, denen es Spaß macht, den schönen Willkommensgruß unter die Leute zu bringen. Und sie kommt an bei den Zugezogenen, die von dieser Form der Willkommenskultur oft freudig überrascht werden. Schließlich bietet die Aktion auch noch Anknüpfungspunkte für Quartiersarbeit. Denn neben Brotbeutel und Salz enthält das Päckchen auch noch einen Gutschein:

Ein Gutschein für ein Brot beim Bäcker vor Ort. Da suchen die Gemeinden Kooperationspartner, wo das Brot abgeholt werden kann. Und der Bäcker stellt es dann entweder der Kirchengemeinde in Rechnung, oder viele sagen auch: Das ist für uns eine absolute Win-win-Situation: Sie machen Werbung für uns, und wir geben gerne das Brot.

Brot und Salz als Willkommensgruß. Und wer mag, nimmt die Einladung an, mit der Gemeinde vor Ort zu entdecken, dass der Mensch eben nicht vom Brot allein lebt.

Pfarrerin Andrea Müller ist zuständig für die Mitgliederorientierung der Badischen Landeskirche. In ihrer Arbeitsstelle in Karlsruhe entwickelt sie Ideen und Materialien, um vor allem mit den passiven Kirchenmitgliedern in Kontakt zu kommen. Zum Beispiel die Kirchenpost.

Die Kirchenpost, das sind bunte selfmailer, also bunte Briefe, mit denen wir Jugendliche und junge Erwachsene einmal im Jahr kontaktieren wollen. Die sind zwischen zwölf und 30 Jahre alt. Diese Altersgruppe, die ist für uns als Kirche natürlich ganz wichtig. Das ist unser Nachwuchs.

Im Austausch mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat Andrea Müller versucht herauszufinden, welche Themen in welchem Alter interessant sein könnten:

Zum Beispiel mit 19 ist ja so die Frage, wie treffe ich eigentlich Entscheidungen? Was will ich nach der Schule machen? Oder fühle ich mich wohl in meiner Ausbildung und plane vielleicht was ganz anderes. Und wo haben wir als Kirche Ansprechpartner, wo man sich auch hinwenden kann? Oder wo gibt es Informationen, die hilfreich sein könnten in so einer Frage.

Aber nicht nur in inhaltlichen Fragen wirken die Vertreter der angepeilten Zielgruppen mit. Auch was das Layout für die geplante Kirchenpost anbelangt, hat ihr Urteil Gewicht: 

Und die sagen dann, ob ihnen erst mal das Design gefällt und die Ästhetik, ob sie es überhaupt öffnen würden, wenn da plötzlich so ein Brief vor ihnen liegt oder ob die sagen: Ne, das geht direkt in den Papierkorb. Und dann ist da die Frage, lest ihr das oder ist es zu viel Text? Und das ist wirklich überraschend, wie wenig Text oft schon zu viel ist.

Weniger textlastig, mehr mitgliederorientiert möchte die Kirche in Zukunft werden. Und das große Potenzial ihrer passiven Mitglieder heben.

Wenn wir uns trauen, unsere Formen zu öffnen, aus den Kirchen rauszugehen und mit den Menschen Kirche zu gestalten, dann kommt da was ins Fließen und Ins Sich-Entwickeln. Und dann kann Neues entstehen.

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SWR1 3vor8

21APR2024
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„Wir werden nicht müde“, schreibt der Apostel Paulus im Predigttext für den heutigen Sonntag. „Auch wenn unsere äußeren Kräfte aufgezehrt werden, bekommen wir innerlich Tag für Tag neue Kraft.“ Das finde ich eine wunderbare Vorstellung.

Dabei kenne ich viele Arten von Müdigkeit. Die Müdigkeit nach einer durchgemachten Nacht, wenn hinter dem Gähnen noch das Adrenalin in den Adern hämmert. Die Müdigkeit in den Knochen nach so vielen schlaflosen Nächten, in denen Kinder gestillt, getröstet, in den Schlaf gewiegt werden wollten. Und jeden Morgen trotzdem raus und arbeiten gehen. Die Müdigkeit der Alltagsroutine, die mich oft beim Ausräumen der Spülmaschine befällt. Als ob das Leben nur aus den immer gleichen Handgriffen bestünde. Ich kenne aber auch die schwere Lebensmüdigkeit einer Depression, die mich niedergestreckt hat, als ich beruflich noch einmal voll durchstarten wollte. Viel zu müde habe ich mich da gefühlt für die simpelsten Sachen, mich tief in mir verkrochen. Und als ich meine eigene Depression endlich überwunden hatte, war da um mich auf einmal die Müdigkeit einer ganzen Welt, die sich mit zu vielen Krisen auf einmal heillos überfordert sieht.   

„Wir werden nicht müde“, schreibt Paulus all dem zum Trotz. „Auch wenn unsere äußeren Kräfte aufgezehrt werden, bekommen wir innerlich Tag für Tag neue Kraft.“ Woher nimmt er bloß diese Zuversicht? Nun, Paulus zieht sie aus der Kraft der Auferstehung. Drei Wochen ist es erst her, dass wir an Ostern diese Kraft gefeiert haben, die Christus von den Toten auferweckt hat. Und sollte diese Kraft, die sogar den allertiefsten Todesschlaf bezwungen hat, es nicht erst recht mit allen Lebens-Müdigkeiten erst recht aufnehmen können? Gott, davon ist Paulus zutiefst überzeugt, ist eine unerschöpfliche Kraftquelle.

„Nicht müde werden“, schreibt die Dichterin Hilde Domin etwas vorsichtiger als Paulus, aber mit derselben Zielrichtung: „Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten.“

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

30MRZ2024
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Ein paar Frauen auf dem Weg zum Friedhof. So beginnt die Geschichte von Ostern. Vielleicht fällt mir deshalb heute die Stimme meiner Mutter ein, wie sie abends ruft: „Ich geh noch auf den Friedhof!“ An unendlich vielen Abenden hat sie einen Spaziergang zum Friedhof gemacht. Es sei denn, meine Tante von nebenan hat gesagt: „Ich gieß die Oma heute mit“. Jahrzehntelang haben meine Eltern die großen Familiengräber ihrer Eltern gepflegt. Und die Gräber von kinderlos verstorbenen Onkeln und Tanten gleich mit. Mehrmals im Jahr frisch bepflanzt, geharkt und gegossen.

Weder mein Bruder noch ich wohnen noch im Dorf unserer Kindheit. Auch meine Cousinen und Cousins sind in alle Welt verstreut. Keine von uns wird an heißen Sommerabenden Gräber gießen gehen. Deshalb haben meine Eltern beschlossen, dass sie einmal in einem Urnengrab beigesetzt werden möchten. Auf einem frisch angelegten Gräberfeld, das aussieht wie ein kleiner Park. Möglichkeiten zur individuellen Grabgestaltung gibt es dort kaum. Aber es ist schön da. Ich bin froh, dass meine Eltern sich darüber Gedanken gemacht haben, wie sie einmal bestattet werden möchten. Und dass sie mit uns Kindern darüber gesprochen haben. Auch ich selbst denke immer mal darüber nach, wie ich mir das einmal vorstelle. Ich möchte zum Beispiel auf keinen Fall, dass mein Leichnam einmal verbrannt wird. Feuer war auch zu Lebzeiten nicht mein Element. Und gerade habe ich von einer ganz neuen Möglichkeit gehört, die nennt sich „Reerdigung“. Da wird der tote Körper in einem eigens dafür ausgestatteten Behältnis auf Heu und Stroh gebettet, so wie das Jesuskind in seiner Krippe. Durch die Zugabe bestimmter Mikroorganismen dauert es nur 40 Tage und Nächte, bis der Körper auf natürliche Weise wieder zu Erde geworden ist. Und in dieser ganzen Zeit wird er sanft hin- und hergeschaukelt. Wie in einer Wiege. Wie in dem Lied “Swing low, sweet chariot, coming for to carry me home:” Fahr vorsichtig, schaukle mich sacht, du lieber Himmelswagen, der mich nach Hause bringen wird. Eine schöne Vorstellung für mich. Nach 40 Tagen kann die Erde dann in einem Grab beigesetzt werden. Wo das einmal sein wird, weiß ich noch nicht. Aber ich hoffe, es ist dann jemand in der Nähe, der es gießt.    

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SWR2 Zum Feiertag

29MRZ2024
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Jan-Heiner Tück Copyright by Joseph Krpelan.

Der Karfreitag erinnert an das grausame Ende des Jesus von Nazareth. Die biblischen Evangelien berichten ausführlich darüber, wie er zum Tod verurteilt und gekreuzigt worden ist. Was wie das tragische Scheitern eines charismatischen Menschen aussieht, wird in der Auseinandersetzung zur Keimzelle eines neuen Denkens über Gott. Der Apostel Paulus entdeckt im Kreuzgeschehen sogar den Ursprung tragfähiger Gottesbeziehungen. Von einem Folterinstrument des Römischen Reiches wird das Kreuz zum zentralen Heils- und Lebenszeichen des Christentums.

Mit Jan-Heiner Tück habe ich Ende der 1980-Jahre in Tübingen Griechisch gelernt, um die Texte des Neuen Testaments im Original lesen und verstehen zu können. Heute ist er Professor für Dogmatik an der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Und er hat ein Buch geschrieben mit dem schlichten Titel „Crux“. Darin geht es um das Kreuz. Das Kreuz in seiner Vielfalt als religiöses Heils- und Lebenszeichen. Und es geht um die Crux, um die Schwierigkeiten, die Christen und andere Zeitgenossen mit diesem Symbol heute haben.   

Wir stehen in einem Übergang von christlich homogenen Gesellschaften zu religiös pluralen Gesellschaften. Und auch der Anteil, derer, die bekennend bekenntnislos sind, steigt deutlich an. Das heißt, wir können nicht mehr selbstverständlich voraussetzen, dass alle die Symbolik des Kreuzes anerkennen. Der zweite Punkt ist jetzt die religiöse Sensibilität, die wir im Dialog mit anderen Religionen auch an den Tag legen müssen. Wir haben gelernt, uns mit den Augen der anderen zu sehen. Für Juden ist das Kreuz ein belastetes Symbol. Auch bei Muslimen setzt das Kreuz quasi die Erinnerung an die Kreuzzüge frei. 

Dass das Rektorat seiner eigenen Wiener Universität vor ein paar Jahren allerdings verfügt hat, alle noch vorhandenen Kreuze dort von den Wänden abzuhängen und selbst aus den Hörsälen der Theologischen Fakultät entfernen zu lassen, hat Jan-Heiner Tück dann aber doch schockiert:    

Das Rektorat ist quasi die Spitze einer weltanschaulich neutralen, also staatlichen Einrichtung. Aber solange die Universität sich im Fächerkanon bekennende Theologien leistet -und ich darf daran erinnern, dass die Universitäten in Europa überhaupt erst durch die Gründungsfakultäten der Theologie entstanden sind - hat es doch guten Sinn, dass diese bekenntnisgebundenen Theologien ihrerseits die Räumlichkeiten, in denen sie aktiv sind, auch markieren. Also kurz: Im Rektoratserlass liegt eine Drift hin zur Stärkung der negativen Religionsfreiheit zulasten der positiven Religionsfreiheit, und sie läuft letztlich auf eine Privilegierung der Religionslosen hinaus.

Der Vorstoß des Rektorats hat schließlich den äußeren Anstoß zur Veröffentlichung seines Buches und zu einer neuen kritischen Auseinandersetzung mit dem Kreuz und seiner Wirkungsgeschichte gegeben. „Gegen die weiße Wand“ nennt Jan-Heiner Tück seinen Versuch, die Sichtbarkeit gelebter Religion im öffentlichen Raum zu stärken, ohne die gebotene Sensibilität für Anders- und Nichtgläubige dabei außer Acht zu lassen. Ausgerechnet ein agnostischer Philosoph ist ihm dabei überraschend zu Hilfe gekommen:

Es gab in Lateinamerika um die Jahrhundertwende einen Vorstoß einer liberalen Regierung, aus den Spitälern die Kreuze zu entfernen, weil das nicht mehr zeitgemäß sei. Und damals hat sich ein agnostischer Philosoph, der sich selbst nicht als bekennend christlich verstanden hat, zu Wort gemeldet und gesagt: Liebe Leute, was macht ihr da? Das Kreuz ist doch immerhin das Symbol der Caritas, der Compassio, also des Mitleidens, des Dienstes für die Kranken, für die Notleidenden. Das wollt ihr abhängen? Seid ihr verrückt? Und ich denke, das könnten wir auch werbend in einer zunehmend säkularen Gesellschaft sagen, die ja doch für die sozialen Dienste, die die Kirchen in der Gesellschaft leisten, meistens sich doch auch Anerkennung bewahrt haben.

Kritik am Kreuz kommt aber nicht nur von Seiten einer säkularen und multireligiösen Gesellschaft, sondern auch aus den eigenen Reihen. Denn auch viele Christinnen und Christen haben ihre liebe Not mit diesem Zeichen. Das Kreuz provoziert. Es zeigt einen unschuldig Leidenden. Es zeigt einen Gefolterten. Es zeigt einen Sterbenden, der nach Gott schreit und zwingt zur Auseinandersetzung mit Themen, die schwer erträglich sind. Was bedeutet das Kreuz dem Christenmenschen Jan-Heiner Tück?  

Das Kreuz ist für mich Ausdruck der bis ans Äußerste gehenden Form der Liebe Gottes zu uns. Seine Bereitschaft, an die Seite der Opfer von Unrecht und Gewalt zu treten und hier seine Solidarität zu bekunden und zugleich ein Zeichen, das die Bereitschaft Gottes anzeigt, den schuldig Gewordenen bis in die Dunkelheit der Selbstzentrierung nachzugehen, um ihn dort rettend noch zu erreichen.

Im Kreuz stellt Gott sich also solidarisch und mitleidend auf die Seite der Opfer von Gewalt. Gleichzeitig signalisiert es Gottes Bereitschaft, noch die schlimmsten Verbrecher zu begnadigen. Wenn ich das höre, fallen mir die Debatten um sexualisierte Gewalt in den Kirchen ein. Ich denke an die vielen Betroffenen, die endlich zu Wort kommen und auch gehört werden. Und ich frage mich: Kann das gut gehen? In diesem Zusammenhang einen Gott zu bezeugen, der für Täter und für Betroffene gleichermaßen einsteht?    

Wenn man jetzt auf zerrüttete Täter-Opfer-Konstellation schaut, dann bietet das Kreuz natürlich nicht einfach simple Lösungen an. Aber es zeigt doch im Sinne der Einladung Wege aus ausweglosen Situationen an. Insofern einerseits die Entwürdigten hier eine Würdigung finden und sie nicht quasi in der Rivalität um Anerkennung erst darum kämpfen müssen, gewürdigt zu werden. Und auf der anderen Seite werden die Täter nicht fixiert auf die Untaten, die sie begangen haben, sondern die Person des Täters ist mehr als die Summe ihrer Untaten. Das heißt nicht, dass man jetzt quasi den Opfern aufdiktieren wollte: Bitte verzeiht doch euren Peinigern und Übeltätern und seht in ihnen mehr als das, was sie verbrochen haben, aber vielleicht doch den Horizont offen zu halten, dass es da eine Möglichkeit geben könnte, dass das Unmögliche doch Wirklichkeit wird, dass nämlich auch den monströsesten Tätern irgendwann im Lichte des Geistes Jesu Christi begegnet werden kann.

Der Apostel Paulus hat das Kreuz einmal als einen Skandal bezeichnet. Und das wird es wohl auch weiterhin bleiben: Das Symbol einer unmöglichen Möglichkeit, die Unvorstellbares zu denken, zu glauben wagt: Versöhnung. Heilung. Das ist anstößig. Es könnte aber auch, so Jan-Heiner Tück, ein positiver Anstoß sein.

Es gibt die Marginalisierten, es gibt die Verwundeten, die Ausgestoßenen, die unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit sind. Das ist ein erster Anstoß. Ein zweiter ist: das Kreuz ist ein Spiegel unserer Verfehlungen, unserer Schuld, die wir auch gerne verdrängen. Wir sind Meister, Meisterin in der Kunst, es nicht gewesen zu sein, die immer darauf hinausläuft, es andere gewesen sein zu lassen. Und das dritte ist, denke ich: das Kreuz ruft auf zu einer Kultur der Vergebung, den anderen nicht zu fixieren auf die Fehler, die er begangen hat, sondern ihm neue Spielräume zu eröffnen; über die Verfehlungen, die er begangen hat, hinauszugehen und sich als ein anderer zu erweisen. Und viertens ist das Kreuz natürlich das Symbol der Erlösung, der Rettung mit einem österlichen Fluchtpunkt: der Gekreuzigte lebt! Das feiern wir an Ostern. Es gibt eine Perspektive über Welt und Geschichte hinaus, nämlich die Perspektive der rettenden Verwandlung und Vollendung.

Das Buch „Crux“ von Jan-Heiner Tück ist im Herder-Verlag erschienen und zur Lektüre empfohlen von Martina Steinbrecher aus Karlsruhe von der evangelischen Kirche.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

29MRZ2024
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Jedes Jahr in der Passionszeit suche ich mir ein Bild von einem Kreuz oder einen Gegenstand in Form eines Kreuzes. Der begleitet mich dann durch die Tage bis zum Karfreitag und soll mir helfen, diesen Tag zu begreifen, im wahrsten Sinne des Wortes. Am Karfreitag ist Jesus am Kreuz gestorben. Und was das mit Gott zu tun hat und mit meinem Glauben macht, das muss ich mir immer wieder neu erschließen. Denn es ist schwer.

Diesmal habe ich mein Kreuz in einem Ölgemälde entdeckt, das mich beschäftigt. Gemalt vor ungefähr 200 Jahren, der Künstler ist nicht bekannt, die Darstellung des Gekreuzigten sieht aus wie viele andere. Das Besondere an diesem Bild ist, dass es beschädigt ist. Es hat Löcher und Einstiche von einer Messerattacke. Jemand hat versucht, das Bild mit Gewalt zu zerstören. Ganz mit Absicht ist es danach nicht restauriert worden. Es soll genau so aussehen. Und davon erzählen, was sich im Oktober 1938 ereignet hat: In einer Zeit, in der Adolf Hitler sich als „Führer des Deutschen Volkes“ hat feiern lassen. Da hat der Wiener Kardinal Theodor Innitzer eine Predigt im Stephansdom mit den Worten beendet: „Wir wollen uns zu Christus bekennen, unserem Führer!“ Was sich wie ein ganz normales christliches Bekenntnis anhört, hat 1938 eine unmissverständliche Botschaft: Und die heißt: Wir Christen erkennen den nicht an, der sich hier seit neuestem Führer nennt. Wir haben einen anderen Herrn. Der Einspruch eines Christen gegen den Führerkult der Nationalsozialisten kommt an. Die Botschaft zwischen den Zeilen wird verstanden und sie macht Mut. Tausende junge Leute skandieren sie nach der Messe auf dem Platz vor der Kirche. Aber die Reaktion lässt auch nicht lange auf sich warten: Tags drauf stürmt eine aufgeheizte Truppe von SA-Leuten und Hitlerjugend das erzbischöfliche Palais und wütet wild. Dabei kommt auch das Ölgemälde zu Schaden. Der gekreuzigte Christus ist eine Gefahr. Dieser Ohnmächtige hat anscheinend so viel Macht, dass man ihn noch einmal zerstören muss. Das Bild und seine Geschichte berühren mich. Die Kraft, die von dieser gequälten Gestalt am Kreuz ausgeht: Gott auf der Seite derer, die Gewalt erleiden. Gott in der Hölle der Gottlosigkeit. Trotz aller menschlichen Versuche nicht totzukriegen. 

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

28MRZ2024
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Unsere Füße sind das Körperteil, das am weitesten von unserem Kopf entfernt ist. Ob wir sie deshalb oft so sträflich vernachlässigen? Das meint jedenfalls die Berliner Schriftstellerin Katja Oskamp. Notgedrungen hat sie eine Zeitlang als Fußpflegerin gearbeitet und darüber ein wunderbares Buch geschrieben. Darin behauptet sie: „Ob Polier vom Bau oder Ganzkörpertätowierter, ob Schwangere oder Greisin, ob geistiger Tiefflieger oder Akademiker – wirklich jeder entschuldigt sich, wenn er im Fußpflegeraum zum ersten Mal Schuhe und Socken abstreift, für seine Füße. Es spielt überhaupt keine Rolle, in welchem Zustand sie sind. Die Sache ist neu und ungewohnt, die Begegnung ein bisschen zu intim, Peinlichkeit entsteht.“ Ist die aber erst einmal überwunden und abgebaut, dann entwickeln sich im Fußpflegeraum beim Berühren, Pflegen und Massieren von Füßen ganz wunderbare Gespräche und Geschichten.

Auch Jesus hat die Scheu seiner Jünger erst überwinden müssen, als er nach einem gemeinsamen Essen plötzlich aufgestanden ist, sich eine Schürze umgebunden und angekündigt hat, dass er ihnen nun die Füße waschen wird. So erzählt es der Schriftsteller Johannes in seinem Evangelium. Die Angesprochenen zieren sich, die Sache ist neu und ungewohnt, die Begegnung ein bisschen zu intim, Peinlichkeit entsteht. Eine demütige Geste von Jesus und eine Wohltat für seine Anhänger. Denn wer sich erst einmal drauf einlassen kann, die Füße gepflegt zu bekommen, kann erleben, wie angenehm diese Berührungen sind. Wie sie den ganzen Körper beleben, bis in die Haarspitzen hinein. Nach diesem ersten Mal hat Jesus seine Jünger sogar dazu aufgefordert, es immer wieder zu tun: sich gegenseitig die Füße zu waschen.

Leider hat sich so eine Fußwaschung als gängiges Ritual in der Glaubenspraxis der Christen nicht durchgesetzt. Eigentlich schade, denn ich glaube, dass für beide Seiten wirklich Potenzial in dieser Erfahrung steckt. Was würden wir wohl gewinnen, wenn wir uns darauf einließen?  

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

27MRZ2024
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Vor kurzem habe ich einebeeindruckende Persönlichkeit kennengelernt: den ehemaligen Landesrabbiner Joel Berger. Die Stimme von Joel Berger kennen Sie wahrscheinlich auch. Seit über 50 Jahren spricht er im Radio über seinen jüdischen Glauben. Und wer seine Beiträge noch einmal in Ruhe nachlesen möchte, der findet sie im Internet auf unserer Homepage www.kirche-im-swr.de. Das ist ein Stück unkomplizierter religionsübergreifender Zusammenarbeit. Denn Joel Berger meint: „Wir gottesgläubigen Menschen werden in Zukunft noch mehr zusammenhalten müssen.“ Weil die Gesellschaft immer säkularer wird. Aber auch, weil seit dem Terroranschlag der Hamas auf israelische Bürgerinnen und Bürger antisemitische Übergriffe massiv zugenommen haben. Auch bei uns in Deutschland. Deshalb möchte ich heute an Sätze von Martin Niemöller erinnern. Der evangelische Pfarrer hat in den 1920er und 30er Jahren zunächst mit vielen Ansichten der Nationalsozialisten sympathisiert und rechtsradikale politische Bewegungen unterstützt. Aber nachdem Adolf Hitler 1933 an die Macht gekommen war, hat er die Einmischung Hitlers in die evangelische Kirche offen kritisiert. Von 1937 bis 1945 saß er deshalb im Gefängnis und im Konzentrationslager. Seine Mahnung ist deutlich:

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.

Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

Lassen wir es nicht wieder so weit kommen!

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