SWR4 Abendgedanken BW

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Wenn sie rechtzeitig ankommen wollen beim Kind in der Krippe, dann müssten sie jetzt schon einige Zeit unterwegs gewesen sein, die Heiligen Drei Könige.

Sind sie eigentlich gemeinsam aufgebrochen oder zunächst jeder für sich? Erstaunlich, wie wenig ich bisher darüber nachgedacht habe. Und wie wenig die Geschichten darüber erzählen.

Aber vor einigen Tagen habe ich ein Büchlein aus dem 14. Jahrhundert gefunden. Darin erzählt der Mönch Johannes von Hildesheim auch vom Beginn ihrer Reise.
Er erzählt, dass es im Orient einen hohen Berg gab, auf dem die Wächter Tag und Nacht Ausschau hielten, ob sich Feinde näherten. Das änderte sich, als die Verheißung der Propheten bekannt wurde: Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Königszepter aufkommen aus Israel.

Jetzt wurden die Wächter angewiesen, nicht mehr nach Feinden auszuschauen, sondern nach diesem Stern.
Als nun der Stern erschien, so erzählt der Mönch Johannes, rüsteten sich die drei Könige zur Reise. Jeder in seinem Reich. Mit großem Gefolge und vielen Kostbarkeiten. Aber sie wussten nicht voneinander, und sie kannten sich nicht.

Jeder von ihnen wurde von dem Stern geführt. Er wanderte mit ihnen, wenn sie ritten, er stand still, wenn sie Rast machten. So zog jeder seinen Weg über Flüsse und Berge, durch Wüsten und schreckliche Sümpfe - doch die schwierigen Wege wurden ihnen leicht und eben.
Schließlich näherten sie sich bis auf zwei Meilen der Stadt Jerusalem. Da bedeckte plötzlich dichter Nebel und Finsternis das ganze Land. Und sie verloren den Stern und den Weg. Erst als der Nebel sich lichtete, konnten sie weiterziehen, und an einer Wegkreuzung kamen sie zusammen.

Zuerst fingen die Diener an, miteinander zu reden, woher sie kämen und wohin sie wollten. Die Verwunderung über das gemeinsame Ziel war groß, und die Freude teilte sich den Königen mit.
Sie machten sich miteinander bekannt, und obwohl sie in verschiedenen Sprachen redeten, verstanden sie sich. Sie umarmten sich und waren froh, aus gleicher Ursache hierher gekommen zu sein. Und keiner wollte die anderen überlisten und vor ihnen am Ziel sein.

So hat Johannes von Hildesheim es sich ausgedacht. Gerade die Sache mit dem Nebel gefällt mir.
Ich verstehe das so: der plötzliche Nebel, die Unklarheit, war hilfreich, vielleicht sogar nötig, damit sich die Könige als Suchende erkannten und zu erkennen gaben. Und so und mit Hilfe der Diener entdeckten sie ihre Gemeinsamkeiten. Und so kamen sie rechtzeitig an ihr Ziel.

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